Wir reden alle gerne immer öfter über Nachhaltigkeit, ein Riesen-Trendthema also, das viel Aufmerksamkeit erhält, und egal ob in Politik oder Ökonomie – es zieht auch eine Menge Geld an. Doch was ist das überhaupt, die Nachhaltigkeit? Was steckt dahinter und wohin geht die Sustainability-Reise?

Sicher ist: Nachhaltigkeit ist alles andere als ein neues Phänomen. Im Kern geht es darum, nur so viel zu verbrauchen, wie wir auch langfristig zur Verfügung haben. Kein Wunder, dass die Forstwirtschaft mit dem Nachhaltigkeitsbegriff seit rund 300 Jahren vertraut ist. Das Motto: Schlage nur so viel Bäume und nutze so viel Holz, wie nachwächst. Alles andere ist eben nicht nachhaltig.

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Heutzutage umfasst die Debatte so gut wie alle Themenfelder: Es geht vom Klima über Energie, Verpackungen, Lebensmittel bis hin zum Banking. Inklusive sind die Umwelt, die Ökonomie und soziale Aspekte. Alles gehört irgendwie zusammen und soll bestenfalls auch im Einklang sein. Ebenso gibt es viele Buzzwords zur Nachhaltigkeit:

Netto null

Der Netto-null-Anspruch besagt: Es gibt zwar noch klimaschädliche Emissionen, doch diese werden dadurch ausgeglichen, dass eine entsprechende Menge von Treibhausgasen entfernt wird, sei es zum Beispiel durch das Speichern von Treibhausgasen in Pflanzen oder im Boden. Wenn wir etwa weiter per Flieger unterwegs sind und viel CO₂ in die Atmosphäre blasen, kann man den Ausstoss an Treibhausgasen durch Finanzierung von Klimaschutzprojekten senken.

Es geht also darum, ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen der Menge der produzierten Emissionen und jener der entzogenen Emissionen in der Atmosphäre, um die globale Erwärmung zu stoppen. Wie das alles funktionieren soll, darüber streiten Nationen und ihre Vertreter, wenn sie an Klimakonferenzen zusammenkommen. So lautet das 2-Grad-Ziel, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf weniger als 2 Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung zu begrenzen.

Das 1,5-Grad-Ziel ist entsprechend ambitionierter. Unter das Netto-null-Thema fallen auch Aspekte wie die Dekarbonisierung, also das Bestreben, aus verschiedenen Industrien und Sektoren Kohlendioxid zu eliminieren. Ein Beispiel: Die Dekarbonisierung im Energiesektor würde bedeuten, statt Kohlekraftwerke erneuerbare Quellen wie Sonne und Wind zu forcieren. Das Netto-null-Thema ist eine holistische Herangehensweise, statt nur in einem Bereich zu versuchen, CO₂ einzusparen.

Grüne Finanzierung

Die nachhaltige Finanzwirtschaft (ebenso kursieren Begriffe wie Green Financing oder Sustainable Financing) erhält besonders viel Aufmerksamkeit. Auch wenn manche Finanzinstitute gerne betonen, sie seien schon seit Jahrzehnten in diesem Geschäft aktiv und das alles sei gar nicht neu für sie.

Die Debatte zum grünen Geldanlegen umfasst nicht nur die Tatsache, dass neue Klimaprojekte sehr hohe Investitionen benötigen und daher viel Kapital in diesen Bereich fliesst, sondern auch, dass Anlegerinnen und Anleger (dabei ist egal, ob als Private oder als mächtige Grossinvestoren) ihr Vermögen grüner und nachhaltiger anlegen. Sie wollen in bestimmte Firmen oder Branchen nicht mehr investieren, weil sie aus Nachhaltigkeitsgründen nicht einverstanden sind. Sie lehnen es zum Beispiel ab, etwas mit Minenproduzenten zu tun zu haben, oder sie wollen weg von Anbietern, die mit fossilen Brennstoffen ihr Geschäft machen.

In solchen Branchen wächst nicht nur der politische und gesellschaftliche Druck. Auch könnten dort bald die Gewinne sinken. Zwar argumentieren Kritiker, dass das grün-nachhaltige Anlegen nur ein Hype sei, der Banken und Co. höhere Margen verspreche. Doch viele Grossinvestoren und Fondsanbieter, Pensionskassen und Versicherer setzen auf ESG-(Environmental-, Social- und Governance-)Kriterien sowie SRI (Socially Responsible Investing) und sorgen für einen Transformationsprozess, indem sie viel Kapital bereitstellen, sodass sich innovative und nachhaltige Technologien durchsetzen.

Eine Herausforderung, die nicht nur im Finanzsektor bleibt: Was konkret heisst grün und nachhaltig? Wie und wann ist es lediglich Greenwashing? Und vor allem: Wie genau messen wir, ob und wie ein Unternehmen nachhaltig ist? Darüber gehen die Meinungen und die Berechnungsmethoden oft auseinander.

Kreislaufwirtschaft

Produziert, benutzt und weggeworfen: So sieht häufig der Alltag für viele Produkte aus. Das führt zu einem unnötigen Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen, einer ineffizienten Ressourcennutzung und einem Müllproblem. Die Idee also: Mithilfe einer Kreislaufwirtschaft Produkte langlebiger zu machen, schonender mit Ressourcen umzugehen und dafür zu sorgen, dass es am Ende zudem ein gutes Recycling-System gibt.

Die Zukunft – hier lesen Sie mehr zum Thema

Im Podcast «Handelszeitung Insights» sprechen Tim Höfinghoff sowie der Futurist, Buchautor und Berater Gerd Leonhard darüber, warum so viele Menschen Zukunftsangst haben.

Ausserdem geht es darum, welche Rezepte und Ideen es braucht für Mitarbeitende und Firmen, um besser für die nächsten Herausforderungen gewappnet zu sein.Ebenso erklärt Leonhard, welche Trends tatsächlich von Bedeutung sind und warum wir eher mit einer «good future» rechnen können – und weshalb es für uns wichtig ist, hybrides Denken zu praktizieren.

Das Thema Nachhaltigkeit soll integriert sein in den kompletten Lebenszyklus. Das alles gilt nicht nur für Produkte wie etwa Mobiltelefone, die wir gerne nach zwei Jahren schon austauschen, obwohl sie viel länger nutzbar wären. Es ist auch übertragbar auf alle anderen Bereiche und Waren wie etwa auf Lebensmittel, um Foodwaste zu vermeiden. Es gibt Schätzungen, dass rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel ungenutzt im Müll landet.

Umso mehr finden in der Kreislaufwirtschafts-Thematik viele Innovationen statt und sie greift in viele Lebensbereiche ein, die davon bisher nicht tangiert waren. Das Zero-Waste-Konzept strebt sogar die Vermeidung sämtlicher Abfälle an – das ist in vielen Lebensbereichen allerdings immer noch eine Utopie.

Biodiversität

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Nachhaltigkeitsdebatte ist das Thema Biodiversität: Es geht um die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Aus mehreren Gründen: So erhöht die biologische Vielfalt nicht nur unsere Lebensqualität; sie ist auch für die Erhaltung des menschlichen Lebens unabdingbar, zumal wir auf die Natur angewiesen sind. Sei es zur Lieferung von Nahrung oder Wasser, aber auch von Holz zum Bau. Ein Beispiel: Die Gefährdung von Bienen hat grosse Auswirkungen – Bienen bestäuben 70 Prozent von etwa 100 verschiedenen Pflanzenarten, die 90 Prozent der Weltbevölkerung ernähren.

Tim Höfinghoff
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