Machen wir uns nichts vor. Politik ist bei uns eher dröge. Unser System ist nicht gemacht für grosse Würfe und herausragende Persönlichkeiten. Macht nichts. Dafür sind wir ausgezeichnet verwaltet. Dachten wir zumindest. In der Finanzkrise waren Nationalbank und Finanzministerium über Nacht mit einem Rettungsplan für die UBS zur Stelle, um den uns die Welt beneidete: klug, clever, durchdacht – ein Meisterstück. Kaum auszudenken, was passiert wäre, wären unsere Institutionen damals nicht in die Gänge gekommen.

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Panne um Panne

Nicht so in dieser Krise. Diesmal haben wir es mit einem Bundesamt für Gesundheit zu tun, das sich Panne um Panne leistet, und, was das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zusätzlich erschüttert, nicht damit auffällt, gegebenenfalls auch mal einzuräumen, dass etwas schief gelaufen ist.

Jüngstes Beispiel ist der kleinliche Kampf um die Deutungshoheit, den das BAG und Innenminister Alain Berset gegen Lonza-Präsident Albert Baehny um das Angebot vom letzten Frühling führen: nämlich der Schweiz 100 Millionen Impfdosen gegen eine Investition von 60 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Da werden ein Brief des Verwaltungsratspräsidenten an den Bundesrat und ein Sitzungsprotokoll veröffentlicht, werden berechtigte Fragen mit fadenscheinigen Begründungen abgewimmelt. Als ob das an den Versäumnissen etwas ändern würde.

«Andere Regierungschefs steigen selbst ins Flugzeug, um die Pharmachefs zu treffen, die ihnen aus der Krise helfen können.»

Halten wir fest: Dass der Bund im vergangenen Jahr nicht alles mobilisierte, um den Vorschlag von Albert Baehny weiterzuverfolgen, war ein grober Fehler. Klar, Herr Bundesrat Berset, handelte es sich nicht um ein «konkretes Angebot». Das war gar nicht möglich, weil Lonza den Impfstoff ja nur produziert, die Rechte also bei Moderna liegen. Aber es war ein einmaliges Angebot, ins Gespräch zu kommen und verschiedene Optionen auszuloten; auf dem Silbertablett serviert, und das auch noch zu einem Zeitpunkt, als öffentlich noch nicht einmal bekannt war, dass Lonza mit Moderna ins Geschäft kommen würde.

Andere Regierungschefs steigen selbst ins Flugzeug, um die Pharmachefs zu treffen, die ihnen aus der Krise helfen können. Die Schweiz lässt den Verwaltungsratspräsidenten eines SMI-Konzerns einfach auflaufen.

Andere investierten Milliarden

Man mache keine Industriepolitik, heisst es. Als ob es darum gegangen wäre, einem florierenden Milliardenkonzern Geld in den Rachen zu schieben. Dabei ging es damals nur um eines: das Geld zusammenzubekommen, damit der Impfstoff von Moderna – ein Startup, das damals noch kein Produkt auf dem Markt hatte – schnell und in den erforderlichen Mengen produziert werden kann, sollte er sich als sicher und wirksam erweisen. Die Amerikaner haben dafür mehr als 1 Milliarde aufgeworfen; ein Fakt, von dem wir heute alle profitieren. Die Schweiz schaffte es nicht einmal, 60 Millionen lockerzumachen.

Für ein reiches Land wie die Schweiz, das auch noch die beiden erfolgreichsten Pharmakonzerne der Welt beherbergt, ist das ein Armutszeugnis.