Am 28. Februar 2016 stimmt das Volk über vier eidgenössische Vorlagen ab: Die Durchsetzungsinitiative, den Bau der zweiten Gotthardröhre, die Spekulationsstopp-Initiative und die Initiative gegen die Heiratsstrafe. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden.
Mit der Durchsetzungsinitiative will die SVP die buchstabengetreue Umsetzung der Ausschaffungsinitiative erreichen. Sie hatte Ende 2012 die Volksinitiative «zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer» mit über 155'000 Unterschriften eingereicht. Nach Ansicht der SVP wird bei der Umsetzung der Volkswillen missachtet.
Verhältnismässigkeit wahren
Das Parlament hat in der Frühjarssession entschieden, dass nur die schwersten Delikte zu einer automatischen Ausschaffung führen. Ausnahmsweise soll das Gericht zudem von einer Ausschaffung absehen können, wenn diese für den Ausländer oder die Ausländerin einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde.
Mit diesem Konzept sollen stossende Entscheide vermieden werden, insbesondere die Ausweisung von in der Schweiz geborenen Ausländerinnen und Ausländern oder Ausweisungen wegen Bagatelldelikten. Zudem lassen sich jene Urteile umschiffen, die vom Bundesgericht aus Gründen der Verhältnismässigkeit ohnehin nicht gestützt würden.
Volk bislang gegen zweite Gotthardröhre
Bei der Sanierung der Gotthardröhre kann das Volk zum dritten Mal nach 1994 (Alpenschutzinitiative) und 2004 (Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative), direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Strassentunnels durch den Gotthard entscheiden. Bisher sagte es Nein.
Aus Sicht von Bundesrat und Parlament ist ein neuer Strassentunnel nötig, um den ersten, 1980 eröffneten zu sanieren. Der neue Tunnel soll ab etwa 2020 in sieben Jahren gebaut werden. Anschliessend würde der bestehende gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden. Gegen diese Pläne stellen sich über fünfzig nationale, regionale und lokale Organisationen und Parteien, darunter die Alpeninitiative, der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und die Parteien SP, Grüne und GLP. Der Verein «Nein zur zweiten Gotthardröhre» hatte das Referendum ergriffen und im Januar 75'872 gültige Unterschriften eingereicht.
Ehe gegenüber anderen Lebensformen benachteiligt
Die CVP fordert mit ihrer Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe», dass die Ehe «gegenüber anderen Lebensformen nicht benachteiligt wird, namentlich bei den Steuern und den Sozialversicherungen». Die Initiative war im Dezember 2012 mit über 120'000 gültigen Unterschriften eingereicht worden.
Das Parlament lehnt die Initiative ab. Für Kritik sorgte vor allem die Definition der Ehe, welche die Initiative festlegt als «Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.» Nach Ansicht der Mehrheit im Parlament wäre es damit unmöglich, dass künftig auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften unter den Begriff der Ehe fallen könnten.
Tiefere Einnahmen
Der Bundesrat hatte die Initiative ursprünglich zur Annahme empfehlen wollen und seine eigenen Vorschläge zur Abschaffung der Heiratsstrafe auf Eis gelegt. Nach Schätzung des Bundes würde die Initiative bei der direkten Bundessteuer je nach Umsetzung zu Mindereinnahmen von 1 bis 2,3 Milliarden Franken pro Jahr führen, wovon 17 Prozent auf die Kantone entfielen.
Als «Heiratsstrafe» wird die steuerliche Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Doppelverdiener-Paaren bezeichnet. Wenn ein Ehepaar gegenüber einem Konkubinatspaar steuerlich über 10 Prozent stärker belastet wird, so ist dies laut Bundesgericht verfassungswidrig.
Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln
Die Spekulationsstopp-Initiative war von den JUSO gemeinsam mit der SP, den Grünen und mehreren Hilfswerken lanciert worden. Die Initianten wollen der Spekulation mit Nahrungsmitteln einen Riegel schieben, weil sie sie für den Hunger auf der Welt mitverantwortlich machen.
Die Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» verlangt ein Verbot für Banken, Vermögensverwalter und Versicherungen, in Finanzinstrumente zu investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab.
(sda/ise/ama)