Für Schweizer Jugendliche und junge Erwachsene gibt es verschiedene Gründe, die Zukunft nicht nur kritisch zu betrachten, sondern auch aktiv politisch mitgestalten zu wollen. Für sie stellen sich verschiedene, weitreichende Fragen: Wird die AHV genügend Geld aufweisen, damit sie ihren Lebensabend sorglos verbringen können? Wird der Klimawandel gebremst, damit die natürlichen Ressourcen für ihre und die kommenden Generationen reichen? Werden die verschiedenen Dimensionen der Diskriminierung zwischen Mann und Frau überwunden? Und ganz aktuell: Wie wird Europa sich nach dem Krieg in der Ukraine wirtschaftlich und politisch positionieren? Das Credit Suisse Sorgenbarometer 2021 vermag aufzuzeigen, wie sich Schweizer Millennials (auch Generation Y genannt und geboren zwischen den frühen 1980ern und späten 1990ern) zu Europa positionieren. 

Millennials sehen Notwendigkeit zur Kooperation

Anhand der Haltung gegenüber dem Abbruch der Verhandlungen des Rahmenabkommens lassen sich schon einige Erkenntnisse über die Haltung der Millennials zur Beziehung der Schweiz zu Europa festhalten. Während rund 50 Prozent der Generation Y den Abbruch befürworteten, waren rund 42 Prozent dagegen und rund 8 Prozent ohne Meinung. Obwohl der Abbruch von der Mehrheit unterstützt wird, wünschen sich am meisten Millennials, dass ein neues Rahmenabkommen verhandelt wird. Sie zeigen also Unterstützung für den Abbruch, sind aber auch der Meinung, dass die Kooperationen zumindest via bilaterale Verträge notwendig sind. Die Generation Y vertraut darauf, dass bessere Lösungen als das letzte institutionelle Rahmenabkommen gefunden werden können.

Zwei Krisen mit unterschiedlicher Wirkung auf Europa

Krisen können die Haltung von Millennials bezüglich der Beziehung der Schweiz zur EU oder zu Europa verändern. Die COVID-19-Pandemie und der Ukraine-Krieg sind zwei grosse Krisen, die von Millennials bezüglich des Zusammenhalts der europäischen Länder vermutlich sehr unterschiedlich bewertet werden. Insgesamt lässt sich also festhalten: Mit einem Europa, das in der Krise zusammensteht, mit dem Vertrauen, das Millennials der Schweizer Regierung gegenüber aufbringen, und der Hoffnung, dass die Bundesräte geschickt bessere Verträge verhandeln können, können Schweizer Politik und Wirtschaft auf guten Rückhalt bei den Millennials setzen. 
 

 

Seit nunmehr 45 Jahren geht die Credit Suisse in ihrer jährlichen Sorgenbarometer-Umfrage verschiedenen gesellschaftspolitisch Fragen nach und leistet damit einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen. Das Forschungsinstitut gfs.bern befragt dabei im Auftrag der Credit Suisse 1722 Stimmberechtigte in der ganzen Schweiz. Die für diesen Artikel erstellte Sonderauswertung basiert auf den Daten des Credit Suisse Sorgenbarometers 2021 und umfasst 393 Stimmberechtigte der Generation Y (Alter 22 bis 40 Jahren), 44 der Generation Z (Alter von 16 bis 21 Jahren) und 1’285 älterer Generationen (das heisst älter als 40 Jahre). 

Über den Autor

Dr. Tobias Keller arbeitet seit 2020 bei gfs.bern. Er leitet unter anderem die VOX-Analysen der eidgenössischen Abstimmungen und ist beim Credit Suisse Sorgenbarometer ebenfalls beteiligt.