Statistiken weisen häufig Fehler auf: Entweder sind sie veraltet oder ungenau – manchmal beides. Einzelne Fehler sind berühmt-berüchtigt. So hat das amerikanische Bureau of Economic Research die vom Finanzmarkt-Debakel 2008 ausgelöste Krise erst ein volles Jahr später erkannt. Die Fehlleistungen führten dazu, dass in Nordamerika, Europa und Ostasien mit Hochdruck an neuen Wegen für aussagekräftigere, schnellere und aktuellere Statistiken gearbeitet wird. In den USA ist vor allem das MIT (Massachusetts Institute of Technology) damit beschäftigt. In Ostasien nutzt die chinesische Regierung für die Ermittlung statistischer Daten die extrem leistungsstarke militärische Datentechnik.
Andere Methoden elektronischer Datenerhebung müssen allerdings das ihre beitragen. Das beginnt mit der Beobachtung der Bahnen, Strassen, Flüsse und Kanäle, der Energieerzeugung und des -verbrauchs und reicht bis hin zur voll automatisierten Analyse der Zahlungsströme im Online- und konventionellen Handel. Wenn die Berechnungen auch die Warenbewegungen im Handel, in der Industrie, im In- und Export erfassen und auswerten, lässt sich auf der Basis unzähliger Zahlenreihen eine Statistik aufbauen, die ein recht genaues, aktuelles Bild des tatsächlichen Geschehens vermittelt.
Satelliten mit Hochleistungskameras und -sensoren steuern immer mehr Daten bei. Natürlich lassen sich die Ölvorräte einer Region dadurch ermitteln, dass die Betreiber grösserer Tankanlagen regelmässig ihre Ölstände melden. Das dauert aber. Schneller geht es, wenn Satelliten aus dem Weltraum die Ölstände der Tanks automatisiert messen und melden. Jedes Stahlwerk kann seine Produktion und Auslastung regelmässig bekanntgeben. Aber auch hier geht es schneller, wenn Satelliten auf der Basis der Stahlwerks-Emissionen deren Auslastung und vermutliche Produktion errechnen und melden. Und natürlich gibt es Schifffahrtsstatistiken in aller Welt. Satelliten können aber den Hafenbetrieb überall gleichzeitig beobachten und Veränderungen rasch melden.

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Verbessertes Krisenmanagement


In China gibt es ein Satellitennetz, das insgesamt rund 6000 Industrieunternehmen auf einer Fläche von 500 000 Quadratkilometern beobachtet und die gewonnenen Daten umgehend nach Beijing meldet. Diese Daten sind für Wirtschaftsplaner genauso von Interesse wie für die chinesischen Versicherer, die nun mehr und mehr bemüht sind, ihr Krisenmanagement darauf abzustützen.
Chinesen wie Amerikaner betonen, dass es durchaus noch zehn Jahre dauern kann, bis eine solche Statistik mit all ihren möglichen Steuerungsimpulsen für sämtliche wichtigen Länder vorliegt. Es könnte aber auch schneller gehen. Kanada und Grossbritannien arbeiten ebenfalls mit Nachdruck daran. Kanada ist so weit, dass es schon monatliche Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt und seiner Veränderung gibt. Die Briten gehen den gleichen Weg und hoffen binnen Jahresfrist so weit zu sein. Voraussetzung ist überall nicht nur eine hervorragende Datentechnik, sondern auch eine erstklassige Software, um die unzähligen Zahlenreihen extrem schnell so zusammenzufügen, dass sie ein aussagefähiges Bild der Wirklichkeit bieten. Dass sich gerade die Briten viel Mühe geben, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es in Grossbritannien extrem viele Überwachungs- und damit Messpunkte zur Terrorbekämpfung gibt.
Ausser den offiziellen Planern interessieren sich inzwischen immer mehr Wirtschaftszweige für die Nutzbarmachung dieser Satelliten-Daten für die eigenen Zwecke. Das gilt für die Energiewirtschaft, für Transport und Verkehr und besonders für die Versicherungswirtschaft. Je mehr und genauer die Versicherer ihre Kunden beobachten, desto besser können sie ihre Tarife an die tatsächlichen Verhältnisse und Risikoprofile anpassen. Wenn der Betrieb von Windturbinen und Stromübertragungsnetzen laufend überwacht werden kann, werden Schwachstellen früher sichtbar, als wenn erst die Maschinen versicherter Betriebe wegen Stromausfalls stillstehen.