Seit 2007 ist Brady Dougan CEO und damit einer der amtsältesten Bankchefs überhaupt. Nun hat der Amerikaner seine Macht noch einmal eindrücklich manifestiert: Mit dem jüngsten Umbau der Bank hat der 53-Jährige der Credit Suisse seinen Stempel aufgedrückt. Während sich Konkurrent UBS in Zukunft vornehmlich als Vermögensverwalter sieht, will die neue CS weiterhin auch als starke Investmentbank auftreten. In der auf zwei Sparten verkleinerten Bank steht der Bereich gleichberechtigt neben dem Private Banking.

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Es war stets die Meinung von Dougan, dass eine CS unter seiner Führung beides sein könne: ein erfolgreicher Vermögensverwalter und eine Investmentbank, die trotz Risiken langfristig profitabel wirtschaftet. Nicht zuletzt im Bereich Fixed Income, dem Sektor, in dem er selber gewirkt hat. Der Markt glaubt ihm dies bis heute nicht.

Während der UBS-Kurs nach dem jüngsten Umbau in die Höhe schoss, reagierte die Börse auf den CS-Umbau mit Verlusten. Der seit nunmehr zwei Jahren sinkende Kurs ist der Hauptgrund für die intern wie extern wiederholt auftretenden Forderungen nach einer Ablösung des CEO. Doch die ausländischen Grossinvestoren, die auch den Verwaltungsrat prägen, hat Dougan mit seiner Story überzeugen können – und so seine Hausmacht weiter gestärkt.

Die Freunde

Brady Dougans engster Vertrauter ist Finanzchef David Mathers. Sie kennen sich aus gemeinsamen Tagen in der Investmentbank. Während Dougan viel in New York ist, weilt Mathers als eine Art Schweizer Statthalter meist in Zürich – und ist Drehscheibe für die Kostensparprogramme der Bank. An der Schlüsselposition als Co-Chef Private Banking hat Dougan Robert Shafir platziert. Er holte den Ex-Lehman-Banker 2007 persönlich zur CS. Investmentbank-Chef Eric Varvel ist die Verbindung zum Grossaktionär aus Katar, war er es doch, der die Scheiche in der Finanzkrise ins Boot holte. Als Leiter der Region hatte Varvel beste Kontakte. Mit Jassim Bin Hamad Al Thani hat Katar einen Vertreter im Verwaltungsrat. Geprägt vom boomenden Umfeld in Katar, teilt er die in der Schweiz vorherrschende Kritik am Investment Banking nicht. Jüngst gründete die Qatar Holding mit der CS ein Gemeinschaftsunternehmen, das sich an institutionelle Investoren richtet. Gute Kontakte pflegt Dougan zu Investoren aus seinem Heimatland, etwa zu BlackRock von Larry Fink, die der CS bei der letzten Kapitalerhöhung half. Als Fremdkörper in der gestrafften Konzernleitung wirkt die talentierte Marketing-Chefin Pamela Graham-Thomas, die Dougan aus New York kennt.

Die Gegenspieler

Seit der Finanzkrise herrscht eine kritische Haltung gegenüber dem Investment Banking in der Schweiz vor. Die Nationalbank unter Chef Thomas Jordan wird nicht müde, auf die Risiken hinzuweisen. Gegen höhere Kapitalanforderungen wehrte sich Dougan im Sommer, gepusht von CS-Präsident Urs Rohner. Wenig später beschloss Rohner die Kehrtwende und stockte das Kapital doch auf. Ähnlich taktisch agiert der CS-Präsident in strategischen Fragen. Von Rohner wird ein Befreiungsschlag erwartet, um den dümpelnden Kurs zu stärken. Die UBS unter CEO Sergio Ermotti macht dies mit dem Umbau zum Vermögensverwalter vor. Doch die CS-Grossaktionäre lassen sich von Dougan auf bessere Zeiten vertrösten, wodurch Rohner nicht zum Handeln gezwungen ist. Eine Kehrtwende wäre kaum ohne die Auswechslung von Dougan möglich. Als potenzieller Nachfolger gilt Hans-Ulrich Meister, Co-Chef des Private Banking. In der von Amerikanern beherrschten Führungsetage hält er als letzter Schweizer die Stellung an der Front. Doch Dougan erhöhte den Druck auf ihn, sind die Margen in Meisters Sektor doch weiter am Sinken.

Die VR-Connection

Das Konzept von Dougan, der die CS als integrierte Bank mit starkem Investment Banking sieht, soll bei sämtlichen Schlüsselfiguren im Verwaltungsrat Unterstützung finden. Die saudi-arabische Olayan Group, die von Aziz Syriani vertreten wird, seit über dreissig Jahren dabei ist und heute mit rund 17 Prozent bedeutendster Aktionär ist, trug den Aufbruch ins US-Banking von der ersten Stunde an mit. Vizepräsident Peter Brabeck setzt als Chef des Grosskonzerns Nestlé auf globale Finanzdienstleistungen, Ex-CS-Präsident Walter Kielholz baute selber diese Strategie, AIG-Konzernchef Robert Benmosche gilt als ähnlich optimistische Person wie sein amerikanischer Landsmann Brady Dougan, und Richard Thornburgh war früher ebenfalls Investment Banker.

Die Familie

Brady Dougan stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Eisenbahner, wie schon der Grossvater und der Urgrossvater. Aufgewachsen ist er in Murphysboro, Illinois, einem grauen Industriestädtchen in der Nähe von Chicago. Heute hat er einen Wohnsitz in Greenwich bei New York und einen in Erlenbach am Zürichsee. Er ist zum zweiten Mal verheiratet. Seine Gattin Laura Niklason ist Professorin für Biomedizin und Gründerin einer Biotechfirma namens Humacyte in Durham, North Carolina. In der Firma seiner Frau amtet Dougan als Verwaltungsrat. Aus erster Ehe mit einer Japanerin hat er einen Sohn und eine Tochter. Er gilt als Asket, trinkt vornehmlich Cola Zero. Er ist begeisterter Jogger und beginnt den Tag meist vor fünf Uhr morgens mit Laufen.

Die Karriere

Entscheidend für die Karriere von Dougan war Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz, der von 2003 bis 2009 Präsident der CS war. Die beiden kennen sich seit 1994, als Dougan bei der Derivatetochter Credit Suisse Financial Products wirkte. Die Swiss Re, wo Kielholz ab 1993 in der Konzernleitung wirkte, war zu 20 Prozent am lukrativen Vehikel beteiligt. 2004 wurde Dougan für Kielholz zu einem Vertrauten im Kampf um die Neuausrichtung der Bank, die mit der Ausschaltung des damaligen Co-CEO John Mack verbunden war. Kielholz wollte eine integrierte Bank und nur noch einen CEO – Oswald Grübel. Dougan, der als Aktienchef gedient hatte, von Mack aber ins Abseits befördert worden war, verbündete sich mit Kielholz. Der zeigte sich dankbar: Als Mack die Bank verliess, wurde Dougan Chef vom Investment Banking. 2007, als Kielholz einen Nachfolger für Grübel suchte, machte er ihn zum CEO.

Erik Nolmans
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