Ein Frühaufsteher? Das war ich noch nie. Wenn ich zu meiner Zeit als Angestellte zwischen 8 und 9 Uhr im Büro sein musste, war eines sicher: Ich trudelte morgens zwischen 08.58 und 09.00 Uhr dort ein, brauchte in der Regel erstmals meinen Kaffee und eine halbe Stunde Ruhe. Erst dann konnte ich mich überhaupt konzentrieren und einarbeiten, um daraufhin sofort wieder vom Telefon, einer eingehenden Email oder dem Tratsch der Kollegen abgelenkt zu werden. So ging es nicht nur mir sondern auch vielen Kollegen und Geschäftspartnern, wie ich beobachtet habe.

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Ein Gruppenzwang

Früher dachte ich immer, der Grund für mein Spätkommen sei, dass ich sowieso bis spätabends im Büro bleiben sollte, um einen guten Eindruck zu machen. Wieso dann morgens früher aufstehen? Es war irgendwie «cool» mit rauchendem Kopf bis 19 oder 20 Uhr vor dem Bildschirm zu sitzen und «busy» – das heisst eigentlich «wichtig» – zu wirken.

Die Vorgesetzten fanden es toll, auch wenn sie es niemals zugäben. Die Kollegen wurden angespornt, ebenso lange im Büro sitzen zu bleiben, selbst wenn sie dann nur im Internet surfen. Eine Art Gruppenzwang? Ja. Denn wer um 7 Uhr zur Arbeit kam und um 17.30 Uhr nach Hause ging, der hatte schnell den Ruf, zu wenig zu arbeiten. Als 80%-Stelle wurden sie betitelt.

Verdiente Freizeit geniessen

Es gibt aber auch ganz andere Beispiele. Haben Sie schon mal Karriere-Menschen, Überflieger in einer Firma und erfolgreiche CEOs beobachtet? Kaum einer ist nach 19 Uhr noch im Büro. Sie gönnen sich ihre Freizeit nach einem produktiven Tag, den sie nicht mit Kaffeetrinken, Smalltalk oder Internetsurfen verbracht haben, wie andere, die noch um 21 Uhr im Büro sitzen. Die Überflieger sind gleichzeitig diejenigen, die morgens zwischen 6:30 und 7 Uhr nach einer Runde Joggen bereits im Büro sitzen und fokussiert arbeiten. Ihr Telefon stellen sie ab und Emails beantworten sie nur zu gewissen Tageszeiten.

Wieso? Es gibt weniger Ablenkung, das Gehirn ist in den frühen Morgenstunden produktiver, die Konzentration und die Motivation höher.  Je später im Tag, desto mehr Energie hat unser Körper bereits verbraucht. Eigentlich logisch. Studien belegen, dass die sogennanten «Early Birds» im Geschäftsleben erfolgreicher und entspannter sind, und gleichzeitig auch ein gesünderes Leben führen. Liegt wohl am geringeren Stress-Faktor.

Ans zeitige Aufstehen gewöhnt man sich

Als Selbständige bin ich heute für zwei Firmen mit Kunden, freischaffenden Mitarbeitern sowie Geschäftspartnern aus aller Welt verantwortlich, die ich in verschiedenen Zeitzonen bedienen und koordinieren muss. Ich habe gar keine andere Möglichkeit, als konzentriert und fokussiert zu arbeiten, wenn ich Erfolg haben möchte.

Dazu gehört auch das frühe Aufstehen, auch wenn es eine Weile gedauert hat, bis ich mich daran gewöhnt habe. Das habe ich mir bei den CEOs abgeschaut und weiss nun, wie es ist, auch mal um 17 Uhr in den Feierabend zu gehen. Ohne den Druck zu spüren, etwas nicht abgearbeitet zu haben. Dies nachdem ich um 6 Uhr früh aufgewacht bin und mich mit morgendlicher Energie an die ganzen «To Do’s» gesetzt habe.

Dank konzentriertem Arbeiten mehr vom Tag haben

Gerade war ich für einen Monat geschäftlich in New York. Die Stadt strotzt vor Energie und man kommt kaum zur Ruhe. Täglich erlebt man Dinge, die man zuvor noch nicht gesehen, gehört oder gekannt hat. Inspiration pur. Das aber macht es auch schwieriger, sich im Büro zu konzentrieren, wo draussen doch das Leben tobt.

Der Jetlag hat es mir leicht gemacht, morgens um 5 oder 6 Uhr aufzustehen. Ich habe die Ruhe und hohe Dosis an Konzentration richtig genossen und war bei 5-6 Stunden Arbeit produktiver als an einem normalen Büro-Tag. Ich konnte nicht nur Meetings entspannt auf den Nachmittag legen, sondern auch noch ein Freizeit-Programm einplanen. Ich hatte also mehr vom Tag.

Zurück in der Schweiz habe ich die Situation, mit der ich vorher noch Mühe hatte, durch das Training in New York bestens verinnerlicht. Ich habe mir eine bessere Arbeitsqualität antrainiert und nun gar noch mehr Freizeit als vorher. Ausschlafen kann Frau ja immer noch – an den freien Tagen. Egal ob selbstständig oder angestellt: Probieren Sie es aus und schauen Sie, wie sich auch Ihre Work-Life-Balance bereits nach einigen Wochen positiv und nachhaltig verändert.

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