Mit Thomas Jordan hat der Bundesrat einen Mann zum neuen Nationalbankpräsidenten ernannt, der als ruhiger Akademiker gilt. Der 49-Jährige hatte seit dem Rücktritt Philipp Hildebrands ad interim den Vorsitz im SNB-Präsidium.

Jordan, der seit 2010 Vizepräsident der SNB ist, wurde nach Hildebrands Abgang als Favorit für dessen Nachfolge gehandelt. An seinen Fähigkeiten zweifelt praktisch niemand. Die «Financial Times Deutschland» etwa betitelte Jordan als «das Gehirn der Zentralbank». Im dreiköpfigen SNB-Direktorium sei der grossgewachsene Notenbanker schon unter Hildebrands Führung "der wahre Entscheider" gewesen.

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Für die «Neue Zürcher Zeitung» bringt Jordan «als ausgewiesener Geldpolitiker das notwendige Rüstzeug» mit, wie diese im Januar schrieb.

Anders als Hildebrand gilt Jordan nicht als Charismatiker, sondern als Macher. Doch obwohl Jordan des Scheinwerferlicht scheut, ist er kein Unbekannter. Er gehörte beispielsweise der Expertenkommission des Bundes zum «Too big to fail»-Problem an, wo er die SNB vertrat, und trieb die Verschärfung der Regulierung der Grossbanken voran.

Beim Stabilisierungsfonds «StabFund», mit welchem die SNB vor rund drei Jahren faule und illiquide Papiere der UBS übernahm, ist Jordan Verwaltungsratspräsident.

Weisse Weste

Der Weg an die Spitze der SNB wurde für Jordan definitiv freigeräumt, als eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG im Auftrag des Bankrats ihm eine weisse Weste bescheinigte, was private Finanztransaktionen angeht. Dies, nachdem sein Vorgänger Philipp Hildebrand wegen umstrittener Devisengeschäfte seiner Frau zurückgetreten war.

Bei der SNB ist Jordan schon seit 1997 tätig. Damals trat er als wissenschaftlicher Berater der SNB in Zürich ein. 2002 wurde ihm die Leitung der Organisationseinheit Forschung übertragen.

Per Mitte 2004 ernannte der Bundesrat Jordan zum Stellvertretenden Mitglied des Direktoriums. Er leitete den Bereich Finanzmärkte im III. Departement (Geldmarkt- und Devisenoperationen, Asset Management, Risikomanagement und Finanzmarktanalysen).

2007 wurde Jordan zum Mitglied des SNB-Direktoriums und Vorsteher des III. Departements (Finanzmärkte, operatives Bankgeschäft und Informatik) ernannt. Per Anfang Januar 2010 wählte ihn der Bundesrat zum Vizepräsidenten des Direktoriums und Vorsteher des II. Departements (Finanzstabilität, Bargeld, Finanzen und Risiken) in Bern.

In Bern Wirtschaft studiert

Jordan studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bern. 1993 promovierte er mit einer geldpolitischen Dissertation. Jordan soll schon damals die heute aktuellen Probleme der Eurozone vorausgesehen haben.

An der Harvard University in den USA verfasste Jordan seine Habilitationsschrift. 1998 folgte die Ernennung zum Privatdozent und 2003 zum Honorarprofessor an der Universität Bern. Zwischen 2002 und 2007 nahm er einen weiteren Lehrauftrag zur Geldpolitik an der Universität Zürich wahr. Jordan ist verheiratet und Vater zweier Söhne.

Beobachter erwarten mit dem neuen Mann an der SNB-Spitze keine Kursänderung der Nationalbank. Jordan selbst betonte nach dem Rücktritt Hildebrands vor den Medien, die SNB werde an ihrer Geldpolitik festhalten. Dazu gehöre, dass die Untergrenze für den Euro-Franken-Wechselkurs bei 1,20 Franken zum Euro bleibe.

(aho/laf/awp)