Den besten Tunfisch meines Lebens ass ich in Tarará auf Kuba.

Wir fuhren früh am Morgen mit dem Boot von der Marina Hemingway bei Havanna aus aufs Meer hinaus. Die Küstenlinie verschwand langsam im Dunst, es war kein schlechter Tag zum Fischen. Gegen Mittag hatten wir ein paar schöne Tarpons gefangen, jeder so um die 30 Kilogramm schwer.

Als wir gerade zurückfahren wollten, ging dieser kleine Skipjack Tuna an den Haken. Er war keine 30 Pfund schwer, wie sich später herausstellen sollte, aber der Kleine wehrte sich wie ein Verrückter, zog wie wild, sprang in die Luft, tauchte scharf ab und versuchte mit abenteuerlichen Volten dem Haken zu entkommen.

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Wir nahmen dann nicht gleich Kurs in die Marina Hemingway, sondern machten im Hafen von Tarará fest, weil es dort ein kleines Restaurant gibt. Der Koch bereitete unsern meerfrischen Skipjack-Tunfisch auf dem Grill zu, dazu gab es Salat und kalten australischen Chardonnay. Es war grossartig.

Hochseefischen, die Jagd auf die grossen Tiere unserer Meere, gehört zu den besten Dingen, die ein Mann tun kann, wenn sich zu Hause die Winternebel festgesetzt haben. «Big Game» nennen es die Amerikaner. In der Karibik, auf Mauritius oder in Florida, ein 40 Fuss langes Boot, ein paar Kollegen an Bord, einen Eiskasten mit Bier, eine Hand voll Zigarren im Gepäck, frühmorgens hinaus, die Hoffnung auf einen schönen Kampf mit einem Schwertfisch, einem Bluefin, einem Grouper oder einem Bonito. Und vielleicht das ganz grosse Ding: einen Blue Marlin am Haken.

Zum Blue Marlin kommen wir noch, doch zuerst zum Sporthafen von Havanna. Dass er Marina Hemingway heisst, kann kein Zufall sein. Ernest Hemingway hatte hier sein Boot liegen, die «Pilar», und fischte jahrzehntelang mit seinem Captain auf See, Gregorio Fuentes. Manchmal fuhren sie hinüber auf die Bahamas, nach Bimini, einem der besten Fischgründe dieses Planeten. Auch Al Capone, Chicagos Unterweltkönig, fischte dort, genau wie Bill McCoy, der grosse Schwarzbrenner während der Prohibition.

1952 schrieb Hemingway seinen Bestseller «The Old Man and the Sea», für den er den Nobelpreis bekam. Es ist die Story des alten kubanischen Fischers Santiago, der 84 Tage lang erfolglos aufs Meer hinausfährt. Als er endlich einen Fisch am Haken hat, ist es ein Prachtsstück sondergleichen: ein riesiger Blue Marlin. Ja, der Blue Marlin. Er ist der Fisch der Fische. An seinem Beispiel wollen wir auch die Technik des Big Game kurz erläutern. Das Game kann jeder in wenigen Stunden erlernen, wenn er ein bisschen Nerven hat.

Wir kreuzen also mit dem Boot, auf dem vier Ruten in einer Halterung befestigt sind. Die vier Schnüre sind ausgeworfen und ziehen vier Köder hinter dem Boot her durchs Wasser, rund 100 Meter hinter dem Bug. Manchmal passiert zwei Stunden lang gar nichts – deshalb auch das Bier an Bord –, doch plötzlich geht es los.

«Strike!», schreit einer an Bord. Ein Blue Marlin hat angebissen. Wir nehmen die Rute aus der Halterung und schnallen uns am «fighting chair» fest, dem Kampfstuhl hinten auf dem Boot. Die Rute biegt sich durch, die Rolle kreischt, der Marlin zieht volle Kraft in Richtung Meeresboden und hat rasch 300 Meter Schnur abgewickelt. Plötzlich Ruhe. Dann taucht der Marlin auf einmal 50 Meter links vom Boot auf, springt in die Luft und tanzt auf dem Meer. Wir kurbeln wie verrückt, um die Schnur wieder einzuholen. Er taucht erneut ab, und nach einer halben Stunde sind unsere Arme wie tot.

Manchmal gewinnt am Ende der Fisch, indem er die Schnur abreisst, manchmal gewinnt der Fischer. Ich hatte das Glück, vor ein paar Jahren auf Puerto Rico einen Blue Marlin zu landen. Wir haben ihn nach dem Fight wieder freigelassen, er war etwa 150 Kilogramm schwer.

150 Kilogramm sind nichts. Den grössten Blue Marlin auf Hawaii fing Gail Choy-Kaleiki. Er war 819 Kilogramm schwer. Den Rekordfisch im Golf von Mexiko fing Linda Koerner. Er war 462 Kilogramm schwer.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Gail ist ein Frauenvorname, auch Linda ist ein Frauenvorname. Frauen sind oft gute Hochseefischer. Sie haben mehr Geduld im Kampf mit den grossen Biestern als wir Männer, die es auf Biegen und Brechen versuchen. Darum nehmen wir die Frauen manchmal mit, wenn es gegen den Blue Marlin, den Schwertfisch und den Skipjack Tuna geht.

Ich muss es leider gestehen. Den besten Tunfisch meines Lebens ass ich in Tarará auf Kuba. Den Fisch fing meine Frau.