Für einen Taucher gibt es sechs Kontinente: Europa, Asien, Afrika, Amerika, Australien und die Unterwasserwelt. Eine Welt, in der die Vielfalt und der Reichtum der Natur noch multipliziert zu sein scheinen, denn alles ist anders und voller Geheimnisse. Eine Welt aber auch, in der man nie völlig heimisch wird. Denn ganz offensichtlich sind wir nicht dazu geschaffen, unter Wasser zu leben. Wir müssen uns einer ebenso lächerlichen wie hinderlichen technischen Apparatur bedienen, um einige Minuten den Rausch der Tiefe zu erleben. Den Fischen muss der Homo aquaticus wie ein plumper, grotesk gerüsteter Tölpel vorkommen, der gelbe Rückenflossen trägt, Luftblasen absondert und in schnell wachsenden Populationen aufkreuzt. Während die marinen Lebewesen mühelos gegen die Strömung schwimmen und mit eleganter Leichtigkeit Hindernissen ausweichen, geraten wir schnell an den Rand der Atemlosigkeit und schlagen mit einer ungeschickten Bewegung gegen das Riff. Nur eines hat der Fisch mit dem Menschen gemeinsam: die Neugier. Deshalb werden respektvolle Taucher nicht nur wunderlich beäugt, sondern manchmal von ganzen Fischschwärmen eingeladen, sich an deren Ballett unter Wasser zu beteiligen. Einen erhebenderen Augenblick gibt es auch für einen geübten Taucher kaum.
Bis es so weit ist, muss man sich Schritt für Schritt an die Unterwasserwelt mit ihren eigenen Gesetzen herantasten. Was dem Anfänger beim ersten Tauchgang auffällt: Tauchen ist nicht, wie Jacques Cousteau einst sagte, «ein Eintritt in eine Welt des Schweigens». Das Geräusch des eigenen Atmens unter höherem Druck wird verstärkt durch die ständig gurgelnden Luftblasen, die aus dem Mundstück entweichen. Dazu scheinen viele Fische grunzende Laute von sich zu geben – zwar abgedämpft für das menschliche Ohr, dennoch tragen sie ihren Teil zum Geräuschpegel bei. Die Stille ist mehr innerlich: Tauchen hat etwas zutiefst Meditatives; die Freiheit der Schwerelosigkeit (ein richtig austarierter Taucher ist im Wasser gewichtslos) und die Begegnungen unter Wasser vermitteln ein Gefühl höherer Glückseligkeit. Taucher bezeichnen die Meere und Ozeane oft als «inner space» und vergleichen ihr Erlebnis mit einem Astronauten, der durch den Kosmos schwebt. Tatsächlich ist es mehr als das: weniger weltfern, eher ein Eintauchen in die eigenen Gedanken und Reaktionen und eine Bestätigung der Schönheit und des immensen Reichtums auf diesem Planeten. Die Mannigfaltigkeit der im Meer beheimateten Geschöpfe ist derart gross, dass kein Taucher hoffen kann, sie jemals alle zu kennen.
Ein halbes Jahrhundert nach der Entwicklung des autonomen Tauchgeräts ist das Tauchen dank hoch entwickelter Technik zu einer der am schnellsten wachsenden Sportarten geworden. Praktisch jeder kann Taucher werden, der sich für das Universum unter der Wasseroberfläche interessiert, eine gute physische Verfassung mitbringt und sich unter Anleitung von erfahrenen Lehrern einer Ausbildung unterzieht. Das Tauchen ist vor allem eine Frage der Technik, die es zu beherrschen gilt.
Der Grundkurs (siehe Kasten «So lernen Sie Tauchen» auf Seite 201) dauert drei bis sechs Tage, dann kann die Begegnung mit dem sechsten Kontinent beginnen. Unter Führung eines Lehrers unternimmt man erste Freitauchgänge im See oder im Meer; in der zweiten Ausbildungsstufe erwirbt man eine gewisse Autonomie und darf zusammen mit anderen Tauchern ohne sonstige Anleitung tauchen. Danach besteht die Möglichkeit, weitere Brevets wie Strömungstauchen, Höhlentauchen, Unterwasserfotografie, Wracktauchen usw. zu erwerben.
Oberstes Gebot des Tauchers ist der Respekt gegenüber der Natur. Einerseits können Fische auch ohne menschliche Zuwendung ganz gut leben. Andererseits ist kein Ökosystem so sensibel wie ein Korallenriff. Sein höchst zerbrechlicher, sehr langsam wachsender Organismus kann schon durch einen Flossenschlag oder die Berührung mit der Hand beeinträchtigt werden. Ebenso schwer wiegend ist das Problem der Schwebeteilchen, die der Taucher mit seinen Flossen aufwirbelt. Die aufgewirbelten Sandteilchen setzen sich auf den Korallen wieder ab und ersticken die Polypen. Multipliziert man diese eigentlich geringfügigen Zwischenfälle mit den Tausenden von Tauchern in einer Region, dann entwickeln sie sich zu ökologischen Katastrophen.

Tipps für die richtigen Tauchgründe
Man muss zwei Arten von Tauchzielen unterscheiden: Destinationen mit voll ausgebauter touristischer Infrastruktur und Destinationen, die sich ausschliesslich für passionierte Tauchfreaks eignen. Grundsätzlich gilt: Die besten Tauchgebiete haben die unattraktivste Hotellerie und umgekehrt. Die Erklärung liegt auf der Hand: Wo die Unterwasserlandschaft am unberührtesten ist, fühlen sich die Fische am wohlsten.
Ein guter Kompromiss für den Genusstaucher sind die Malediven und – wenn Geld keine Rolle spielt – die Karibik. Sehr beliebt, weil nah (vier Flugstunden von der Schweiz) ist das Rote Meer. Durch den stark angewachsenen Tauchtourismus sind die Schönheit und das ökologische Gleichgewicht des Gewässers jedoch in Gefahr. Das Mittelmeer, in dem wohl die meisten Schweizer Taucher ihre ersten Flossenschläge absolviert haben, erscheint auf kaum einer Hitparade der weltweit schönsten Tauchplätze. Das liegt zum einen daran, dass die Fische selten geworden sind, zum andern ist das Mittelmeer in seinem engen Bett anfälliger für Verschmutzung als die offenen Ozeane, die eine grössere Selbstreinigungskraft haben.
Wer den ultimativen Tauchkick sucht, ist gut beraten, sich einem der Spezialveranstalter für Tauchreisen anzuvertrauen. Sie sind es, die Gewähr bieten für die günstigsten Preise und die geeignetsten Destinationen. Meist werden sie von Tauchern für Taucher geleitet und tragen deren kleinen Marotten und Bedürfnissen Rechnung. Sehr gute Noten erhält der zu Kuoni gehörende Spezialist Manta Reisen, dem man wie allen Konkurrenzbetrieben vorwerfen kann, manchmal den verhältnismässig tiefen Preis über eine sehr einfache Beherbergung und Verpflegung in klubähnlichen Einrichtungen zu erzielen. Da der passionierte Taucher nach täglich drei, vier Tauchgängen von rund 40 bis 50 Minuten sowieso nur noch halbtot in die Hotelanlage zurückkehrt, stört das selbst Gäste, die sonst hohe Ansprüche ans Reisen haben, kaum.
Die Pilgerziele der Taucher eignen sich oft weniger für nicht tauchende Begleitpersonen, die in ihren Ferien ein luxuriöses Ambiente in atemberaubender Natur suchen. Bei den grossen Reiseveranstaltern hat man alle Möglichkeiten der Hotelauswahl, aber das Tauchen ist fast immer eine teure Zusatzleistung. Oft muss man zudem eine örtliche Tauchbasis aufsuchen, wo man von den Verantwortlichen nicht ohne anfängliches Misstrauen in die Familie aufgenommen wird. Für stark frequentierte Basen empfiehlt sich die pauschale Buchung auch unter dem Aspekt, als Gast akzeptiert zu werden.
Die Meere und Ozeane bedecken drei Viertel der Erdoberfläche, und so stellen sie eine unerschöpfliche Quelle neuer Entdeckungen dar. An vielen Orten kann man das Universum unter Wasser noch erleben, wie es vielleicht schon vor hunderttausend Jahren war. Der Wunsch, diese Paradiese in ihrer Ursprünglichkeit zu bewahren, spricht wohl auch aus dem Motto seriöser Blue-Water-Diver: «Take only pictures, kill only time, leave only bubbles.»
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