Mit Überraschung, Ratlosigkeit und Sorge haben die Griechen auf die Ankündigung ihres Ministerpräsidenten Alexis Tsipras reagiert, das Volk in einem Referendum am Sonntag kommender Woche über die Sparvorgaben der Gläubiger entscheiden zu lassen. Viele Griechen haben Angst vor der Ungewissheit, was nach der Volksabstimmung geschieht.

Vor den Geldautomaten in Athen und Thessaloniki bildeten sich lange Schlangen, ebenso an den Tankstellen. «Ich habe einen Laden. Ich brauche das Geld, um ihn am Laufen zu halten», sagt eine der Wartenden, die 42-jährige Maria Kalpakidou. «Wenn wir bis 4. Juli kein Abkommen haben, wird unser Bankensystem zusammenbrechen», glaubt sie und fügt hinzu: «Wir kennen die Drachme, wir hatten sie schon einmal.»

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«Den Schweizer Franken»

Der 52-jährige Nikos stimmt ihr zu: «Es gibt eine Menge Angst vor dem, was passieren wird.» Er habe beim letzten Mal Syriza gewählt, sagt er: «Aber wir haben für sie gestimmt, damit sie entscheiden, und nicht, damit sie die Verantwortung uns übertragen.»

Vor einem Kiosk in Athen steht der Informatiker Takis Bezaitis und studiert die Schlagzeilen der Zeitungen. «Euro oder Drachme» titelt die rechtsgerichtete «Eleftheros Typos». Bazaitis lacht: «Den Schweizer Franken», sagt der 40-Jährige. Dann wird er ernst. Die Wahl zwischen Ja und Nein lasse ihn ratlos, sagt er: «Für beide Seiten gibt es gute Argumente».

Regierung ist «unverantwortlich und heuchlerisch»

Giannis Monogios, ein junger Händler, ist genervt: Die Regierung sei «unverantwortlich und heuchlerisch», schimpft er. «Was bedeutet schon ein Ja oder Nein zu Massnahmen, wenn wir die Konsequenzen nicht kennen?» Auch Amalia Notara hält die Regierung für feige: das Referendum sei eine «indirekte Form, Nein zu sagen, ohne die Verantwortung zu übernehmen».

Griechenland hat keine Übung mit Referenden, das letzte liegt mehr als vierzig Jahre zurück. Damals, am 8. Dezember 1974, sollte die Bevölkerung zwischen Monarchie und Republik wählen, sie entschied sich für die Republik. Taxifahrer Anastrasios Marcatos ärgert sich: «Das ist ja toll, dass sie uns jetzt nach unserer Meinung fragen. Als wir Europa beigetreten sind, hat uns niemand gefragt.»

(awp/sda/afp/moh)