Es war ein Gerangel bis zur Ziellinie. Zwei Kandidaten standen für den Job des Hotelplan-CEO am Start, am Schluss siegte Thomas Stirnimann (50), der heutige Schweiz-Chef des Reisekonzerns. Der zweite Kandidat, Simon Lehmann, Leiter der auf Ferienwohnungen spezialisierten Hotelplan-Tochter Interhome, blieb auf der Strecke. Der Verwaltungsrat versuchte, den angesäuerten Interhome-Chef mit einem Zückerchen zu halten. Er soll Stellvertreter von Stirnimann werden. Der Personalentscheid hat viele überrascht. Zuerst war Stirnimann allein gesetzt, dann kam Lehmann ins Spiel, weil der VR auf eine Auswahl drängte. Dieser zeigte eine gute Präsentation vor dem Gremium.

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Trotzdem stand am Schluss der führungserfahrenere Stirnimann vorne. Auf den Gewählten warten schwierige Aufgaben. Bei der defizitären Migros-Tochter liegt einiges im Argen. Die Firma muss endlich schwarze Zahlen schreiben. Dafür gilt es vor allem, das schlecht laufende Italien-Geschäft zu sanieren. «Mein Ziel ist es, im Inland erfolgreich zu bleiben und im Ausland erfolgreich zu werden», meint Thomas Stirnimann denn auch vielsagend. Oberste Priorität hat für ihn auch die Online-Strategie, wo Hotelplan ins Hintertreffen geraten ist. Der neue Chef ist optimistisch: «Wir haben ein vielversprechendes Modell fürs Internet in der Pipeline.»

Die Freunde

Einer steht über allen: Hans Lerch. Ohne ihn wäre Stirnimann nicht CEO von Hotelplan geworden. Lerch, derzeit Vizepräsident des Verwaltungsrats und Noch-CEO des Touristikkonzerns, hält seit Jahren seine schützende Hand über seinen Zögling. Die beiden kennen sich aus Kuoni-Zeiten, wo Lerch CEO war und Stirnimann als Schweiz-Chef fungierte. Er gehörte damals zu den «Lerch-Boys», Lerchs Inner Circle. Noch heute ist Stirnimann eng mit Kuoni-Leuten verbandelt. In erster Linie mit Max Katz, Ex-Finanzchef und neu Vögele-VR. Mit ihm verbindet ihn auch die Liebe zum Wein. Die beiden sind Teil eines Kreises, der sich regelmässig zu Wein-Degustationen trifft. Unter anderem ist auch Vontobel-Analyst René Weber dabei. Aber auch Gianni Moccetti, Retail-Verantwortlicher von Kuoni Schweiz, sowie Walter Brüllhardt, Ex-Badechef Kuoni, heute Hotelplan Suisse (Chef Beach Holidays), zählen zu seinen Freunden. Nähe wird Stirnimann zu Frank Baumann, Direktor des Arosa Humor-Festivals, sowie zu Charly Kistler, CEO der Charterairline Edelweiss, nachgesagt. Viel verdankt Stirnimann dem früheren Kuoni-Kollegen Peter Diethelm. Dieser baute die Kuoni-Tochter in England auf und wirkte später als Investor. Gemeinsam kauften Diethelm und Stirnimann 2005 die Spezialistengruppe Travelhouse, um sie bereits 2006 für geschätzte 55 Millionen Franken der Migros zu verkaufen. Stirnimann selbst, der so seine Hotelplan-Karriere startete, soll dabei zehn Millionen gelöst haben.

Die Gegner

Kuoni-Chef Peter Rothwell ist der Platzhirsch der Touristikbranche. Mit dem Zukauf des Online-Spezialisten Gullivers Travel katapultierte sich der Konzern in eine andere Liga als Hotelplan. Vergessen ist auch die von Lerch einst angestrebte Fusion von Kuoni mit Hotelplan. Zu ungleich ist heute das Kräfteverhältnis. Ambivalent ist die Beziehung zu Tui-Suisse-Chef Martin Wittwer. Als Kuoni zusammen mit Tui Aktionär von ITV resp. Tui Suisse war, sass man gemeinsam im Boot. Stirnimann war damals Verwaltungsrat im Joint Venture. Heute jagen sie denselben Kunden nach. Privat trifft man sich ab und zu für ein FCZ-Spiel. Übers Kreuz ist Stirnimann mit Ex-Hotelplan-CEO Christof Zuber, der einen unschönen Abgang hatte. Auch der frühere Hotelplan-Chef Claus Niederer hält wenig von Stirnimann. Im Hotelplan-Verwaltungsrat sind Stirnimann nicht alle wohlgesinnt: Migros-Finanzchef Jörg Zulauf nervt sich noch immer über den überrissenen Preis für den Kauf von Travelhouse, mit der man sich primär Probleme einhandelte. Migros-Handelschef Dieter Berninghaus soll gemäss Branchenblatt «Travel Inside» für Lehmann votiert haben.

Die Reisebüro-Connection

Stirnimann ist ein fleissiger, gezielter Netzwerker. Für die Branche engagiert er sich im Vorstand des Reisebüro-Verbandes SRV («Der Nachwuchs liegt mir am Herzen»). Dort pflegt er engen Kontakt zu Geschäftsführer Walter Kunz, mit dem er privat Töff fährt. Im SRV-Vorstand trifft er auch auf Branchenkonkurrenten wie Globetrotter-CEO André Lüthi. Zum Strahlemann, der sich medial gut inszeniert, hat Stirnimann aber ein distanziertes Verhältnis. Auch mit Kuoni-Konzernleitungsmitglied Stefan Leser, ebenfalls im SRV engagiert, hat er das Heu nicht auf derselben Bühne. Ein treuer Weggefährte ist dagegen Kataloglogistiker Markus Flühmann.

Die Karriere

Stirnimann hat eine Karriere hinter sich, wie man sie heute nur noch selten sieht. Er absolvierte 1978 eine kaufmännische Lehre bei Kuoni, wo er 25 Jahre arbeitete. Er stieg in den neunziger Jahren sukzessive die Leiter hoch, bis er 1999 zum Generaldirektor von Kuoni Schweiz und Konzernleitungsmitglied ernannt wurde. Als Hans Lerch bei Kuoni nach einem Machtkampf als Chef abtrat, galt Stirnimann als Kronfavorit für die Nachfolge. Schliesslich wurde aber Armin Meier gewählt. Stirnimann stieg als Mitbesitzer und Chef der Spezialistengruppe Travelhouse ein – zusammen mit Ex-Kuoni-Mann Peter Diethelm. Kurze Zeit später ging Travelhouse an die Migros – und die Ex-Besitzer machten Kasse. 2008 avancierte Stirnimann im Zug der Integration von Travelhouse zum CEO Hotelplan Suisse. Ab November erfüllt er sich als Hotelplan-CEO seinen Traum, an der Spitze eines namhaften Reisekonzerns zu stehen. Dass mit Simon Lehmann sein direkter Konkurrent nun sein Stellvertreter wird, empfindet er nicht als Problem. «Ich sehe das sportlich und freue mich, weiter auf das Know-how von Simon Lehmann zählen zu dürfen.»

Die Familie

Sein Privatleben hält Stirnimann bedeckt. Der 50-jährige Manager ist seit langem mit der Italienerin Filomena Stirnimann-Lubreglia verheiratet. Die beiden haben zwei Töchter, die beide ins Gymnasium gehen. Filomena Stirnimann arbeitet hobbymässig als Inneneinrichterin und bewirtschaftet das Zuhause in Rüschlikon ZH. Stirnimann ist ein grosser ZSC-Lions-Fan. Seit er in Arosa eine Ferienwohnung hat («unser Family Retreat»), fehlt ihm aber die Zeit fürs Eishockey. Mittags joggt er gerne mit den Hotelplan-Kollegen Kurt Eberhard (Touroperating Specialist) und Markus Glesti (CFO). In den Ferien (Lieblingsdestination: Griechenland) darfs auch einmal eine Runde Golf (Handicap 28) sein. Zum 50. Geburtstag leistet sich Stirnimann einen Spanien-Trip mit Freunden auf der Harley.