Diese Woche habe ich mir eine knallrote Lodenjacke gekauft. Ich ärgere mich schon lange darüber, dass signalfarbene Kleidung, wie man sie heutzutage für die Jagd braucht, meist aus Kunstfasern hergestellt ist und ihre Wetterfestigkeit einer Teflonbeschichtung verdankt. Diese Stoffe verrotten nicht, weshalb ich mich darüber wundere, dass solche Hightech-Outfits immer noch als Uniform der Naturverbundenen und ökologisch Sensiblen gelten.

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Ich trage meistens Loden- oder Tweedjacken. Wollstoffe wärmen und kühlen nicht nur, sie sind auch geräuscharm, wenn man draussen herumschleicht. Allerdings wird man mit solchen Jacken im üblichen Grau oder Braun leicht mit einem Wildschwein verwechselt. Deswegen werden die Jäger von Jahr zu Jahr röter. Es begann mit einem roten Hutband, dann kamen rote Mützen auf, dann wurden Warnwesten Pflicht, und jetzt sieht man immer öfter rote Jacken und Hosen.

Trendsetter für wunderbaren Rohstoff

Nur aus Wolle sind die nicht. Ich hoffe, dass ich mit meiner roten Lodenjacke einen Trend setzen kann. Mir ist zwar schon bedeutet worden, dass diese Jacke ausgesprochen eng geschnitten sei. Sie ist vom Hersteller ja auch eher für Radfahrer als für Jäger gedacht. Ich betrachte diesen Schnitt aber als Herausforderung.

Ich trage Wolle auch, weil ich Schafe liebe. Leider ist der wunderbare Rohstoff, den sie liefern, bei uns kaum mehr etwas wert. Und er verliert auch an Wertschätzung. Schafe werden nur noch geschoren, weil man sie eben scheren muss. Der Erlös aus der Wolle deckt kaum die Kosten der Schur. Ich weiss nicht, ob das einen direkten Einfluss auf die Lebenserwartung der Schäfer hat. Gut ist es jedenfalls nicht, wenn man zusehen muss, wie ein solch wertvoller Stoff eher entsorgt als verwertet wird.

Zum Stoffkreislauf beitragen

Immerhin kann man Wolle als Langzeitdünger verwenden. Das ist wahrlich ihr grösster Vorzug gegenüber jeder Chemiefaser. Sie wächst, und sie verschwindet auch wieder im natürlichen Stoffkreislauf. Wir müssen heute dauernd darüber nachdenken, wie wir Dinge loswerden. Das fängt bei der Mülltrennung an und ist auf die Dauer sicher nicht gesund.

Die meisten Hundertjährigen leben in einsamen sardischen Gebirgsdörfern. Sie hüteten ihr Leben lang ihre Schafe und Ziegen, assen Käse und bewegten sich viel. Vielleicht wandere ich nach Sardinien aus. Eine andere Möglichkeit, meine Lebenserwartung zu verbessern, wäre eine Geschlechtsumwandlung. Als Frau bekommt man Zuschlag. Ein Zuckerschlecken, das ist mir klar, wird das Leben mit 105 nicht. Egal, ob als Hirte oder als Frau.

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