Manche Ideen sind so naheliegend, dass jahrelang keiner drauf kommt – und dann mehrere auf einmal. Das gilt für grosse Erfindungen wie das Telefon (zwischen den Patentanträgen von Alexander Graham Bell und Elisha Gray lagen nur zwei Stunden) oder den Mikrochip ebenso wie für kleinere wie die Büroklammer. Und auch für die Idee, eine Kamera auf Android basieren zu lassen: Nahezu zeitgleich haben Samsung, Nikon und Polaroid (doch, doch, die gibts noch!) entsprechende Modelle angekündigt. Die Nikon S800C schafft es als Erste der drei in die Schweizer Regale.
Das Gerät ist kompakt genug für die Hosentasche, das weisse Plastikgehäuse allerdings vermittelt Billiggefühl. Gefallen haben mir der Zehnfach-Zoom und der Bildstabilisator, weniger die Auslöseverzögerung. Die Bildqualität der 16-Megapixel-Kamera ist in Ordnung. Android ist in der veralteten Version 2.3.3 (auch bekannt als «Gingerbread») implementiert – leider nicht sehr stabil, gelegentliche Abstürze sind die Folge. Dann bleibt nur noch, die Batterie herauszunehmen. Verkrüppelte Display-Anzeigen, die mitten im Satz enden, zeugen ebenfalls nicht von einer sorgfältigen Umsetzung. Apps lassen sich wie beim Smartphone installieren, von Google Maps bis Angry Birds. Via Skype könnte man mit dem Gerät sogar telefonieren. Sinnvoller sind natürlich Fotoapps, die direkt auf die Kamera zugreifen. Hier liegt das USP des Gerätes – faszinierend etwa, Instagramm direkt auf seiner Kamera laufen zu lassen. Schade nur, dass nicht alle Fotoapps die Zoomtasten abfragen.
Ebenfalls praktisch: Dank WLAN überträgt die Nikon die Bilder direkt an Facebook, Picasa und Co. – oder an Smartphones und Tablets. Letzteres funktionierte bei mir jedoch nur mit Android-Geräten, nicht mit iPhone oder iPad. Völlig unverständlich: An den PC kann man nur via Kabel senden. Und das ist auch noch proprietär. Das grösste Ärgernis ist die Batterielaufzeit. Sie reicht für 140 Bilder, sagt Nikon. Ich wäre froh, hätte ich die Hälfte erreicht. Und im WLAN-Betrieb ist der Akku fast schneller leer, als Sie «Kowalskys Crash Test» sagen können. Dass bei meinem Gerät nach ein paar Tagen der automatische Objektivschutz nicht mehr richtig öffnete und schloss, hat das Bild nicht positiver gemacht.
Fazit: Das Konzept ist bestechend und das Potenzial enorm. Nikons Umsetzung befriedigt allerdings nicht. Ich würde mit einem Kauf abwarten und sehen, was andere Hersteller aus der Idee machen.
Nikon S800C
Info: www.nikon.ch
Erhältlich u.a. bei Digitec
Fr. 478.–
Bewertung: ★★
★ Technoschrott ★★ verzichtbar ★★★ nice to have
★★★★ cool ★★★★★ wegweisend