Bei der Gründungsversammlung des neuen Verbands überbrachten Bundesrat Maurer und Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, ihre Grussbotschaften. Was bedeutete das für Sie?

Jürg Gutzwiller: Das hat der Gründungsversammlung ein besonderes Gewicht verliehen. Ein grosser Erfolg für mich war insbesondere auch, dass sich 58 Banken und damit fast alle Regionalbanken entschlossen haben, im neuen Verband mitzumachen und dass alle Gründungsmitglieder anwesend waren.

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Thomas Jordan hat aber auch Bezug auf die Immobilien- und Regionalbankenkrise in den 90er-Jahren genommen und vor der Wiederholung der Ereignisse gewarnt.

Der SNB-Präsident hat natürlich auch immer die Systemstabilität des Finanzplatzes im Auge, das gehört zu seinem Job. Da hat das eine oder andere mahnende Wort durchaus auch Platz an einer solchen Versammlung.

 

Warum braucht der Finanzplatz Schweiz einen Verband für die Regionalbanken?

Erstens ist es wichtig, dass die Regionalbanken geschlossen ihre Interessen auf dem Finanzplatz wahrnehmen und dass sie aktiv Einfluss nehmen, damit die regulatorischen Rahmenbedingungen angemessen ausgestaltet werden. Zweitens macht eine Plattform Sinn, wo sich die Regionalbanken, die doch eine sehr homogene Gruppe mit gleichen Themen und Interessen sind, untereinander austauschen und ihre Sorgen und Überlegungen teilen können.

 

Haben die Regionalbanken ihre Interessen in der Politik bisher gar nicht vertreten?

Es gab Aktivitäten zur Interessenwahrung, aber eben nur von Teilgruppierungen. Jetzt haben wir natürlich eine ganz andere Hausmacht. Der neue Verband umfasst nahezu alle Regionalbanken und somit mehr als jede vierte Bank in der Schweiz.

 

Seit 2012 gibt es die Koordination Inlandbanken, die KIB, bei der die Regionalbanken auch dabei sind. Wird sich da etwas ändern?

In der Tat waren wir bisher über die Entris-Gruppe und über die Esprit-Gruppe schon stark in die KIB involviert. Die Zusammenarbeit mit den Inlandbanken, die wir natürlich auch weiterhin pflegen werden, ist sehr wertvoll. Unsere Anliegen sind in der KIB homogener vertreten als in der Bankiervereinigung. Und als Verband haben wir nun noch mehr Gewicht.

 

Dann geht es vor allem um eine starke Stimme in der Bankiervereinigung?

Ja, aber es geht auch um die parlamentarischen Kontakte und darum, dass die Inlandbanken generell besser wahrgenommen werden, nämlich als wichtige Player auf dem Finanzplatz. Die Parlamentarische Gruppe Inlandbanken, die PGI, ist ein Ausdruck davon. 

 

Welchen Zweck verfolgt der neue Verband, und wie wollen Sie ihn positionieren neben den anderen Interessenverbänden?

Die Idee ist, dass wir unsere Interessen mit den anderen Verbänden absprechen und dass wir Gemeinsamkeiten suchen. In der Bankiervereinigung arbeiten wir wie bisher mit. Dort sind wir in allen Gremien dabei, die für uns irgendwie von Bedeutung sind.

 

Aber ist die Gründung eines eigenen Interessenverbandes nicht auch Ausdruck davon, dass die eigenen Interessen in der Bankiervereinigung nicht genügend wahrgenommen worden sind?

Es ist schon eine gewisse Enttäuschung aufgekommen, dass die Bankiervereinigung zugunsten der kleinen Banken bei der Interessenvertretung nicht mehr erreichen konnte.

 

Konkret?

Die ganze Regulierungsflut belastet die Banken stark. Die Frage ist aber letztlich auch immer, wie viel Eindämmung, um beim Bild zu bleiben, die Bankiervereinigung in diesem Bereich überhaupt erreichen kann. Auf jeden Fall bringt es nichts, zu hadern. Wir müssen uns aktiv einbringen und unsere Positionen klarmachen. Und wenn die Meinungen auseinandergehen, müssen wir andere Wege finden, um diese Positionen zu vertreten – diese Möglichkeit steht ja für alle auch immer offen.

 

Wird dadurch nicht die Bedeutung der Bankiervereinigung geschmälert?

Der erste Weg, um auf neue Regulierungen zu reagieren, bleibt die Bankiervereinigung. Zuerst gibt es eine Vernehmlassung, dann behandelt eine Fachgruppe oder ein Expertengremium, in dem alle Bankgruppen vertreten sind, ein Regulierungsvorhaben. Und dann entscheiden die verschiedenen Bankengruppen, ob sie sich der Stellungnahme der Bankiervereinigung vollständig anschliessen oder mit einer eigenen Stellungnahme besondere Akzente setzen wollen. Das war bisher so, und das werden wir auch weiterhin so pflegen. Die Bedeutung der Bankiervereinigung bleibt so oder so gross, zum Beispiel, weil sie auch das wichtige Ombudswesen regelt, dem man sich unter dem neuen Finanzdienstleistungsgesetz zwingend unterstellen muss. Im Weiteren ist die Bankiervereinigung für Bereiche wie die Selbstregulierung der Banken und für die Ausbildung im Bankwesen zuständig, sie erfüllt also wichtige Aufgaben auf dem Finanzplatz

 

Spielen Sie da die Uneinigkeiten nicht etwas herunter?

Es gibt Themen, in welchen man unterschiedlicher Meinung ist, Punkt. Die früheren Diskussionen um ein Finanzdienstleistungsabkommen beispielsweise haben die Bankengruppen am meisten auseinanderdividiert. Für die Inlandbanken bringt ein solches keinen Nutzen und nur zusätzliche Kosten. Aber es gilt ja wie gesagt die ganze fachliche Arbeit im Hintergrund im Auge zu behalten, die gut funktioniert.

 

Sie haben an der Gründungsversammlung gesagt, es brauche ein besseres Dissenz-Management in der Bankiervereinigung. Was meinten Sie damit?

Früher lautete das oberste Gebot der Bankiervereinigung, dass wenn der Finanzplatz gut dastand, alle davon profitierten. Im Zweifelsfall stellte man sich deshalb eben hinter die Interessen der Grossbanken. Vor allem durch die Aufhebung des Bankkundengeheimnisses hat sich jedoch vieles für die Banken und für den Finanzplatz verändert. Jetzt muss man in gewissen Fragen Wege finden, wie man mit Uneinigkeit umgeht.

Lesen Sie das ganze Interview in der neuen «Schweizer Bank».