Die Einladung kam kurzfristig: US-Präsident Trump empfängt am heutigen Donnerstag Bundespräsident Ueli Maurer im Weissen Haus. Ganz überraschend sei das nicht, denn ein Zusammentreffen der Staatschefs war bereits beim WEF im Januar geplant gewesen. 

Offiziell heisst es nur, bilaterale Themen würden besprochen. Das offensichtlichste Thema: die Gespräche über ein Freihandelsabkommen. Dabei gibt es noch allerlei Redebedarf sonst. Das könnte Ueli Maurer vorbringen:

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  • Freihandelsabkommen

Mr. President, es freut uns, dass Sie ein Freihandelsabkommen mit uns möchten. Das wollen wir doch auch. Bereits heute sind die Vereinigten Staaten unser zweitwichtigster Handelspartner: 2017 gingen 15 Prozent der Schweizer Exporte in die USA, 7 Prozent der Importe stammten aus den Vereinigten Staaten. Insgesamt beträgt das bilaterale Handelsvolumen 46 Milliarden Franken. Anders als im Jahr 2006, als der Bundesrat laufende Freihandelsgespräche stoppte, sind wir diesmal besser vorbereitet.

Konkret: Die Landwirtschaft sollte so weit wie möglich ausgeklammert werden. Denn sonst wäre solch ein Abkommen eine «Mission Impossible» (das hat Stefan Legge, ein Aussenhandelsexperte der University of St. Gallen so formuliert). Denn wissen Sie, ausser der Öffnung der Landwirtschaft hat die Schweiz den Vereinigten Staaten nicht viel anzubieten. Ein Grossteil ihrer guten amerikanischen Waren gelangen schon heute zollfrei in die Schweiz, wir sind da anders als die Chinesen. US-Unternehmen könnten mit einem Handelsabkommen gerade einmal 36 Millionen Franken an Industriezöllen einsparen, so die Berechnungen des HSG-Ökonomen.

Die Ersparnis für Schweizer Unternehmen wäre um ein Vielfaches grösser: 300 Millionen Franken zahlten sie 2017 an Zöllen an die US-Behörden.

  • Schweizer Auto-Zulieferer

Mr President, sollten Sie europäischen Auto-Importe mit Zöllen belegen, dann müssen Sie wissen: Es hätte auch für unsere Wirtschaft gravierende Folgen. Schweizer Firmen beliefern vor allem die deutschen Autobauer.

Seit Monaten schwelt der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Doch auch der Handel mit der Europäischen Union ist den Amerikanern ein Dorn im Auge, vor allem die Autoimporte. So drohte Trump immer wieder, Zölle in Höhe von 25 Prozent für Autos aus der EU zu verhängen. Die Entscheidung sollte eigentlich am 18. Mai fallen, könnte allerdings verschoben werden, heisst es aus EU-Kreisen. Und zwar bis zu sechs Monate, denn auch die EU führt Handelsgespräche mit den USA

  • Schweizer Banken

Mr President, wie könnten Sie mal Ihrer Justiz etwas Druck machen? Wie gingen doch Ihre Behörden nach der Finanzkrise auf die Schweizer Banken los! Unsere grösste Bank, die UBS musste vor zehn Jahren 780 Millionen Dollar zahlen. Danach handelte das Department of Justice mit unseren Banken reihenweise Ablass-Deals aus.

Allerdings nicht mit allen: Heute haben Ihre Leute mit sechs Schweizer Banken noch immer keinen Deal abgeschlossen: Pictet, Rahn + Bodmer, HSBC Schweiz, Liechtensteinische Landesbank, Bank Hapoalim und Mizrahi-Tefahot warten immer noch auf den Prozess. Als Grund werden die Datenflut und Personalmangel genannt.

Sagen Sie mal: Ist Ihr Justizsystem überlastet? Oder haben Ihre Behörden das Interesse verloren? 

  •  Schweizer Direktinvestitionen

Ich weiss ja, Mr. President, was Ihnen besonders wichtig ist: Dass ausländische Unternehmen bei Ihnen Jobs schaffen. Und wer macht das? Wir. The Swiss. Unsere Unternehmen haben 310 Milliarden Dollar in den USA angelegt, das macht uns zum sechstgrössten Investor bei Ihnen. Sie haben eine halbe Million Jobs geschaffen, und Schweizer Tochterfirmen bezahlen so hohe Löhne wie keine anderen Auslandsfirmen: über 100'000 Dollar pro American Worker!

  •  Schweizer Wahlspenden 

Wussten Sie übrigens, dass die unsere Unternehmen – respektive deren Mitarbeiter – allerhand Sympathie für Sie hegen? Als Sie damals gegen Hillary Clinton antraten, gingen 54 Prozent der Spenden, die aus Schweizer Konzernen in den Wahlkampf flossen, an Ihre Seite. Also an Sie. Beziehungsweise an Kandidaten der Republikaner.

  • Schweizer Milliarden

Und im Fall, Mr. President: Wenn unsere Nationalbank amerikanisch wäre, würden Sie die sicher als super-patriotisch bezeichnen. Sie hat nämlich über 90 Milliarden Dollar in amerikanische Unternehmen gesteckt. Und sie gehört zu den grössten Aktionären von Konzernen wie Apple oder Microsoft (ja, wir sind das, die Schweizer; und nicht etwa die Chinesen). Das heisst aber auch: Wir leiden mit, wenn die Apple-Aktie wegen ihren China-Zöllen herunterrauscht.

Mit welchen Ergebnissen Ueli Maurer auch immer nach Hause kommt, eins steht schon fest: Das Treffen in Washington ist ein Novum für die kleine Schweiz. Denn innerhalb kürzester Zeit trifft der Bundespräsident gleich zwei der ranghöchsten Politiker der Welt. Ende April war er beim chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Peking. (Dabei ging es unter anderem um die Schweizer Beteiligung an Chinas «Belt and Road Initiative»). 

Zufall? Oder forciert die Schweiz die Nähe zu beiden Wirtschaftsmächten, um sich unabhängiger von den engen Wirtschaftsbeziehungen zur EU zu machen? Gerade jetzt inmitten der Diskussion um das Rahmenabkommen