Das amtliche Kennzeichen am Heck des Falcon-2000-Jets signalisiert den permanenten Wunsch des Eigners: D-BEST. Der Beste sein will Heinz G. Baus. Als Gründer und Besitzer der multinationalen Heimwerkerkette Bauhaus mit mehr als 185 Filialen und über 12 000 Beschäftigten in zehn Ländern, als Kreateur und Betreiber des Badezimmerausstatters Duscholux mit gegen 3000 Mitarbeitenden. Umgerechnet fast fünf Milliarden Franken Umsatz dürfte der ebenso trickreiche wie publizitätsscheue Versteckspieler in seinem verschachtelten Imperium einsammeln. Exakte Zahlen verschweigt er. Sicher ist nur: Die Geldströme lenkt der Patron diskret in eidgenössische Depots. Gegen fünf Milliarden Reingewinn dürften sich im Laufe der Zeit angesammelt haben – mindestens –, und dies nahezu steuerfrei, weil Baus, der in der BILANZ-Liste der 300 Reichsten mit einem Vermögen von vier bis fünf Milliarden Franken geführt wird, seine Firmentöchter früh blickdicht und unangreifbar unter Schweizer Dächern verankerte. In der Eidgenossenschaft überwies Baus den Steuervögten bloss lächerliche Summen. Bei seinem zuletzt deklarierten Einkommen von 48 300 Franken und einem angeblichen Minivermögen von 1,1 Millionen Franken hatte Baus in Thun eine persönliche Steuerrechnung von weniger als 13 000 Franken.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Als die Finanzverwaltung darob beim Herrn der Heimwerker nachbohrte, löste der Rechenkünstler das sich abzeichnende, womöglich kostspielige Problem auf eigene Gutsherrenart: Baus machte den Abflug, überliess das Quartier in der Thuner Wart amtlich allein der Gemahlin und Mutter seiner Kinder, der gerade 63-jährigen Heidegret Baus-Greulich. Offiziell residiert der Dauerflüchtling mit deutschem Pass nun im Nobelquartier Les Ligures an der Rue Honoré Labande im ausgewiesenermassen steuergnädigeren Fürstentum Monaco. Damit erübrigt sich fürderhin eine persönliche Deklaration im Kanton Bern. Was den Emigranten aber nicht hindert, mit schöner Regelmässigkeit seinen Privatjet auf der Piste in Belp aufzusetzen und auch weiterhin die Vorzüge der Schweiz zu geniessen. «Heinz Baus ist uns sehr, sehr lieb», lobt Berns Flughafenchef Charles Riesen, denn: «Die Bauhaus-Gruppe spielt für uns eine wichtige Rolle als Kunde.» Der 71-jährige Hobbypilot muss den Steuerknüppel neuerdings überwiegend anderen überlassen. «Er ist gesundheitlich nicht so sehr auf dem Damm», beobachtet Riesen.

Da stellt sich die diskrete Frage einer Nachfolgeregelung. Sohn Bernd Baus gilt als Fachmann für elektronische Datenverarbeitung, allerdings ohne Führungserfahrung, denn das Führen überlässt der Patriarch niemandem. Auf dem Papier gibt es jede Menge Geschäftsführer. Wie entbehrlich selbst vermeintlich unersetzbare Topmanager sind, beweist der oberste Befehlshaber bisweilen auf makabre Art. Über Nacht lässt er Bürotürschlösser austauschen. «Er geht mit Menschen nicht zimperlich um», untertreibt ein Branchenbeobachter.

Trotz anmassendem Patriarchat und der Fiskalphobie macht sich Baus in und um Thun und Bern Belp durchaus verdient. Seit seinem Landgang am Thunersee Mitte der sechziger Jahre hat er bei etlichen Bauhaus-Ablegern und dem Sanitärausstatter Duscholux Hunderte von Arbeitsplätzen eingerichtet. Die Schweiz bleibt auch nach seinem deklarierten Zügeln ans Mittelmeer Schaltzentrale und Nebenwohnsitz. Der persönliche Quartierwechsel öffnet gar zusätzliche Expansionsmöglichkeiten.

Bauhaus-Verkaufsgeschäfte in der Schweizer Wahlheimat kündigte der sprunghafte Konzernarchitekt im zurückliegenden Jahrzehnt zwar wiederholt an, liess die Pläne dann aber genauso regelmässig wieder in der Schublade verschwinden. Steuergeschenke nämlich gibt es hierzulande nur für jene Ausländer, die in der Schweiz eben nicht direkt zu Werke gehen.

Wieso dann der Betrieb von Duscholux an der C.-F.-L.-Lohner-Strasse in Gwatt-Thun nie zur persönlichen Steuerpflicht führte? Die laut eigener Beschreibung «international operierende Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in der Schweiz» gehört Baus eben offiziell gar nicht.

Duscholux-Verwaltungsratspräsident Jean Wagener weist die richtige Spur: Er schwebt aus seiner Heimat Luxemburg ein. Im ebenfalls verschwiegenen Grossherzogtum unterhält Baus vernebelnd Dépendancen wie eine Bauhaus Investments. Eine Vorschaltgesellschaft aus Luxemburg kann mühelos Einblicke auch bei Schweizer Firmen verhindern, tatsächliche Besitzverhältnisse verschleiern, so wie eine beschlagene Duschtür den Durchblick behindert.

Auskunft geben könnte Heinz Scholl aus Gwatt-Thun, einer der besten Baus-Kenner. Der mit ebenfalls 71 Lebensjahren gleichaltrige Lieferant für Glasereibedarf geschäftete nämlich jahrzehntelang nebenbei als Statthalter des Duscholux-Nebenerwerbsfabrikanten Baus. «Ich spreche nicht über jemanden, mit dem ich seit 35 Jahren befreundet bin», mauert Scholl aber kaum überraschend.

Zueinander gefunden haben dürften die zwei über das Glasgeschäft. Vater Georg (Jörg) und Mutter Katharina Baus betrieben im Städtchen Schriesheim eine Glaserei. Junior Heinz Georg, genannt Heinerle, stieg da in jungen Jahren als Lehrbub ein, zog später zur Horizonterweiterung in die weite Welt. Bei einem Autocrash in Schweden erlitt er schwerste Verletzungen. Im Krankenbett dämmerte dem damaligen Mittzwanziger, was sein Leben bald einmal total verändern sollte: ein Selbstbedienungs-Einzelhandel für Heimwerker. Vater und Sohn Baus gründeten 1959 die erste Bauhaus Gesellschaft für Bau- und Hausbedarf und eröffneten ein Jahr später in Mannheim den ersten Verkaufsladen.

Die Geschäftsidee funktionierte glänzend. Schon 1976 lobte sich der Pionier als «führend in Europa». Persönlich hatte sich der Bauhaus-Gründer da längst aus dem (deutschen) Staub gemacht. Formvollendet meldete sich der Badener im Schriesheimer Rathaus als Einwohner ab. Amtlich zügelte der Emigrant über den Rhein ins Elsass. Nur: Angekommen ist Baus im angeblich neuen Quartier in Eckbolzheim bei Strassburg nie. Dafür tauchte der erfolgreiche Entrepreneur plötzlich am Thunersee auf und liess sich im Telefonbuch als «freier Erfinder» eintragen.

Gefunden hatte Baus da zweifelsfrei ein mildes Steuerklima, für sich und seine damals fünfköpfige Familie. Der ausgebildete Handwerker zimmerte verdeckt eine steuersparende Konstruktion für sein wachsendes Reich. Verglichen mit Bern, schneidet der Kanton Zug bei der Besteuerung von Holdinggesellschaften besser ab. Also baute Baus dort die Bauhaus als Dach für die internationale DIY-Kette. Er amtet da seit 1970 als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates; Gattin Heidegret begnügte sich mit der Prokura. In Zug führt das Registergericht daneben auch die Firmenakten für eine Bauhaus Immobilien, eine Interbauhaus und die Niederlassung der Bauhaus Investments aus Luxemburg.

Die Zuger Bauhaus schickt der Schöpfer vor als persönlich haftende Gesellschafterin seiner deutschen Holding in Mannheim. Damit gilt auch diese unverändert wichtigste Bauhaus-Landesgesellschaft mit ungefähr 125 Filialen formaljuristisch als Schweizer Firma.

Wesentlich komplizierter respektive kaschierter musste Baus sein Zweitwerk Duscholux in Gang bringen; und nicht nur wegen der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Beim Start nämlich war der Pionier noch ganz offen dabei. Der Tüftler und Patentinhaber diverser Duschtürkomponenten sah sich bald höchstpersönlich als grösste Gefahr für den Geschäftserfolg. Als Betreiber der Bauhaus-DIY-Kette bot Baus vermehrt Profi-Handwerkern ein Feindbild. Wer bei Bauhaus Duschtüren kauft und selbst installiert, beschäftigt keinen teuren Monteur. Der Baus-Firmenableger Duscholux setzt beim Verkauf der Produktepalette aber ausdrücklich und ausschliesslich auf den Sanitärfachhandel. Die Patentlösung: Der eidgenössische Freund Scholl sass ein im Verwaltungsrat der Dachgesellschaft Duscholux und bestritt tapfer jahrzehntelang nach aussen eine Teilhabe von Baus. Duscholux expandierte rascher ins Ausland als die Bauhaus-Gruppe, agiert in 32 Ländern, stampfte 14 Fabriken aus dem Boden, lenkt aus der Schweiz gegen 3000 Angestellte und spült gegen 700 Millionen Umsatz in die Konzernkassen.

Betriebsstätten in Übersee erfordern bisweilen die Präsenz des Zampano. Doch Baus plagte lange eine panische Flugangst. Die überwand er auf nicht alltägliche Art: Er meldete sich bei American Airlines in deren Flight Academy zur Pilotenausbildung. «Da habe ich das Jet-Rating erworben», erzählte er nach abgeschlossener Prüfung stolz, er dürfte seither sogar (theoretisch) den Jumbojet pilotieren.

Wohler als in der Luft fühlt sich der an chronischer Bronchitis leidende Unternehmer auf dem Wasser. An diversen Anlegestellen vom Mittelmeer bis zum Thunersee ankern Yachten, getauft auf den Vornamen von Tochter Tessa, zur Unterscheidung sind sie durchnummeriert. Tessa Schrijvers-Baus, Mutter von drei Baus-Enkeln, muss freilich als kleine Angestellte in Vaters Bauhaus-Reich schuften. Das «Manager Magazin» sieht den offenbar knauserigen (Gross-)Vater wegen dieser Fron als Mitglied in einer «Freien Vereinigung von Geizhälsen».

Als Titular-Monegasse aus Monte Carlo darf Baus gefahrloser ans Bauhaus-Werk in der Schweiz gehen. Und er will ja auch und erlebt jetzt aus eigener Anschauung Ansiedlungshürden, die er bislang nur aus der Zeitung kannte. Seine ersten konkreten Bauprojekte in Niederwangen BE und Mels SG stecken im behördlichen Paragrafendschungel.Beim Gang durch die Instanzen nützen selbst raffinierte Winkelzüge nichts, die er im Laufe seines 45-jährigen Unternehmerdaseins perfektioniert hat. Der nach eigenen Aussagen «gelernte Schreiner, Glaser und Lüftungstechniker» zählt sicher zu den geheimnisvollsten Unternehmern Europas, auch wegen seiner ausgeprägten Fotophobie, die er mindestens so kultiviert wie seine Versteckspielereien mit Finanzverwaltungen. Bekannte von Baus behaupten, der Milliardär zahle zumeist bar, weil er so keine Spur hinterlasse. Denn Barzahler bleiben anonym. Wenn aber ein Deutscher wie Baus an mehr als 183 Tagen in der Heimat rumtourt, würde er dort sofort wieder steuerpflichtig.

Da trifft es sich gut, dass kaum jemand den scheuen Milliardär (er)kennt. Nur eine einzige Fotografie existiert von Baus, geschossen vor gut 20 Jahren. Auf einem neueren Video, gedreht von einem Mitarbeiter an Bord des privaten Bauhaus-Jets, singt ein feuchtfröhlicher Flugzeugeigner Hits von Bob Marley. Die Geselligkeit im Kreis von einem halben Dutzend seiner leitenden Angestellten täuscht. Geschasste Manager jedenfalls, und davon gibt es ein paar Dutzend über die Jahre, beschreiben Baus als Choleriker. Manfred Maus, Schöpfer des Branchenprimus OBI, nennt Baus «eine schillernde Persönlichkeit mit patriarchalischem Führungsstil». Peter W. Janz, lange Jahre Chef des Bauhaus-Konkurrenten Praktiker und inzwischen als Unternehmensberater im Kanton Luzern domiziliert, vergleicht Baus’ «Berechenbarkeit» mit der «einer abgezogenen Handgranate». Peter Schommer von der Unternehmensberatung Ernst & Young relativiert: Baus erwarte von seinen Managern nicht mehr, als er selbst gebe: «Jederzeit überall erreichbar sein.» Doch wer steht schon gerne 24 Stunden täglich zur Verfügung? An sieben Tagen der Woche?

Gemeinsam mit seinem Ernst-&-Young-Kollegen Thomas Harms hat Schommer gerade eine Studie über (deutsche) «Baumärkte in der Strategiefalle» vorgelegt und in einem knappen Résumé prophezeit, «von den derzeit 14 grossen Baumarktketten werden im Jahr 2015 nur drei Unternehmen übrig bleiben». Wird das Lebenswerk von Baus dazugehören? «Bauhaus ist ein Buch mit sieben Siegeln», gesteht Schommer. Maus stuft Baus ein als «Milliardär, der ein Imperium aufgebaut hat, nicht nur im Baumarktbereich». Baus besitzt die meisten seiner Bauhaus-Verkaufsfilialen und hütet als Besitzer Duscholux-Produktionsbetriebe in Europa und Amerika. Erhebliche Teile seiner Profite in- vestierte der clevere Kassenwart frühzeitig auch in amerikanische Immobilien und Ländereien. Stolz verwies er bei Verbandstreffen die Mitbewerber darauf, ohne Bankverbindlichkeiten zu expandieren. Aus dem BHB-Verband trat Baus aber zum Jahresbeginn aus. «Weil er wegen seiner Personalpolitik kritisiert wurde», weiss Maus.

Mit OBI fasste Maus auf dem Schweizer Markt schneller Fuss als Baus’ Widerpart. Genauer: Der deutsche Primus spannte zusammen mit der Schweizer Nummer eins im Detailhandel. Migros richtete seit 1999 als Franchisennehmer bereits fünf OBI-Märkte ein, zuletzt Ende April in Bülach ZH. Die Migros Ostschweiz wird im Mai mit den Bauarbeiten für ein OBI-Center in Winterthur Grüze beginnen. Weitere Standorte von San Antonino über Bern bis St. Gallen sind bereits fest gebucht. Baus dürfte wegen dieses Erfolges, aber auch wegen des Vormarsches von Hornbach mit dessen Bestseller-Markt in Littau LU Lunte gerochen haben.

Ein zukunftsträchtiger Markt direkt jenseits der Landesgrenze. Das wirkt wie ein Köder in einer Branche, deren «Umsatzrendite gegen null tendiert». Dieses ernüchternde Ergebnis präsentiert Ernst & Young in ihrer jüngsten Studie und sieht «Deutschland mit Baumärkten übersättigt». Ex-Praktiker-Chef und Unternehmensberater Janz beschreibt den Standort Schweiz deshalb für die Nöte leidenden deutschen Heimwerkermarkt-Betreiber als Paradies: «25 bis 35 Prozent höhere Verkaufspreise» und anders als Deutschland oder Österreich «noch nicht überbesetzt». Janz rechnet nach, dass etwa der Hornbach-Ableger in Littau «der umsatzstärkste Baumarkt der ganzen Gruppe ist» – obwohl dort «die Preise 15 bis 17 Prozent höher als in Deutschland» angeschieben werden. Der Chef der ICJ Janz International Consulting in Kastanienbaum LU entdeckt «auf dem Schweizer Markt noch sehr viel Platz für Baumärkte», nämlich «30 bis 40 zusätzliche Standorte». Etablierte Platzhirsche sieht er dabei nicht als Hemmnis. Coop Bau + Hobby etwa (Janz ironisch: «mit dem Sortiment für musisches Basteln») mit gegen 3000 Quadratmetern Verkaufsfläche stuft der Experte nicht als wirkliche Konkurrenz ein. Er prophezeit gar bereits eine bald frei werdende Lücke: «Jumbo wird sich verabschieden aus der Schweiz.»

Vielleicht sollte Heinz Georg Baus einmal bei Maus Frères anklopfen. Zumindest deren vier Jumbo-Maximo-Standorte dürften exakt ins Bauhaus-Raster passen.