Aus Versicherungs- und Risikomanagement-Sicht war die Fusion sehr interessant», erzählt Carsten Schirmeisen, Head Group Risk Management bei LafargeHolcim. «Man konnte unheimlich viel lernen und gestalten.» Schirmeisens Abteilung, das Group Risk Management, ist in der Konzernzentrale in Zürich in das Corporate Finance & Treasury eingegliedert. «Das Versicherungsmanagement ist sehr eng gepaart mit unserem Business Risk Management, wo wir die verschiedenen Risiken in den Ländergesellschaften über alle 80 Länder hinweg erfassen, genauso wie die strategischen Herausforderungen, vor der die Gruppe steht», so Schirmeisen.

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Zentrale Steuerung

Die Versicherungs-Hauptprogramme aus Gruppensicht sind einerseits Property und Business Interruption. Das zweite grosse Programm deckt das Haftpflichtrisiko. Auch eine Deckung für Directors and Officers (D&O) gehört in dieses Hauptprogramm. Nicht zuletzt sind auch Marine-Versicherungen Teil der Gruppen-Versicherungsprogramme.

In den zentralen Programmen hält Schirmeisen fest, wie viel Risiko der Konzern über den Selbstbehalt der Länder und der Captive LH selber tragen soll und wie viel an den Markt transferiert wird. «Die Gruppen-Versicherungsprogamme sind bindend für die Ländergesellschaften, sodass alle Länder von den umfassenden Versicherungsbedingungen profitieren», erklärt der Head Group Risk Management. «Was wir gleichzeitig einbauen, ist eine Möglichkeit für die Länder, aufgrund des Vertrauens ins eigene Riskmanagement und die eigenen Prozesse und Anlagen einen höheren lokalen Selbstbehalt festzulegen, was sich in der Folge positiv in ihrer Prämienallokation auswirkt.»

Oberstes Kriterium bei einem Versicherungspartner ist für Carsten Schirmeisen der Service. «Ich denke, da haben wir einen recht hohen Anspruch, sowohl was die Qualität als auch den Umfang angeht», hält er fest. LafargeHolcim arbeite in vielen Emerging Markets, wo es mitunterzahlreiche regulatorische Wechsel geben kann. Hier erwarte man eine klare Hilfestellung und Guidance von den Versicherern. «Es ist nicht die Aufgabe von mir und meinem Team zu wissen, was in 80 Ländern auf der Welt passiert. Das ist die Aufgabe des Versicherers und gehört für mich zur Paketlösung.» Für viele möge das selbstverständlich sein, aber aus der Merger-Historie heraus habe er realisiert, dass das nicht überall gleich gelebt werde.

 

Einige Stolpersteine

In puncto Flexibilität sei es aufgrund des Mergers interessant gewesen zu sehen, wie die Versicherer so etwas handhaben. «Wir hatten den Anspruch, bei D&O ab dem ersten Tag eine Lösung bieten zu können», erzählt Schirmeisen. Gleichzeitig seien da Property und Haftpflicht gewesen, zwei wirklich grosse und komplexe Programme. Man entschied, die bestehenden Programme zu verlängern, diese dann gleichzeitig zu platzieren und sie aneinander anzugleichen. «Doch das war kein leichtes Unterfangen. Verträge zu verlängern, die bereits seit zwei bis drei Jahren laufen, wo sowohl der Kunde als auch die Assets bekannt sind und wo sich im Prinzip nichts geändert hat, kann in gewissen Ländern und bei gewissen Versicherungspartnern eine echte Herausforderung sein.»

Da musste Carsten Schirmeisen viel dazulernen. «Aber wir haben es geschafft, die Partnerschaft hat sich dann am Ende durchgesetzt.» Das zeige auch, dass auf Versicherer-Seite nicht immer gleich viel Kundenorientierung da sei. «Alle wussten von dem Merger, alle schrieben darüber, die Zeitungen waren voll, und trotzdem hiess es ‹ja, aber...›», bedauert Schirmeisen. Das sei nicht ganz einfach gewesen. «Flexibilität ist etwas, das man als Gross- oder Industriekunde in einer solchen Situation von seinen Zulieferern verlangen können muss.»

Pragmatische Lösungen suchte Carsten Schirmeisen auch in der Weiterentwicklung einzelner Versicherungsprodukte, als es darum ging, neue Risiken in bestehende Programme reinzunehmen. «Auch da durften wir während der Fusion sehr viel lernen», erinnert er sich. «Wir hatten den Direktvergleich, was in den beiden ehemaligen Konzernen wie gemacht wurde. Daraus konnten wir neue Versicherungsprogramme kreieren, jeweils ein ‹Best of both worlds›.»

 

Noch viel Optimierungspotenzial

Was das Thema Cyber betreffe, so müsse sich der Markt noch etwas öffnen, findet Schirmeisen. Es müsse doch möglich sein, gewisse Cyber-Risiken in die bestehenden Policen zu integrieren, im Bereich Property zum Beispiel als «Non-physical Damage Business Interruption». Zudem schwebt Schirmeisen die Idee vor, dass die Versicherer ihre Daten in das LafargeHolcim-System einpflegen. «So hätten wir alle Daten beieinander und wir müssten uns nicht ständig in neue Module und Programme mit ihren jeweiligen Beschränkungen einarbeiten», ist er überzeugt.

Ähnliche Überlegungen macht sich Schirmeisen in Bezug auf die Effizienz der Systeme. «Wir haben sehr viele verschiedene Risikofelder auf der Welt, wo wir regelmässig Daten erheben müssen. Muss das wirklich einmal im Jahr sein? Kann das nicht weniger häufig geschehen? Und ist das ein Prozess, der zentral gesteuert werden muss oder geht das auch von Ländergesellschaft zu Ländergesellschaft? Also vom lokalen Zweig des Versicherers zum lokalen Zweig von LafargeHolcim?» Er habe das Gefühl, dass die Steuerung über die Zentralen nicht immer der effizienteste Weg sei. Aber eben: Der Merger war unheimlich lehrreich. «Jetzt folgt das Optimieren», freut sich der Chef.

 

Den ganzen Artikel lesen Sie in der März-Ausgabe der «Schweizer Versicherung»