Der Bericht des früheren Swiss-Life-Präsidenten Bruno Gehrig über die Beteiligungsgeschäfte von Raiffeisen offenbart einmal mehr die Allmacht des gefallenen Bankchefs Pierin Vincenz. Doch er liefert auch neue Details zu den speziellen Aktivitäten zwischen Vincenz und seinem Männerfreund Beat Stocker. Kompagnons mit gemeinsamen Grenzerfahrungen: Zusammen sassen sie im letzten Frühjahr fast vier Monate in U-Haft.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Zwar äussert sich Gehrig nach Absprache mit Raiffeisen nicht zu dem Bericht, und Stocker unterliegt der von der Staatsanwaltschaft verhängten Schweigepflicht. Doch dass es sich bei dem «externen Berater», der in dem Bericht mehrfach prominent erwähnt wird, um Stocker handelt, darf laut BILANZ-Recherchen als gesichert gelten. Stocker wickelte die Aufträge über die Beratungsfirma Fides Business Partner ab, bei der er mit einem 40-Prozent-Anteil grösster Einzelaktionär und VR-Präsident war. Heute ist er dort nicht mehr aktiv.

Gehrig-Bericht konkreter als Finma-Bericht

Schon der Finma-Bericht vom Juni belastete Stocker: Vincenz habe «über Jahre hinweg hohe und pauschale Mandatshonorare an den ihm nahestehenden Berater bezahlt und dabei das ihm als CEO zustehende Budget teils erheblich überschritten», attestierte ihm Finma-Sheriff Mark Branson.

Beat Stocker

«Externer Berater» von Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz: Beat Stocker.

Quelle: Markus Lamprecht

Bei Gehrig wird es nun konkreter. Der externe Berater wurde auf «direkte Initiative» von Vincenz in der «Anfangsphase als Projektleiter beim Aufbau einer Unternehmensgruppe» hinzugezogen. Dabei handelte es sich laut BILANZ-Recherchen um die von Raiffeisen lancierte Asset-Management-Gruppe TCMG, die 2013 und 2014 insgesamt fünf Vermögensverwalter übernahm: Dynapartners, Dynagest, 1741, Vescore und Ceams. Stocker war Mitglied des M&A-Komi-tees von TCMG und erstellte mehrere Gutachten.

Interessant dabei: Stocker bewertete eines der fünf akquirierten Unternehmen extrem tief, zwei dagegen zu hoch. Zu der tiefen Bewertung kam es bei der Firma 1741, die durch den Notenstein-Kauf bei Raiffeisen gelandet war und jetzt in TCMG integriert werden sollte. Welche der vier verbleibenden TCMG-Firmen zu hoch bewertet wurden, lässt sich nicht genau zuordnen – der Gehrig-Bericht nennt keine Namen. Einmal korrigierten die Raiffeisen-Experten den von Stocker festgesetzten Kaufpreis laut Gehrig-Bericht um 40 Prozent nach unten, beim zweiten Fall wurde der von Stocker festgesetzte maximale Kaufpreis von 35 Millionen Franken auf 30 Millionen reduziert (wovon drei Jahre später die Hälfte abgeschrieben werden musste).

Bruno Gehrig, Leiter der unabhaengigen Untersuchung, an einer Medienkonferenz anlaesslich der Delegiertenversammlung in Lugano, am Samstag, 16. Juni 2018. Das Treffen der Delegierten der Regionalverbaende steht im Zeichen der Aufarbeitung der Aera des ehemaligen CEO Pierin Vincenz. Dessen Geschaeftsfuehrung ist ins Visier von Finanzaufsicht und Justiz geraten. Die Delegierten duerften dabei ihrem Aerger ueber die nicht abbrechenden Negativ-Schlagzeilen Luft verschaffen. (KEYSTONE/Ti-Press/Davide Agosta)

Raiffeisen-Ermittler: Bruno Gehrig beleuchtete die spezielle Bedeutung des «externen Beraters» von Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz,.

Quelle: Keystone

Zu hohe Bewertung von Firmen

Eigentlich sollte ein mandatierter Berater bei Firmenkäufen die Preise im Interesse seines Auftraggebers möglichst tief halten. Warum setzte Stocker die Preise dann zu hoch an? Darüber lässt sich nur spekulieren. Auffällig ist, dass die zu hohe Bewertung bei Firmen stattfand, die noch gekauft wurden – 1741 befand sich als einzige der fünf Übernahmen bereits bei Raiffeisen. Verrechnete Stocker seine Honorare nach der Höhe des Kaufpreises? Unklar. Wie Stocker seine Rechnungen begründete, war laut Finma «dem Verwaltungsrat nicht bekannt».

Sicher ist: Die zu hohe Bewertung hat sich für ihn gelohnt. Laut Gehrig liess sich der externe Berater eine Kostenüberschreitung seines Budgets in Höhe von 1,3 Millionen Franken von Vincenz absegnen. Gehrig: «Die Rechnungen dieses Beraters wurden nicht hinterfragt. […] Ein Teil der Rechnungen wurde zudem von Pierin Vincenz selbst freigegeben.»