John Elkann, das Oberhaupt der milliardenschweren Agnelli-Familie in Italien, hat eine ganz eigene Art, seine Verwandten auf eine grosse Übernahmeschlacht einzustimmen, wie sie in der Unternehmenswelt selten gesehen wird.

Im Juni versammelte er zwei Zweige zu Familie - der unter anderem Ferrari und Fiat Chrysler gehören - zu einem Freundschaftsspiel im Stadion von Juventus Turin. Dutzende weiterer Familienmitglieder bejubelten das Spektakel. Am folgenden Tag bei der Jahreshauptversammlung der Holdinggesellschaft Exor SpA der Familie, erklärte Elkann, warum er das Konzernimperium weg von Autos und stärker in Richtung Finanzen ausrichten wolle. Dem Fussballspiel folgte eine monatelange Übernahmeschlacht um den US-Rückversicherer PartnerRe Ltd., bei der Axis Capital Holdings Ltd. im August schliesslich das Nachsehen hatte. Elkann verkaufte auch den Immobilienkonzern Cushman & Wakefield Inc. in diesem Jahr.

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Hochkarätige Transaktionen

Europas reiche Familien und Individuen - von den Agnellis in Italien über die Reimann- und Strüngmann-Familien in Deutschland und bis hin zu Thomas Schmidheiny in der Schweiz und Vincent Bollore in Frankreich - haben in den letzten Jahren einige der hochkarätigsten Transaktionen vorangetrieben. Im Juli kaufte Coty Inc. 43 Prozent an den Beauty-Marken von Procter & Gamble Co. für 12,5 Milliarden Dollar und stieg damit zu einem der grössten Kosmetikkonzerne weltweit auf. Coty wird von der deutsch-österreichischen Reimann-Familie kontrolliert.

Die jüngsten Transaktionen machen deutlich, wie sich einige der Unternehmen-Familien auf dem europäischen Kontinent auf weniger riskante Sektoren fokussieren, wie Konsumgüter oder Rückversicherung, während in anderen Fällen die alten Geschäfte wegen kostengünstiger Konkurrenz konsolidiert werden. Manchmal ist es auch die jüngere Generation, die Antriebsmotor für die Transaktionen ist - wie im Fall des 39-jährigen Elkann.

In Megatrends investieren

«Wohlhabende Familien treiben immer mehr Fusionen und Übernahmen an, da sie in Megatrends wie Verbrauchsgüter, Gesundheitsvorsorge und Dienstleistungen investieren wollen», sagt Hermann Prelle, Deutschland-Chairman der UBS Group AG, des weltgrössten Wealth Managers. 

Im vergangenen Jahr erreichten die Transaktionen von europäischen Family Offices das höchste Niveau seit der Finanzkrise 2007, wie aus Daten der Analysefirma PitchBook hervorgeht. Insgesamt wurden 13 Deals getätigt, verglichen mit 18 in 2007 - bislang in diesem Jahr waren es acht.

Grundstock für das Vermögen der Reimann-Familie

Den Grundstock für das Vermögen der Reimann-Familie von 16 Milliarden Dollar legte Johann Adam Benckiser 1823, als er seinen Chemiekonzern in Pforzheim gründete. Mittlerweile wurde der Fokus des Unternehmens weg von Spezialchemie und Zitronensäure und hin zu Kaffee, Luxusartikel und Kosmetik verschoben.

Der Investmentarm der Familie, JAB Holding Co., kaufte im Mai 2014 die Kaffeesparte von Mondelez International Inc. für 5 Milliarden Dollar in bar und führte sie mit D.E Master Blenders 1753 BV, Peet’s Coffee & Tea Inc. und Caribou Coffee Inc. zusammen und formte daraus den weltweit zweitgrössten Kaffeekonzern. Gleichzeitig reduzierte die JAB Holding ihre Beteiligung an Reckitt Benckiser Group Plc, dem einstigen Chemiekonzern, der mittlerweile eher Konsumgüter herstellt und alles mögliche von Waschmittel über Nahrungsmittel und bis hin zu Durex-Kondomen erstellt.

Bildung des weltgrössten Zementherstellers

Bei der Bildung des weltgrössten Zementherstellers waren auch zwei Milliardäre beteiligt: Der Schweizer Thomas Schmidheiny, Holcims grösster Aktionär und Albert Frere, der reichste Belgier und Top-Investor von Lafarge SA. Schmidheiny kommt auf ein Nettovermögen von 4,7 Milliarden Dollar und Frere auf 2,9 Milliarden Dollar nach dem Bloomberg Billionaires Index.

In einigen Fällen tun sich die Familien auch mit Beteiligungsgesellschaften zusammen, um Transaktionen durchzuführen. Ein solcher Fall ist die deutsche Strüngmann- Familie, die im vergangenen November mit der schwedischen Buyout-Firma EQT Partners AB die Hörgerätesparte der Siemens AG für 2,7 Milliarden Dollar übernommen hat. Für die Strüngmanns ging es dabei um Unterstützung bei Investitionen im Bereich Gesundheitsvorsorge, in dem die Familie schon ein Vermögen gemacht hat. Die Buyout-Gesellschaft konnte durch die Partnerschaft Bedenken zerstreuen, nur an schnellem Geld interessiert zu sein.

(bloomberg/ccr)