Städte rühmen sich oft ihrer bekannten Bewohner – verewigen sie mit Statuen oder benennen Strassen nach ihnen, auch in der Schweiz. Ob Berühmtheiten auch einen Einfluss auf die Entwicklung der Städte haben, dieser Frage sind Wissenschaftler an der renommierten Pariser Universität Sciences Po nachgegangen.

Ihre Forschungsdaten haben sie mithilfe der Online-Enzyklopädie Wikipedia gesammelt. Diese Datenbank biete eine Fülle an Informationen zu einer Vielzahl bekannter Personen, heisst es vom Forscherteam. Damit ist eine Untersuchung in der Breite möglich, statt sich nur auf einzelne Megastars zu konzentrieren. Der riesige Datenberg zu rund 1,2 Millionen Menschen führt viele interessante Fakten zu Tage.

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Dominierende Unterhaltungsstars

So bestimmen heute ganz andere Prominente das Bild als noch vor wenigen Jahrhunderten. Die «Unterhaltung» hat einen wahren Siegeszug hingelegt, wie die Wikipedia-Forschung zeigt. Heute sind die meisten Berühmtheiten Fussballer wie Cristiano Ronaldo oder Sängerinnen wie Taylor Swift.

Noch vor rund 200 Jahren waren bekannte Personen am häufigsten in irgendeiner Art mit der Regierung verbunden. 60 Jahre später war das Verhältnis vom «Regierung» und «Unterhaltung» bereits ausgeglichen. Heute lassen Unterhaltungsstars Politiker in der Verteilung weit hinter sich, auch wenn Barack Obama und einige seiner Vorgänger an der Spitze ganz gut mithalten, wie das Ranking der Wissenschaftler am Ende des Text zeigt. Vermutlich verstehen sie es ganz gut, die beiden Kategorien zu verbinden.

Sportler und Präsidenten

Grossen Anteil am Aufschwung der «Unterhaltungsbekanntheiten» haben Sportler. Nach einem Boom zur Zeit der ersten modernen Olympischen Spiele und der ersten Tour de France am Ende des 19. Jahrhunderts legten Sportler nach 1950 nochmals einen zusätzlichen Schub ein. Kein Wunder also, verbinden wir mit bekannten Personen heute Tennisstar Roger Federer oder Supersprinter Usain Bolt.

Der einfachste Weg zu ganz grosser Bekanntheit führt laut den historischen Daten aber über das Weisse Haus in Washington. Unter den nach 1891 Geborenen sind vier der zehn sichtbarsten Wikipedia-Bekanntheiten US-Präsidenten. Vor diesem Stichdatum war unter den Top Ten kein einziger US-Amerikaner vertreten. Nicht nur Amerikaner sind relative Neulinge unter den Bekanntheiten der Welt, auch Asiaten tauchen im Datensatz erst nach 1800 in grösserer Zahl auf.

Luther als Beispiel mobilitätsfauler Zeitgenossen

Überhaupt hat Wikipedia offenbar eine Vorliebe für das Hier und Jetzt. Die Daten haben mit den Jahren exponentiell zugenommen, so dass über 60 Prozent der 1,2 Millionen Bekanntheiten heute noch leben und nur 1 Prozent vor 1330 geboren wurde.

Auch die Mobilität, die sich aus der Distanz zwischen Geburtsort und dem Ort des Ablebens ergibt, hat die französische Forschergruppe untersucht. Bei Martin Luther – der starb, wo er geboren wurde – beträgt diese Distanz demzufolge Null. Damit ist der Reformator ein gutes Beispiel für die tiefe Mobilität der zwischen 500 und 1500 geborenen Personen. In der Antike dagegen waren die Menschen dreimal so reisefreudig wie Luther und Co. im Mittelalter.

Die Gemeinsamkeit von Unternehmern und Künstlern

Was lehrt uns die Studie nun aber über den Einfluss bekannter Leute auf das Wachstum ihrer Stadt? Wer gedacht hat, dass Jesus Nazareth oder Winston Churchill seinem Geburtsort Woodstock zu einer Bevölkerungsexplosion verholfen hat, der wird eines Besseren belehrt. Für den Einzelnen macht die Studie keine Aussage und will das Forschungsfeld ausserdem noch weiter vertiefen. Aus den gesammelten Daten ergibt sich dafür ein positiver Zusammenhang zwischen der Zahl der Unternehmer und dem Städtewachstum. Gleiches gilt offenbar auch für Künstler. Keinen oder gar einen negativen Einfluss auf das Wachstum von Städten haben dagegen Politiker, Militärs und religiöse Führer – schlechte Nachrichten für Herrscher in aller Welt.

Das Ranking nach der Prominenten nach Sichtbarkeit: