Sie war eine der Schlüsselfiguren der Dichterclique, die sich um 1800 in Heidelberg formierte und den Siegeszug der romantischen Bewegung vorbereiten half. Leider ging sie wenig später, im zarten Alter von 26 Jahren, ins Wasser. Was ihrem Nachruhm ziemlich abträglich war: Karoline von Günderode ist heute nur noch als Brief- und Herzensfreundin berühmterer Geister jener Zeit lückenhaft aktenkundig. Umso glücklicher wäre sie wohl zu wissen, dass ihr gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wieder mal eine germanistische Lizenziatsarbeit gewidmet ward. Autorin: Catherine Mühlemann, damals eingeschrieben an der Universität Bern.

«Ich wollte meine Abschlussarbeit einem Thema widmen, zu dem nicht schon tonnenweise Sekundärliteratur bestand», sagt Mühlemann heute. Sie hat Profil in der Nische gesucht. Und genau das sucht und findet sie bis heute. Bloss nicht mehr als Germanistin. Sondern, seit sie beruflich tätig ist, als Analytikerin, Erfinderin, Planerin und Leiterin von Fernsehprogrammen.

Während der Studienzeit verdiente sie sich die Lebenskosten mit einem Job beim Forschungsdienst des Schweizer Fernsehens DRS. Zahlen beigen – ein guter Ausgleich zum Ungefähren, das literarischen Studien eigen ist. Sie machte das so gut, dass ihr die SRG anbot, die Forschungsabteilung zu übernehmen. Sie griff zu und lernte, dass der kreative Impetus von Programmschaffenden zum Schluss stets eine nüchterne Quittung erhält: Akzeptanz, in Marktanteilen fassbar.

Mit ihrer zupackenden Art empfahl sich Catherine Mühlemann an höheren Stellen und wurde bei Fernsehen DRS Programmreferentin mit dem Auftrag, das zweite Programm SF 2 zu entwickeln. Sie lieferte ein Gesellenstück ab, das einer weiteren internen Karriere gewiss dienlich gewesen wäre. Aber dann hörte sie von TV 3 und kam mit den Initianten dieses Senders ins Gespräch. Als Programmplanerin heuerte sie an, verhalf dem jungen Privatsender mit den Reality-Shows zu erstaunlichen Beachtungswerten und empfindet es heute nicht als persönliche Niederlage, dass TV 3 mittlerweile nur noch Geschichte ist.

Mit ihrem neuen Job bei MTV Germany hat Catherine Mühlemann die Szenerie radikal gewechselt. Viacom, Eigentümer des Labels MTV, ist der weltweit drittgrösste Kommunikationskonzern, MTV ein international etabliertes Format. Aber natürlich steht Mühlemann auch als Verantwortliche für die MTV-Aktivitäten in den deutschsprachigen Ländern in einem gnadenlosen Wettbewerb. Dem wichtigsten Mitbewerber – dem Popsender Viva – hat sie in dem knappen Jahr, in dem sie an der Spitze von MTV Germany steht, schon ordentlich den Schneid abgekauft. Vor allem, indem sie VH-1, den zweiten deutschen Musiksender von Viacom, unter dem neuen Namen MTV 2 Pop und mit neuem Programm- und Vertriebskonzept auf einen ums 15fache erhöhten Marktanteil hochtrieb. Zugleich hat sie im ersten Jahr den Betrieb reorganisiert («wir sind heute zwar weniger Leute, aber das Klima ist sogar besser geworden») und die Cross-Media-Aktivitäten überprüft und verschlankt («unsere Website arbeitet ab diesem Jahr profitabel»).

Als nächste Aufgaben nennt Catherine Mühlemann die strategische Konsolidierung und die Zentralisierung der MTV-Teams, die bisher an vier verschiedenen Orten in Deutschland arbeiten. Catherine Mühlemann hat als TV-Managerin Oberwasser. Nicht nur das unterscheidet sie von Karoline von Günderode.
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