Die rote Bähnlertasche war ihr Markenzeichen am Freien Gymnasium Zürich. Aus ihr zog sie die Wahlkampfplakate, die sie im Schulgebäude aufhängte, als sie für das Präsidentenamt der Schülerorganisation kandidierte. «Sie ist schon damals sehr klar und bestimmt aufgetreten», erinnert sich ihr damaliger Banknachbar Alex Rübel, heute Direktor des Zürcher Zoos. «Ich merkte schon in der Pfadi, dass ich dafür geschaffen bin, Menschen zu führen», sagte Kux selber einmal. Das tut sie ziemlich strikt – und ziemlich erfolgreich. Wie keine andere Schweizer Managerin machte sie eine internationale Karriere durch die Chefetagen der verschiedensten Branchen. Die raschen Wechsel lassen Rückschlüsse zu auf ihre Lust auf neue Aufgaben – aber auch auf ihren Ehrgeiz, wenn es mal wieder nicht schnell genug vorwärtsgeht. Das WEF machte sie bereits 1995 zum «Global Leader of Tomorrow». Der Schritt zu Siemens ist ihr grösster: Kux zieht als erste Frau in der 160-jährigen Geschichte in die neunköpfige Konzernleitung des urdeutschen Konzerns ein. Dort wird die 54-Jährige, die auch privat gerne feilscht, den Einkauf zentralisieren und sich um die Nachhaltigkeit des 430  000-Mann-Kolosses kümmern. Das US-Magazin «Fortune» führte sie letztes Jahr auf Platz 19 der Liste der mächtigsten Frauen der Welt. Nun dürfte Kux ein paar Ränge nach vorne rücken.

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DIE KARRIERE

Nach der Hotelfachschule in Lausanne und einem Marketingjob bei Eurest heuerte Kux 1984 im Düsseldorfer Büro von McKinsey an, wo sie mit dem späteren Postchef Klaus Zumwinkel zusammenarbeitete. Bei ABB war sie nach dem Mauerfall Teil des Verhandlungsteams, das für die Kraftwerksparte im grossen Stil Firmen in Osteuropa akquirierte. 1993 bis 1996 arbeitete sie in der Nestlé-Zentrale ebenfalls an Osteuropa-Projekten, bevor Sie Länderchefin Polen wurde. In Warschau war sie mit Nationalbankchefin Hanna Gronkiewicz befreundet; Staatspräsident Alexander Kwasniewski zeichnete sie 1998 als beste ausländische Investorin aus. Eine BILANZ-Titelstory schadete ihren Karriereaussichten im auf Diskretion bedachten Nahrungsmittelkonzern; sie wechselte 1999 als Verkaufsleiterin Zentraleuropa zu Ford nach Wien. In jener Zeit versuchte der heutige Linde-Chef Wolfgang Reitzle vergebens, das Luxusmarkengeschäft des Konzerns zu sanieren. Nach zwei Jahren wurde Kux nach Köln versetzt, wo sie erstmals Chefeinkäuferin wurde. Bereits 2003 wechselte sie in gleicher Funktion, aber mit grösserem Volumen (20 Milliarden Euro) in die zweite Managementebene von Philips, wo sie die Anzahl der Lieferanten um ein Drittel reduzierte. Auch das Thema Nachhaltigkeit stand fortan auf ihrer Aufgabenliste.

Robert Jeker lernte Kux kennen, als er von ABB eine Bank in Baden abkaufte, und berief sie 1999 in den VR der Batigroup, wo sie unter anderem auf Thierry Lalive d’Epinay traf. Sie blieb zwei Jahre – «eine sehr wertvolle Verwaltungsrätin» (Jeker). Der deutsche Milliardär Arend Oetker holte Kux in den VR von Hero. Zudem sitzt sie im Board des Genfer Duftherstellers Firmenich sowie der Cofra Holding in Zug, die das Milliardenimperium der Familie Brenninkmeijer kontrolliert – darunter den Kleiderkonzern C&A.

IHRE FÖRDERER

1989 beriet Kux bei McKinsey Percy Barnevik. Ihm gefiel Kux’ direkte und aggressive Art. Er holte Sie zu ABB – zu einer Zeit, als sich im fusionierten Unternehmen Asea- und BBC-Manager relativ unversöhnlich gegenüberstanden. Kux wurde – wegen ihres Förderers Barnevik und ihres Vorgesetzten, Kraftwerkchef Göran Lundberg – dem schwedischen Lager zugerechnet. Da erstaunte es alle, dass sie 1992 persönliche Assistentin von ABB-Präsident David de Pury wurde, dem Gegenspieler Barneviks. «Damit hat sie ABB-intern alle Brücken verbrannt», so ein Weggefährte. De Pury empfahl Kux ein Jahr später dem mit ihm befreundeten Nestlé-Chef Helmut Maucher. Auch Maucher zeigte väterliches Wohlwollen für die ehrgeizige Karrierefrau.

IHRE WIDERSACHER

Kux polarisiert: Viele sind von ihrer zackig-dynamischen Art beeindruckt, andere überfordert sie damit. Trotz guten Leistungen hat sie sich auf ihren Stationen nicht wenige Feinde geschaffen. Denn hinter dem charmanten Äusseren steckt eine pickelharte Verhandlerin, die meist bekommt, was sie will – und auf der Gegenseite bisweilen Gram zurücklässt. «Sie neigt dazu, alle Erfolge der Welt auf ihr Konto zu buchen», sagt ein Ex-Chef. Andere kritisieren ihren Mangel an Teamfähigkeit. Bei Siemens soll sie im Auftrag von Konzernchef Peter Löscher das Einkaufsvolumen von 42 Milliarden Euro effizienter managen und Synergien heben. «Ich möchte nicht alles zentralisieren», beteuert Kux schon bei Amtsantritt. Denn bisher lag die Einkaufsverantwortung bei den mächtigen Sektorenchefs Jim Reid-Anderson, Wolfgang Dehen und Heinrich Hiesinger. Konflikte sind vorprogrammiert.

DIE INSEAD-CONNECTION

Ihre Netzwerke hat Barbara Kux systematisch gepflegt. «Sie ist immer dort, wo die Mächtigen sind», sagt ein Ex-Mitarbeiter. Dazu gehört auch das Alumni-Netz der renommierten Managementschule Insead im französischen Fontainebleau, wo sie 1984 den MBA machte. Heute sitzt sie dort im Board of Directors, das von Roche-Chef Franz Humer präsidiert wird. Dort trifft Kux unter anderen auf den deutschen Unternehmensberater Roland Berger, auf CS-Grossinvestor Lubna Olayan oder den Heineken-Präsidenten Cees van Lede. Auch der Ex-Serono- und SGS-Präsident Georges Muller, heute noch im VR der Swiss Life, ist mit von der Partie.

DIE FAMILIE

Das Faible für Osteuropa wurde Kux quasi in die Wiege gelegt: Ihr Vater Ernst wanderte aus Tschechien ein und wurde später Osteuropa-Experte der «NZZ». Bruder Stephan war lange Zeit Standortförderer des Kantons Zürich und doziert heute an der Universität Zürich über Transformationsprozesse in Mittelosteuropa. Schwester Elisabeth ist Hausfrau in Schweden. In Küsnacht baut Kux, geschieden und kinderlos, mit ihrem Lebenspartner derzeit ein Einfamilienhaus als Altersruhesitz. Für die neue Aufgabe freilich wird sie erst einmal in München wohnen. Über ihre Hobbys weiss man kaum etwas, ausser dass sie einst Golf spielte und noch immer Ski fährt.