Ein Schaf, das auf einem Felsen steht, eingerahmt von der östlichen und der westlichen Erdhälfte. Das in Blautönen gehaltene Aquarell von Xu Lei ziert die Flasche des Jahrgangs 2008 von Château Mouton Rothschild, der seit Januar ausgeliefert wird. Weinexperten haben schon seit mindestens zwei Jahren damit gerechnet, dass das bekannte Weingut aus dem Médoc einen chinesischen Künstler mit der Gestaltung des Etiketts beauftragen würde. Immerhin ist China inzwischen zum grössten Exportmarkt für Bordeaux-Weine aufgestiegen. Vor allem die hochpreisigen, berühmten Châteaus sind bei den Chinesen gefragt.

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Damit nicht genug: Inzwischen kaufen chinesische Investoren sogar selber Weingüter im südwestfranzösischen Anbaugebiet auf. So wurde kürzlich der Verkauf von Château de Viaud in der Appellation Lalande-de-Pomerol an die chinesische Gruppe Cofco besiegelt. Schätzungsweise 10 Millionen Euro liess sich der staatliche Nahrungsmittelkonzern die Übernahme des Guts mit seinen 21 Hektar grossen Weinbergen kosten. Und er schloss zudem einen Vertrag für den Vertrieb der anderen Weine des Vorbesitzers Philippe Raoux ab.

Wenn jeder Chinese pro Tag ...
«In China gibt es 1,3 Milliarden potenzielle Konsumenten», sagt Raoux zu den Perspektiven. Wenn jeder Chinese jeden Tag ein Glas Wein trinken würde, könnte das Département Gironde, in dem Bordeaux liegt, mit den Lieferungen nicht mehr nachkommen. Deshalb seien die Übernahmen von Weingütern durch chinesische Investoren eine grosse Chance für die berühmte Anbauregion, ihre Position im Reich der Mitte weiter zu festigen.

Ähnlich sieht es der Weinbauverband von Lalande-de-Pomerol. «Die Weingüter sind nicht in der Geschichte stehen geblieben», sagt Verbandschef Xavier Piton. Auch wenn die Ankunft chinesischer Besitzer die Gegebenheiten verändern würde, sei sie eine Bereicherung für die Gegend.

Solche Töne ausgerechnet aus Frankreich mögen auf den ersten Blick erstaunen, hat das Land doch einen chauvinistischen Ruf. Unvergessen der ökonomische Patriotismus, den sich der heutige Präsident Nicolas Sarkozy als damaliger Wirtschaftsminister und Dominique de Villepin als Premierminister noch vor wenigen Jahren auf die Fahnen geschrieben hatten. Mit aller Macht - und Erfolg - versuchten sie beispielsweise, die Fusion des Pharmakonzerns Aventis mit Novartis oder die feindliche Übernahme des Versorgers Suez durch Enel aus Italien zu verhindern.

Was wollen die Chinesen wirklich?
Die Einkaufstour chinesischer Investoren stösst denn auch nicht überall auf ungeteilte Freude. «Alles hängt davon ab, wie sie sich hier geben», sagt Franck Ballester, der Vorsitzende des Landwirte-Verbandes des Département Gironde. «Wenn sie als einfache Weinbauern kommen, haben sie dieselben Sorgen wie wir. Wenn sie aber nur kommen, um Profit zu machen, kann das zu Veränderungen der Anbaumethode führen, beispielsweise zur Abschaffung der manuellen Auswahl der Trauben», warnt er. Die Sorgen Ballesters scheinen etwas übertrieben zu sein. Von einem kompletten Aufkauf des Anbaugebiets durch Chinesen kann nämlich noch keine Rede sein. Gerade mal sechs Weingüter befinden sich heute in chinesischem Besitz, obwohl im Schnitt jedes Jahr zehn Châteaus an ausländische Investoren verkauft werden. Er mache viele Besichtigungen mit chinesischen Interessenten, sagt Olivier Vizerie, Chef der auf Weingüter spezialisierten Immobilienagentur Millésimé Immobilier. Das markanteste Merkmal chinesischer Käufer sei, dass sie sich bei den Übernahmen viel Zeit nähmen.

Die Gruppe Cofco beispielsweise verhandelte zweieinhalb Jahre lang, bevor sie sich jetzt mit dem früheren Besitzer von Château de Viaud handelseinig wurde. «Dies ist ein historischer Tag für den chinesischen Weinbau», sagte Cofco-Vizechef Jingtao Chi bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages. «Wir sind mit unserer Marke Great Wall bereits jetzt Marktführer für Wein in China. Jetzt wollen wir Fuss in den ausländischen Anbaugebieten fassen.» So kaufte Cofco im September für 18 Millionen Dollar das chilenische Weingut Vina Bisquertt und die dazugehörige 350 Hektar grosse Anbaufläche auf. Das staatliche Konglomerat sieht sich nun in den Vereinigten Staaten, Australien und Südafrika nach weiteren Akquisitionsmöglichkeiten um.