Als Carsten Schloter 2006 CEO der Swisscom wurde, hiess es über ihn, nichts ärgere ihn mehr, als wenn er bei einem Mountainbike-Rennen geschlagen werde. Kein Wunder, absolvierte Schloter doch allmorgendlich auf dem Laufband im Keller seines Hauses zwanzig Kilometer - eine Trainingsdisziplin, die wohl die wenigsten seiner Mitarbeiter oder seiner sportlichen Kontrahenten aufbrachten.

Und komme er einmal nicht zu seinem Lauftraining, sei er tagsüber bisweilen unausstehlich, war aus seinem Umfeld zu hören. Sport sei denn auch die einzige ausserberufliche Tätigkeit, die dem ehrgeizigen Manager neben seinen 14-Stunden-Tagen noch bleibe. Tage, die er praktisch immer ohne Mittagspause durcharbeitete. Tage auch, die mit dem Frühsport bereits um fünf begannen. 

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Doch nicht nur seine sportlichen Ambitionen deckten sich mit dem weit verbreiteten Musterbild des Erfolgsmanagers das sehr an die schematischen Vorzeigebiografien von McKinsey-Adepten erinnerte, auch fachlich kämpfte der neue Swisscom-CEO um die Vorherrschaft. Er kannte jede Kennzahl seines Unternehmensbereichs, keine noch so unbedeutende Neuigkeit entging ihm, das Leistungsprinzip war das Einzige, was er gelten liess.

«Carsten Schloter hat sich allein durch seine Leistung an die Spitze gearbeitet, im Gegensatz zu Jens Alder verfügt er nur innerhalb seines Teams über eine gewisse Seilschaft, und die intensive Netzwerkarbeit seines Vorgängers ist ihm völlig fremd», erzählte einer aus seinem Umfeld damals.

Erstes ausländisches Mitglied in die Konzernleitung

Mit viel Achtung und einer gehörigen Portion Bewunderung sprachen die Mitarbeiter über ihren Chef, auch wenn sie sich durchs Band darüber beklagten, dass er ihnen eher zu wenig Freiraum lasse. Er höre sich zwar alle Vorschläge an, die Entscheidung fälle er aber im Alleingang, was bei seinen Mitarbeitern doch hin und wieder zu Frustration führte. Da er alles unter Kontrolle haben wolle, falle es ihm auch schwer zu delegieren, hiess es. 

2001 war Schloter als jüngstes und erstes ausländisches Mitglied in die Konzernleitung der Swisscom berufen worden. Zuvor hatte der studierte Betriebswirtschaftler und Informatiker für Mercedes-Benz in Frankreich die Telekomtochter Debitel aufgebaut und seit 1992 geleitet. Dass er dann dem zweiten internen Favoriten für die Nachfolge Alders vorgezogen wurde, hing damit zusammen, dass er im Gegensatz zu den Managern der Swisscom-Festnetzsparte nicht als von der Technologie, sondern als vom Marketing angetriebener Manager galt.

Dieser Umstand sei bei der Wahl Schloters im Verwaltungsrat ausschlaggebend gewesen , der intern lange als Kronfavorit gehandelte Festnetzchef Adrian Bult ging leer aus. Als externer Kandidat war überdies noch Urs Fischer im Gespräch, der ehemalige Sunrise-CEO und heutige Chef von Hewlett-Packard Schweiz.

Mühe, sich von der Arbeit abzugrenzen 

Als Chef der Swisscom galt Schloter bis heute als stest innovativ, insbesondere was seinen Führungs- und Arbeitsstil betrifft. So führte er bei der Swisscom etwa ein, dass sich alle Mitarbeiter duzen. Auch hatte er kein eigenes Büro mehr. In Interviews erklärte er dies damit, dass er ohnehin viele Zeit in Sitzungen verbringe. Und dass er dank der modernen Telekommunikation von überall aus arbeiten könne.

Schloter suchte den direkten Kontakt zu den Mitarbeitern. So nahbar wie er war, als so fordern galt er zugleich. Er war eine Führungskraft, welche von seiner Crew sehr viel einforderte.

Selbst hatte er aber offenbar Mühe, sich von der Arbeit abzugrenzen - er stritt nicht ab, ein Workaholic zu sein, und er gab zu, sein Smartphone nicht abschalten zu können, um immer erreichbar zu sein. In einem Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag» sagte er unlängst, dass er immer grössere Schwierigkeiten habe, zur Ruhe zu kommen und das Tempo herunterzunehmen.

Zu wenig Zeit für die Familie

Dennoch war er der Überzeugung, dass der Mensch Momente brauche, an denen er frei von jeder beruflichen und privaten Verpflichtung sei. Und dass zu viele Verpflichtungen jedem die Kehle zuschnürten. «Unter einem solchen Eindruck - dass es weniger Verpflichtungen sein könnten - stehe ich immer noch», sagte er in dem im Mai geführten Interview.

Schloter hinterlässt drei Kinder, seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Der ehemalige Swisscom-Konzernchef räumte nach der Scheidung öffentlich ein, dass er sich zu wenig Zeit für die Familie genommen habe.

Mit Material von sda