Eine Achterbahnfahrt ist nichts dagegen: Auf den ersten Blick hat der überraschende Schritt der russischen Zentralbank, den Leitzins von 10,5 Prozent auf 17 Prozent anzuheben, Wirkung gezeigt. Der Rubel-Kurs erholte sich nach der zweiten Zinssteigerung innert weniger Wochen zunächst rapide. Der Dollar verlor 9,8 Prozent in der Spitze, er kostete mit 58,15 Rubel so wenig wie zuletzt vor zwei Wochen. Das war die schnellste Erholung für die russische Währung in 16 Jahren.

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Doch mehr als ein Achtungserfolg blieb nicht. Die Wirkung der Zinssteigerung verpuffte in wenigen Stunden. Ein Dollar kostete gegen Mittag erstmals mehr als 70 Rubel und erreichte mit 73,8 Rubel ein neues Rekordhoch. Kurz darauf durchbrach er sogar die Marke von 80 Rubel pro Dollar. «Unsere Händler sehen keinen Anlass, Rubel zu kaufen», sagte Per Hammarlund, Chefstratege der schwedischen SEB gegenüber Bloomberg. «Ich hätte gedacht, eine Steigerung auf 17 Prozent verschafft der russischen Zentralbank zumindest einen Monat Luft.»

Ölpreis unter 55 Dollar

Der Ölpreis nahm der russischen Zentralbank den Wind aus den Segeln. Er setzte heute seinen Tiefflug fort und sank auf einen Preis von unter 55 Dollar. Ausserdem drohen neue Sanktionen von Seiten der USA. Aller verbaler Unbekümmertheit von Wladimir Putin zum Trotz: Bereits die jetzigen Strafmassnahmen belasten die russische Wirtschaft erheblich. Investoren ziehen Milliarden Dollar ab. Russische Firmen haben nur noch beschränkten Zugang zum internationalen Kapitalmarkt. Wenig erstaunlich, dass Analysten gleich die nächste Leitzins-Steigerung diskutierten.

«Sollte der Ölpreis weiter fallen, ist die russische Zentralbank nicht am Ende mit ihren Interventionen», sagt Nannette Hechler-Fayd'herbe, Analystin der Credit Suisse, gegenüber «Handelszeitung.ch». Hechler-Fayd'herbe hält auch Kapitalkontrollen für absehbar. Angesichts des drastischen Verfalls wurden die Rufe nach diesem umstrittenen Instrument, bei dem Kapital- und Devisenflüsse staatlich gelenkt werden, heute lauter. 

Wenig Chancen auf Stabilisierung

Zwar sieht sie ähnlich wie andere Analysten die Zinssteigerung als einen Schritt in die richtige Richtung. Doch gegenüber dem Druck durch den Ölpreis ist jegliche Massnahme ein Tropfen auf den heissen Stein. Hechler-Fayd'herbe: «Solange der Ölpreis fällt, hat die russische Zentralbank wenig Chancen, den Rubel nachhaltig zu stabilisieren.»

Aus diesem Grund erwartet auch die russische Zentralbank ein Schrumpfen der russischen Wirtschaft im Jahr 2015. Sollte sich der Erdölpreis bei 60 Dollar einpendeln, werde die Wirtschaftsleistung wahrscheinlich um rund 4,5 Prozent zurückgehen, erklärte sie am Montag. Die Inflation dürfte nach Einschätzung der Zentralbank Anfang kommenden Jahres mit 11,5 Prozent ihren Höhepunkt erreichen.

Auftrieb für den Ölpreis Mitte 2015

Hoffnung auf Erleichterung gibt es bestenfalls mittelfristig: Die ZKB erwartet, dass die Schiefergasproduktion in den USA in der ersten Jahreshälfte 2015 gedrosselt wird. «Das wird dem Ölpreis über die Zeit Auftrieb geben», sagt Hechler-Fayd'herbe.

Die Energie-Konkurrenz durch die USA, die vom Importeur zum Exporteur werden könnte, wird als wichtiger Grund angesehen, warum die Opec-Staaten ihren langen Atem beim Ölpreis auskosten. Für die Mächtigen unter ihnen ist ein tieferer Ölpreis erträglicher als für die meisten Fracking-Unternehmen in den USA. Wenn die Konkurrenz dort in die Schranken gewiesen ist, könnte die Opec den Ölpreis wieder stützen wollen.

(mit Material von Reuters)