Wenige Wochen vor der Parlamentswahl hat Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron den Konservativen Edouard Philippe zum Premierminister ernannt. Damit sandte der Mitte-links-Staatschef am Montag ein starkes Signal an das bürgerliche Lager, das ihn bisher nicht unterstützte.

Philippe war bislang Abgeordneter und Bürgermeister der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre, er gehört zum moderaten Flügel der konservativen Republikaner-Partei.

Der neue Regierungschef ist 46 Jahre alt und stand bislang in der nationalen Politik nicht in der ersten Reihe. Es ist in Frankreich höchst ungewöhnlich, dass ein Präsident aus freien Stücken einen Politiker aus einer anderen Partei zum Regierungschef macht.

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Signal an Konservative

Präsident Macron muss bei der Wahl zur Nationalversammlung am 11. und 18. Juni eine Mehrheit erringen, um seine Reformagenda umsetzen zu können. Gelingt dies nicht, würde das Macrons Handlungsspielraum stark einschränken.

Mit Philippes Ernennung sendet Macron, der als unabhängiger Kandidat mit seiner neu gegründeten sozialliberalen Bewegung «En Marche!» die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, ein klares Signal an das konservative Lager. Der Präsident will möglichst viele Politiker anderer Parteien dazu bewegen, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Das dürfte sich auch in der Zusammensetzung des Kabinetts widerspiegeln. Die Vorstellung der vorläufigen Regierungsmannschaft wird für (morgen) Dienstag erwartet.

Viele sehen sich in Opposition zu Macron

Zugleich dürfte Philippes Ernennung einen Keil zwischen die Konservativen treiben - denn bei den Republikanern sehen sich viele in Opposition zu Macron und hoffen auf eine absolute Mehrheit bei der Parlamentswahl. Die Ernennung Philippes werde «die Rechte zerbrechen», verlautete aus Macrons Umfeld.

Konservative betonten nach der Ernennung eines Premierministers aus ihren Reihen betont, dass es keine politische Vereinbarung mit Macron gebe. Der Parteichef der Republikaner, Bernard Accoyer, bezeichnete den Eintritt Philippes in die Regierung als «individuelle Entscheidung». Auf Nachfrage betonte er aber, ein Parteiausschluss komme nicht in Betracht.

Neues Kapitel für die französische Politik

Der 39-jährige Macron hatte am Sonntag als jüngster Politiker aller Zeiten das französische Präsidentenamt übernommen. Der bisherige Regierungschef Bernard Cazeneuve hatte wie in Frankreich üblich bereits in der vergangenen Woche seinen Rücktritt eingereicht, damit der neue Staatschef auch eine neue Regierung bilden kann.

Seine Präsidentschaft ist ein neues Kapitel für die französische Politik, weil er nicht für eine der traditionellen Regierungsparteien der Konservativen oder Sozialisten angetreten war. «En Marche!» positioniert er «weder rechts noch links». Allerdings hatte er es bislang nicht geschafft, prominente Figuren aus dem Mitte-rechts-Lager an Bord zu holen.

Nähe zu Juppé

Edouard Philippe war seit Tagen als Kandidat für den Posten des Regierungschefs gehandelt worden. Er steht dem früheren Premierminister Alain Juppé nahe, der sich im vergangenen Jahr erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner beworben hatte. Philippe hat wie Macron die Elite-Verwaltungshochschule ENA absolviert.

Seine ersten Schritte in der Politik machte er noch als Student bei den Sozialisten, bevor er sich dem konservativ-bürgerlichen Lager zuwandte. 2010 wurde er Bürgermeister von Le Havre, 2012 Abgeordneter der Nationalversammlung.

(sda/ccr)

Für diese Ziele kämpft Emmanuel Macron: