Die EU-Staaten stellen sich hinter den Entscheid der EU-Kommission, mit der Schweiz die Personenfreizügigkeit nicht neu zu verhandeln. Sie sehen bei der Umsetzung der SVP-Initiative zudem die Bilateralen I sowie Schengen/Dublin bedroht.

Die Personenfreizügigkeit sei ein fundamentaler Pfeiler der EU-Politik und mit dem Binnenmarkt sowie den vier Grundfreiheiten untrennbar verknüpft, heisst es im Entwurf zu den Schlussfolgerungen zum EFTA-Bericht, welchen die Nachrichtenagentur sda am Montag einsehen konnte. Im Juli hatte die Schweiz die EU gebeten, die Freizügigkeit neu zu verhandeln.

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Bilateralen I sind bedroht

Laut EU drohe die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, «das Kernstück» der Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz, die so genannten «Bilateralen I» zu unterminieren.

Dies wiederum würde Zweifel an der Assoziierung der Schweiz an Schengen und Dublin sowie an gewissen EU-Programmen nach sich ziehen. Damit dürften in erster Linie das EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» und das Studentenprogramm Erasmus+ gemeint sein.

EU fürchtet um Rechte seiner Bürger

Die EU fordert daher die Schweiz auf, «ihre Verpflichtungen aus dem Freizügigkeits- sowie aus den anderen Abkommen zu respektieren». In diesem Zusammenhang speziell erwähnt werden die in der Schweiz lebenden oder arbeitenden EU-Bürger, um deren Rechte die EU zu fürchten scheint.

Denn sie kündigt an, dass sie sich im Falle einer Verletzung das Recht vorbehalte, «die Verhandlungen über ein institutionelles und andere binnenmarktbezogene Abkommen zu beenden». Mit letzterem dürfte das Stromabkommen gemeint sein.

EU sieht Kroaten weiterhin diskriminiert

Besonders bedauert die EU, dass die Schweiz als Folge der Abstimmung des 9. Februars das Zusatzprotokoll zur Ausdehnung der Freizügigkeit auf Kroatien nicht unterzeichnet hat.

Man nehme zur Kenntnis, dass die Schweiz einseitige Massnahmen ergriffen habe, um die Diskriminierung von kroatischen Bürgern zu vermeiden, heisst es weiter. Sie hatte ohne Unterzeichnung des Zusatzprotokolls Kroatien autonome Kontingente gewährt. Trotzdem sieht die EU einen Teil ihrer Bürger diskriminiert.

EU-Sanktionen im Ukraine-Konflikt

Die EU-Staaten begrüssen hingegen die seit diesem Mai laufenden Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen. Ein solches Abkommen «für vorhandene und künftige Abkommen» sei eine Vorbedingung, damit die Schweiz weiterhin am EU-Binnenmarkt teilnehmen könne.

Lobende Worte hingegen findet die EU für die Schweiz bei ihren Zugeständnissen in der Steuerpolitik. Hingegen bedauert sie, dass die Schweiz im Rahmen des Ukraine-Konflikts verhängten Sanktionen der EU nicht übernommen hat.

Als nächstes wird der Botschafter-Ausschuss (Coreper) sich voraussichtlich am 11. Dezember über den Bericht beugen. Dann können immer noch Änderungen vorgenommen werden. Danach werden sich die EU-Aussenminister am 16. Dezember damit befassen. Im so genannten EFTA-Bericht, der alle zwei Jahre erscheint, nimmt die EU ihre Beziehung zu den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation unter die Lupe.

(sda/ise)