Seit in Stuttgart-Untertürkheim Gorden Wagener den Stift der Designabteilung führt, hat Mercedes schon mehrere höchst ansehnliche Sternenkreuzer auf die Strasse gestellt. Doch die GT-Sportwagen der Konzerntochter AMG, traditionell für Scharfgemachtes zuständig, schlagen optisch ihre Brüder noch um Längen: freche, selbstbewusste Front, elegant-sportliches Heck, dynamisierte Seitenansicht dank riesiger Radhäuser.
 
Gedanklicher Stammvater des Ganzen war sicherlich der von 2009 bis 2014 gebaute Supersportler SLS AMG – aber selbst diese feingliedrige Schönheit verblasst ein wenig gegen den GT. Der ist kräftiger im Auftritt, brachialer, doch seine Linien fügen sich harmonisch. «Eier, wir brauchen Eier», forderte Torwartlegende Oli Kahn, ein Meister des klaren Ausdrucks, einst von seinen Bayern. Wer noch sucht: Dieses Auto hat welche.

Mehr als Show

Nun weiss der Autohändler schon längst: Wer Sportwagen fahren, aber nicht auffallen will, kauft einen Aston Martin oder Porsche 911, wer auffallen will, den Audi R8, wer sich aufdrängen will, einen Lamborghini. Der AMG GT gehört hier in die mittlere Gruppe, auch preislich schwingt er nicht obenaus, wiewohl wir natürlich unverkennbar von einem Auto für die «happy few» reden.
 
Und der GT C hat mehr als Show zu bieten: Er fährt sich etwas hart, aber umso präziser, lenkt sauber und knochentrocken in Biegungen ein, unterstützt von einer famosen Hinterachslenkung, die in engen Kurven quasi den Radstand verkürzt. Er fühlt sich trotz «Front-Mittelmotor» (die Maschine sitzt vorn, aber zwischen den Achsen) stets etwas hecklastig an und beschleunigt derart brutal, dass im Umgang mit dem Gaspedal immer Zeit für Zärtlichkeit angesagt ist. Aber so will man es im Sportwagen ja auch haben. Die Keramikbremse vernichtet stramm jede überschiessende Energie. Wem das dennoch zu viel ist, der findet in der GT-Modellreihe zwei minimal zahmere Varianten.

Nettes Gimmick

Innen geht es hingegen edel zu. Lässt man elektrisch die Mütze fallen, zieht es Fahrer oder Fahrerin trotzdem nicht den Scheitel aus der Spur, die Oberflächen sind fast alle geschäumt, das oft übliche Hartplastik hat sich verabschiedet bis auf die Knöpfe und Schalter am Lenkrad; aber ohne dieses Cockpit-Feeling geht es wohl inzwischen nicht mehr. 
 
Ein nettes Gimmick ist dafür der Bildschirm, den Mercedes wie ein Tablet oben in die Mittelkonsole geklemmt hat. Dass der Kofferraum des Zweisitzers maximal als Taschenverstaukabuff durchgeht – geschenkt. Wer Transportkapazität braucht, fährt nicht AMG GT C oder leistet sich zusätzlich einen Kombi. Darin kann er dann noch viel mehr Eier spazieren fahren.
 
Mercedes-AMG GT C Roadster 
Antrieb: 4-Liter-V8-Biturbo-Benziner
Verbrauch: 11,4 Liter Super Plus
Leistung: 557 PS (410 kW)
0–100 km/h: 3,7 s
Vmax: 316 km/h
Preis: ab 188'796 Franken
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Dirk Ruschmann
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