Globale Mindeststeuer: Ueli Maurer verhandelt Nachlass für Schweizer Firmen

Diese Steuerreform lasse sich nicht verhindern, das sei klar. So sagte es Ueli Maurer nach der Rückkehr aus Venedig im Juli. Dort beschlossen die Finanzminister der G-20 eine einschneidende Reform für die Besteuerung von Konzernen. Alle sollen minimal 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne entrichten. Am Ende hätten alle Länder zur Reform applaudiert, sagte Mauer, nur er nicht. Am stärksten applaudierten die Profiteure, das sind die Hochsteuer- und Entwicklungsländer. Maurer applaudierte nicht, weil die Reform zu Verwerfungen führen wird, denn die tiefsten Gewinnsteuersätze hierzulande liegen unter der 15er-Marke. Umso mehr staunten die Vertreter bürgerlicher Parteien und der Wirtschaft, dass Maurer sich der Reform angeschlossen hat. Sie dürfte 200 bis 300 Grossfirmen treffen. Es wären solche, die mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz erreichen. Sie sind die Zielscheibe der Reform und werden künftig im Ausland wohl mehr Steuern bezahlen als bisher. Umgekehrt werden sie zu Hause weniger abliefern. Das macht dem Bund und den Kantonen Bauchweh. Es geht um Milliarden und fünf der sechs Tiefsteuerkantone sind die steuerlichen Zugpferde der Eidgenossenschaft. Ihr Geld fliesst über den Finanzausgleich in alle Regionen. Ergo wäre die ganze Schweiz betroffen von der Reform und stärker als viele Länder. Und dennoch nickte sie Maurer einfach durch? Ernte der Schweizer Diplomaten in Paris Recherchen zeigen: Nein, Maurer hat sich dagegen ins Zeug gelegt. Er machte dies nicht in Venedig, sondern in Paris. Dort tagt der Weltwirtschaftsverein OECD, der dort diese Steuerreform anführt. Die Schweiz ist ein wichtiges Mitglied und darf mitreden. Das hat sie denn auch intensiv gemacht. Wiederholt hat sie in Arbeitsgruppen interveniert. Ende August schrieb Mauer dem OECD-Generalsekretär einen Brief, worin er dezidiert auf die Schweizer Vorbehalte hinwies. Letzte Woche dann die Ernte. In Paris tagten die Unterhändler der OECD. Die Schweiz war dabei mit einer Spitzendiplomatin. Und Maurer hat nicht zu viel versprochen: Seine Leute des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen konnten Vorteile in zwei Punkten für Konzerne herausholen: Erstens können Konzerne einen Gewinnabzug in Anspruch nehmen, wenn sie nicht nur Holding sind, sondern in der Schweiz Arbeitsstätten haben. Konkret: Konzerne dürfen die Löhne ihrer schweizerischen Angestellten in der Steuerrechnung zu 110 statt zu 100 Prozent vom Gewinn abziehen. Und zweitens erhalten Konzerne, die in der Schweiz Labore und Fabriken betreiben, das Recht, die Abschreibungen auf die Anlagen zu 108 Prozent statt zu 100 Prozent in Rechnung zu stellen. Diese Abzüge gelten in einer Übergangsfrist von zehn Jahren. Danach reduzieren sie die Abzüge auf 5 Prozent. Pharma dank Forschung mit Steuerbonus Wie wirkt sich das aus? Firmen wie Novartis oder Roche können höhere Steuerabzüge geltend machen als bisher geplant. Damit dürften sie am Ende weniger als 15 Prozent Steuern zahlen, aber mehr, als sie das heute tun. Um wie viel mehr, weiss heute keiner. Heute liegt die effektive Steuerbelastung von Pharmafirmen in Basel-Stadt bei 13 Prozent. Von den gleichen Vorteilen dürften Firmen wie Syngenta (Saatgut und Dünger), Sika, Dormakaba, Lafarge-Holcim, Bühler, und Ems Chemie profitieren. Bei Firmen wie Nestlé ist es unklar, wie sich der Steuerbonus auswirken könnte, denn sie forschen und produzieren in vielen Ländern. Wie wird er begründet? Steuerexperten verwenden das Wort Substanz. Wo es Substanz in einem Land gibt, soll dies steuerlich belohnt werden. Der Schweizer Verhandlungserfolg wurde in einem Bericht des «Wall Street Journal» allein der Schweiz zugeschrieben. Aber im Alleingang wäre er nicht möglich gewesen. Laut Kennern haben die Schweizer Allianzen geschmiedet, darunter mit Irland, Singapur und Osteuropa. Und Grosse wie Frankreich und Deutschland hielten bewusst still.

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Globale Mindeststeuer: Bonus für Schweizer Firmen