Wohnen ist ohne Frage wichtig für uns Menschen! Eine Wohnung bietet Schutz und Komfort. Sie ist der Ort, den wir nach unseren Vorstellungen gestalten können. Eine Wohnung wechselt man nicht wie ein Hemd. Das Zuhause soll ein stabiler Ort sein. Es ist der Mittelpunkt unserer sozialen Beziehungen, unseres Lebens.

Interessanterweise geben die Schweizerinnen und Schweizer für Wohnen immer weniger Geld aus. Laut der Haushaltsbudgeterhebung des Bundes lag der Anteil der Ausgaben für Wohnen und Heizung an den Gesamtausgaben der Haushalte im Jahr 2000 bei 17,6 Prozent und bei der letzten Erhebung im Jahr 2016 bei 14,7 Prozent.

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Klaus W. Wellershoff ist Ökonom und leitet das von ihm gegründete Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. Er war Chefökonom der UBS und unterrichtet Nationalökonomie an der Universität St. Gallen.

Tatsächlich ist auch die durchschnittliche Mietpreisinflation in diesem Zeitraum mit 1,3 Prozent moderat geblieben. Dabei fällt allerdings auf, dass die Mieten in langjährigen Mietverhältnissen heute praktisch genau so hoch sind, wie vor dreissig Jahren. Neubauwohnungen und renovierte Wohnungen sind dagegen heute deutlich teurer als früher.

In den Talkshows herrscht Wohnungsmangel

Ob all das die aufgeregte politische Debatte, die im Wahljahr nun zu entstehen beginnt, rechtfertigt?

Manchmal traut man seinen Ohren nicht: Glaubt man der Mehrzahl der Talkshow-Teilnehmer, dann herrscht ein nie da gewesener Wohnungsmangel und ist das Wohnen unbezahlbar geworden.

Die Statistik widerlegt beide Behauptungen. Dass die Schweizer weniger für Wohnen ausgeben als noch vor zwanzig Jahren haben wir schon gesehen und der Blick auf die stetig steigenden im Wohnbau zeugt wohl nicht von einmaligem Wohnungsmangel.

Bauen ist nirgends so teuer wie in der Schweiz

Die hohen Neumieten sind dagegen ein Problem. Woran das liegt? An unserem Wohlstandszuwachs, aber vor allem wohl am Staat. Dass wir mehr verdienen und heute einen höheren Ausbaustandard der Wohnung als vor zwanzig Jahren erwarten, kann niemanden stören. In keinem Land der Welt ist aber das Bauen oder Renovieren so teuer wie in der Schweiz.

«Allein die Kosten der Baubewilligungsverfahren werden auf jährlich über 600 Millionen Franken geschätzt.»

Die sehr einseitig auf den Wechselkurs ausgerichtete Geldpolitik der Nationalbank hat mit ihrer Liquiditätsschwemme und den Negativzinsen die Immobilienpreise auf kaum nachhaltige Höhen befördert. Der dadurch entstandene Wertzuwachs dient nun interessierten, politischen Kreisen dazu von rekordhohen Renditen auf Immobilienanlagen zu reden.

Kollateralschaden nennt man so etwas wohl. Dabei sind die Nettorenditen auf Wohnliegenschaften durch den Preisanstieg auf historische Tiefststände gefallen und die Tiefzinsen verleiten Versicherungen, Pensionskassen, aber auch Private immer mehr zu bauen und zu renovieren.

Und jetzt ruft die Politik nach noch mehr Staat?

Diese Bau- und Renovationswut trifft auf die weltweit wohl dichteste Regulierung der Bauaktivität. Allein die Kosten der Baubewilligungsverfahren werden in der Schweiz auf jährlich über 600 Millionen Franken geschätzt. Dazu kommen die Kosten der durch unsere Beamten angeordneten Massnahmen. Ein Schlaraffenland nicht nur für die Bürokratie, sondern auch für unser Baugewerbe, aber nicht für unsere Mieter und Eigenheimbesitzer.

Und jetzt ruft die Politik nach noch mehr Staatseingriffen? Meine Söhne würden sagen: Give me a break!