Die Business-Idee

Bereits um 900 nach Christus wurde Kaffee in Äthiopien getrunken – und eroberte von Afrika aus Arabien und schliesslich Europa. Mehr als fünf Kilogramm des braunen, verflüssigten Pulvers verzehrt laut Statista jeder Eidgenosse pro Jahr – und gibt dafür im Schnitt 359 Franken aus. «Der Kaffeebauer sieht von diesem Geld leider nur einen winzigen Bruchteil», sagt Michaël Tuil, der gemeinsam mit seiner Frau Marie das soziale Startup Direct Coffee gegründet hat. «Wir bauen eine direkte Brücke zwischen den Kleinbauern in Äthiopien und den Konsumenten in der Schweiz, ohne Dutzende Zwischenhändler, die die Marge drücken», sagt er. So bekämen die Bauern drei- bis viermal so viel wie üblich.

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Die Gründer

Auf die Idee kam das Ehepaar nach seiner Hochzeitsreise 2015: «Wir haben uns in Äthiopien, das Land und die Leute verliebt und stiessen recht schnell auf die Idee, Kaffee aus den Wäldern zu importieren», sagt Michaël Tuil. «Die Menschen vor Ort zu unterstützen und damit gleichzeitig dazu beitragen zu können, dass der Wald von den Einheimischen als Einkommensquelle als schützenswert anerkannt wird – das treibt uns an.» Noch im selben Jahr lernen beide in einer Weiterbildung in Kolumbien alles über Kaffee, reisen erneut in die Anbaugebiete in Äthiopien und knüpfen erste Kontakte zu Bauern. Der gebürtige Genfer, der an der HSG Wirtschaft studiert hat, kündigt seinen Beraterjob bei Boston Consulting, die deutsche Marie Tuil gibt ihre Tätigkeit als Journalistin auf – und um Geld zu sparen, ziehen sie vom teuren Zürich nach Basel. Heute leben sie mit ihren zwei Kindern von Direct Coffee – und das, obwohl sie mit dem Gewinn zusätzlich soziale Projekte in Äthiopien finanzieren, etwa Sehtests, Brillen, Entwurmungspillen oder Mittagessen in Schulen.

Der Markt

Auch andere Unternehmen importieren äthiopischen Kaffee direkt in die Schweiz: Desta’s Coffee aus Glattbrugg wurde beispielsweise von einem Schweizer mit äthiopischen Wurzeln gegründet. 20 Prozent des Gewinns fliessen auch hier an soziale Projekte wie Schulessen. Zudem importiert Original Food aus Kriens den wilden Kaffee, um lokale Kaffeebauern zu unterstützen und den Regenwald zu schützen. «Auch ein erfolgreiches Business kann Ungleichheiten verringern und die Umwelt verbessern – das schliesst sich nicht gegenseitig aus», ist Michaël Tuil sicher. Und der Erfolg gibt ihm recht: «Seit der GmbH-Gründung im April 2016 konnten wir jedes Jahr unsere Absatzmenge verdoppeln.»

«Upbeat» – die Schweizer Startup-Serie

Unsere Startup-Serie «Upbeat» porträtiert jede Woche ein Schweizer Jungunternehmen multimedial in Print, Audio und Video. Daneben kommen die wichtigsten Investoren und Akteure der Innovationsszene zu Wort. Bleiben Sie dran, im Format Ihrer Wahl: Text, Bild und unterhaltsame Videos finden Sie jede Woche auf handelszeitung.ch/upbeat oder in den sozialen Netzwerken. Den Podcast mit vielen Tipps für Menschen, die selber in der Startup-Welt durchstarten möchten, finden Sie auf Apple Podcasts und Spotify – und überall da, wo Podcasts zu Hause sind.

Das Kapital

Bewussten Schweizer Konsumenten scheint das «Fairtrade-2.0-Produkt», wie Tuil seinen Kaffee nennt, der wesentlich höhere Preis wert zu sein: 350 Gramm kosten 15.50 Franken, ein Kilogramm 38 Franken, 40 Kapseln gibt es für 25 Franken. Neben dem Direktverkauf im eigenen Online-Shop konnten sie bereits Reseller in Concept-Stores von ihren Produkten überzeugen. Ausserdem nehmen Restaurant- und Firmenbezieher zu, die ihren Kunden und Mitarbeitenden den nachhaltigen Energie-Kick ermöglichen und «ethischen Kaffee» unterstützen wollen; Investoren sind bisher noch nicht beteiligt.

Die Chance

An weiteren Ideen, die die Welt ein bisschen besser machen sollen, mangelt es dem Ehepaar nicht: Mit Solarbalkon.ch haben die beiden einen weiteren Online-Shop lanciert, auf dem sie kleine, leichte Solarpanels für Balkone an die Schweizerinnen und Schweizer bringen wollen: «Sie sind in fünf Minuten montiert, halten die Stromrechnung kleiner und jeder kann damit etwas gegen den Klimawandel tun.»

Die Startup-Serie «Upbeat» wird Ihnen von der Credit Suisse präsentiert.
Stefan Mair
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