Frauen in Führungspositionen sind eine Seltenheit – zumal in der IT-Branche. Sie haben die zwei Firmen fusioniert und in die neue Firma DXC Schweiz überführt. Wie kamen Sie zu dieser Rolle?

Liliana Scheck: Durch den 26. Präsidenten der USA, Theodore Roosevelt … Von ihm gibt es das Sprichwort: «Wann immer du gefragt wirst, ob du das kannst, dann antworte: Sicher! Und dann finde heraus, wie es geht.» Das Sprichwort hat mir gezeigt, wie Männer denken. Und wie auch Frauen denken sollten.

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Wie meinen Sie das?

Alle fähigen Leader haben Selbstzweifel. Wichtig ist, diese Selbstzweifel zu überwinden und gute Lösungen für die gestellten Aufgaben zu finden. Also habe ich mich für die Aufgabe als Geschäftsführerin beworben und das Vertrauen erhalten, DXC Schweiz aufzubauen und zu führen. Zu sagen ist, dass ich zuvor bei Hewlett Packard über Jahre schon lokal und international viele leitende Positionen innehatte. Man wusste also ziemlich genau, für wen man sich da entschied.

Sicher eine Traumposition – warum haben Sie die aufgegeben?

Ich habe die Position nicht aufgegeben, sondern es war ein bewusster Entscheid, einen Boxenstopp einzulegen. Forciert wurde dieser Entscheid durch einen medizinischen Routineeingriff, wobei ich den Fehler machte, viel zu früh wieder zur Arbeit zurückzukehren. Ein Fehler, den typischerweise «harte» Männer begehen, aber offenbar auch «harte» Frauen. Prompt gab es zwar an sich banale, aber unangenehme medizinische Komplikationen. Ich habe das zum Anlass für eine Pause genommen, damit ich wieder vollständig gesund werde, um meine Batterien aufzuladen und gleichzeitig Distanz und Raum für Reflexion zu gewinnen. Dies konnte ich mit gutem Gewissen tun, da die Jungfirma DXC Schweiz nun flügge ist und ich die Geschäftsleitungsaufgaben getrost meinem Nachfolger übergeben konnte.

Was hatte das für Folgen, was haben Sie inzwischen gemacht?

So ein Boxenstopp ist ein Charaktertest. Schon die Entscheidung dazu braucht viel innere Stärke. Denn man gibt sehr viel auf – die Welt dreht sich plötzlich nicht mehr um einen selbst und die Tage sind nicht mehr gefüllt mit Kundenmeetings, Mitarbeitergesprächen, Business Reviews und Reportings. Auch wenn man das ja eigentlich bewusst sucht, muss man zuerst in einen anderen Betriebsmodus kommen. Glücklicherweise bin ich ein höchst neugieriger Mensch, ich möchte immer etwas Neues lernen und strebe nach neuen Herausforderungen. Ich habe ursprünglich Geophysik und Geologie studiert, gefolgt von Weiterbildungen im betriebswirtschaftlichen Bereich. Momentan faszinieren mich insbesondere künstliche Intelligenz und neue Geschäftsmodelle, die durch die digitale Transformation ermöglicht werden.

Und das Risiko des Abstellgleises?

Erfolgreiche Managementkarrieren lesen sich immer wie eine Abfolge logischer, streng rationaler Entscheidungen des Betreffenden, die einfach dazu führen mussten, dass der oder die Betreffende eine so steile Karriere gemacht hat. Eine Auszeit hat in einer solchen Biografie natürlich nichts zu suchen. Nur: Die Realität sieht ein bisschen anders aus. Bei jeder noch so glänzenden Karriere spielt Glück eine entscheidende Rolle. Zum Beispiel das Glück, überhaupt als möglicher Kandidat für eine bestimmte Rolle wahrgenommen zu werden. Was auch dazu gehört: so sehr bei sich selbst zu sein und zu wissen, was man zu bieten hat und wohin man eigentlich will, dass man das Glück dann auch als solches erkennt und beim Schopf packen kann, wenn es sich denn einstellt. Für mich war und ist das ein sehr wichtiger Gesichtspunkt meiner Reflexionszeit. Angst, aufs Abstellgleis zu geraten, hatte ich nicht. Aber zugegeben: Das war nicht unbedingt meiner inneren Stärke geschuldet, sondern der Tatsache, dass ich mir einen sehr guten Leistungsausweis erarbeitet habe, mich laufend fortgebildet und ein sehr gutes Kundennetzwerk aufgebaut habe. Dies hat dazu geführt, dass ich von Anfang an Angebote hatte, wieder voll einzusteigen, die ich aber zurückstellte.

Machen Frauen eher einen Boxenstopp als Männer?

Ich bin überzeugt davon. Männer sind viel mehr darauf getrimmt, um keinen Preis aufzugeben. Das kann natürlich ein Vorteil sein. Oft ist es aber auch ein Nachteil: «Mehr desselben» ist nicht immer die Lösung, oft gibt es bessere Lösungen oder neue interessante Möglichkeiten, die man in der Verbissenheit nicht wahrnimmt. Frauen sind viel eher bereit, für sich selbst und für die gestellte Aufgabe neue Wege zu gehen. Sie sind weniger gefährdet, in der Karriere-Ochsentour abzustumpfen. Eine Auszeit ist eine Möglichkeit, dieser Gefahr zu begegnen. Das war für mich sehr wichtig: Ich war lange Zeit bei Hewlett Packard und dann beim Spin-off DXC Schweiz – eine Pause war schlicht angesagt.

Was haben Sie inzwischen unternommen?

Zuerst habe ich meine Batterien wieder voll geladen, bin nun gesund und habe meine Karriere im Detail und kritisch reflektiert. Dadurch habe ich neue Erfahrungen gemacht und sehr viel gelernt. Unter anderem war und bin ich Mentorin und Business Coach für Startups. Das ist für mich, die sich bis jetzt nur in globalen Konzernen bewegt hat, eine komplett neue wichtige Erfahrung. Und ich habe auch das Glück, von Menschen umgeben zu sein, die sehr ehrliche, auch unangenehme Dialogpartner sind. Man wächst an Widerständen, das merkt man auch in Disputen mit diesen lieben Menschen. Nach einem halben Jahr weiss ich noch genauer, was ich gut kann und vor allem, was ich in den nächsten Jahren stemmen will. Die nächste Station in meinem Berufsleben wird wohl wieder eine Führungsrolle in einem Unternehmen sein, in dem meine Fähigkeiten und langjährigen Führungserfahrungen gefragt sind.

Die Veränderin

Name: Liliana Scheck

Funktion: Beraterin, ehemalige General Manager DXC Technology Schweiz, Dübendorf

Alter: 52

Familie: in einer glücklichen Beziehung mit einem Lebenspartner

Ausbildung: Diplom-Ingenieurin in Geophysik und Geologie, Uni Bukarest, Diplom-Betriebswirtin, Ludwig-Maximilians-Universität München Das Unternehmen DXC Technology gibt es seit fünf Quartalen; entstanden ist es aus CSC und HPE.

Liliana Scheck
Quelle: ZVG
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Digital Business Transformation 2020

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