Es ist ein Wahnsinnsplan: Eine kanadische Firma will einen Lift bauen, der Astronauten direkt ins All befördert. 20 Kilometer soll sich dieser Aufzug in den Himmel recken. Er wäre damit 24 Mal so hoch wie das bislang höchste Gebäude der Erde. Die Idee dahinter ist: Der Start in den Weltraum mittels Rakete ist teuer und umständlich. Besonders der erste Abschnitt erfordert viel Kraft und damit auch Brennstoff. 20 Kilometer weniger Weg zu überbrücken, wäre ein deutlicher Unterschied. Die kanadische Firma Thoth Technologies, von der die Idee stammt, rechnet mit einer Einsparung von 30 Prozent.

Soweit, so vernünftig. Das Patentamt hat die Idee in den USA denn auch akzeptiert, wie kanadische Medien berichteten. In Grossbritannien besitzt die Firma ebenfalls ein Patent, ein weiteres ist in Kanada in Vorbereitung. Doch wer die Pläne des Unternehmens studiert, dem offenbart sich, wie utopisch das Vorhaben ist.

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Lift soll auf einen Fünftausender aufsetzen

Der erste Schritt des Projektes ist wohl der einzig machbare: Für die nächsten fünf Jahre ist erstmal ein 1,5 Kilometer hoher Prototyp des Megaturms geplant. Dann wird es fantastisch: Als nächster Schritt, in etwa zehn Jahren, soll eine 15-Kilometer-Version entstehen. Um auf die geplante Endhöhe von 20 Kilometern zu kommen, wollen sich die Erbauer einen Teil des Weges sparen: Der Lift soll auf einem Fünftausender aufsetzen. Wie auf einem so hohen Berg Bauarbeiten möglich sein sollen, darüber schweigen sich die Planer aus.

Um noch einmal die Dimensionen des Lifts deutlich zu machen: Das bisher höchste Gebäude der Welt ist der Burj Khalifa in Dubai mit 829,8 Metern Höhe. Der gigantische Wolkenkratzer erreicht gerade einmal 4 Prozent der geplanten Höhe des Weltalllifts.

Immerhin, Thoth Technologies hat ein Konzept präsentiert, wie ein solcher Megabau denkbar wäre. Aufeinandergestapelte Ringe aus Kevlar sollen die nötige Höhe möglich machen. Kevlar ist ein besonders widerstandsfähiger Kunststoff, der zum Beispiel für Schutzwesten oder im Flugzeugbau benutzt wird. Gefüllt werden sollen diese Ringe mit Wasserstoff oder Helium, was ihnen Auftrieb verleiht. Die einzelnen Bauelemente sollen zudem wie Kreisel rotieren und dem Bauwerk so Stabilität verleihen.

Bisheriger Liftrekord liegt bei 504 Metern

Neben der Rekordhöhe ist auch die Lifttechnik selbst eine Herausforderung. Herkömmliche Fahrstühle stossen bereits an ihre Grenzen – ab einer bestimmten Höhe können die stählernen Trägerkabel ihr Eigengewicht nicht mehr stemmen. Das heisst: Moderne Hochhausprojekte können nicht unendlich in die Höhe wachsen, weil die Aufzugtechnik es nicht zulässt.

Der bisher längste Lift befindet sich im Burj Khalifa, er misst 504 Meter. Der finnische Hersteller Kone will 2018 mit 660 Metern einen neuen Rekordlift in Saudi Arabien bauen. Neun Jahre nach Inbetriebnahme des Burj-Kalifa-Lift würde damit der Rekord um etwa 150 Meter verbessert. In der Schweiz gab es sogar schon einmal ein ehrgeizigeres Projekt: Der Lift Porta Alpina im Gotthardmassiv hätte 800 Meter hoch werden sollen. Doch das Vorhaben ist gescheitert.

Neuartiges Material und Technik wäre nötig

Wenn moderne Aufzüge nicht mehr höher hinaus können, ist klar: Ein 20-Kilometer-Aufzug wäre mit Stahlseilen nicht möglich. Selbst die fortschrittlichsten Entwicklungen bewältigen nur einen Bruchteil der Strecke. Kone entwickelte die UltraRope aus einem Kohlefaserkern. Damit sollen Höhen bis 1000 Meter bewältigt werden können. Das reicht aber noch lange nicht.

Der Weltall-Lift soll deshalb nach Idee der Erfinder auch nicht an einem Kabel in die Höhe gehievt werden, sondern mittels Klauen und Rollen in spiralförmigen Bewegungen selbst hochklettern – wegen der Aussicht gerne aussen am Gebilde, aber aus Sicherheitsgründen, wie Thoth schreibt, wohl eher innen. Denn es gibt einen Grund, den Erbauern die Daumen zu drücken: Gelingt das Projekt, sollen den Aufzug nicht nur Astronauten nutzen. Auch Touristen sollen mit dem Lift in die Höhe fahren und von einer Plattform an der Spitze  eine völlig neue Sicht auf die Erde bekommen.