Eine regional differenzierte Sicht lohnt sich für die Einschätzung
der zukünftigen Leerstände. Der Trend zu höheren Leerständen wird sich 2019 nur geringfügig abschwächen.
Es kann von rund 6800 zusätzlichen leeren Mietwohnungen ausgegangen werden.
Am 1. Juni 2018 standen mehr als 72’000 Wohnungen leer, ein Plus von über 8000 Wohnungen gegenüber dem Vorjahr. Vier von fünf der leeren Wohnungen werden vermietet. Angebot und Nachfrage sind im Mietsegment in den vergangenen Jahren auseinandergedriftet. Einerseits hat der Anlagenotstand den Bau der Mietwohnungen angetrieben. Anderseits hat
die rückläufige Zuwanderung die Zusatznachfrage nach Wohnraum geschwächt. Heute werfen die Eigentümer von Mietwohnungen ein wachsames Auge auf die steigenden Leerstände – die Sorgen dürften regional sehr unterschiedlich sein.
Die höchsten Leerwohnungsziffern von Mietwohnungen finden sich in der
Grossregion Espace Mittelland, insbesondere in Solothurn, Olten, Biel und Oberaargau.
In diesen Regionen steht mehr als jede zwanzigste Mietwohnung leer. Auch in Aarau und Brugg betragen die Leerziffern
über 5 Prozent. Derart hohe Leerwohnungsziffern findet man ansonsten nur noch in den Walliser Regionen Siders und
Goms. Meistens sind die hohen Leerstände mit einer regen Bauaktivität der vorherigen Jahre verbunden. Biel, Oberaargau und Goms konnten ihre Mietwohnungen aber trotz unterdurchschnittlicher Bautätigkeit nicht füllen. Dies deutet auf strukturelle Probleme hin. Im Gegenzug konnten einige Regionen das zusätzliche Wohnangebot von über 2 Prozent pro Jahr bislang absorbieren. So zum Beispiel die Zürcher Regionen Glattal-Furttal und Limmattal. Es kann also nur sehr lokal von einer Überproduktion bei Neuwohnungen gesprochen werden. In den Städten sind die Leerstände noch immer auf sehr tiefem Niveau. Naturgemäss war die Bautätigkeit dort bescheidener als auf dem Land. In ländlichen Gebieten liessen sich auf grüner Wiese oft sehr grosse Bauprojekte realisieren. Unbebautes Bauland ist in den Zentren hingegen rar, während Verdichtung mit einem grösseren Aufwand verbunden
ist. In den Städten Zürich, Bern, Genf und Luzern hat sich die Anzahl leerer Mietwohnungen kaum verändert oder war sogar leicht rückläufig. Selbst in Aarau und Solothurn, die in ihrem direkten Umland mit hohen Leerständen zu kämpfen haben, waren im Jahr 2018 weniger Mietwohnungen frei als im Vorjahr. Doch auch bei den Städten gibt es Ausnahmen. In Basel, Lausanne, St. Gallen und Lugano standen am 1. Juni mehr als 200 zusätzliche Mietwohnungen frei. Bemerkenswert ist der Anstieg in Lugano und St.Gallen, da er nicht mit einer hohen Bautätigkeit zusammenhängt. Diese Städte scheinen nicht immun zu sein gegen die allgemeine Tendenz zu höheren Leerständen. Der Trend zu mehr leeren Mietwohnungen dürfte auch im kommenden Jahr
anhalten. Wir rechnen per 1. Juni 2019 in der Schweiz mit rund 6800 zusätzlichen leeren Mietwohnungen. Diese Einschätzung lässt sich mit einer einfachen Rechnung plausibilisieren. Gemäss ausstehenden Baubewilligungen prognostizieren wir in diesem Jahr in der Schweiz eine Neubautätigkeit von rund 45 000 Mietwohnungen. Dieses Angebot steht einer zusätzlichen Nachfrage von rund 38 000 Mietwohnungen gegenüber, die sich ihrerseits aus der Zuwanderung, dem natürlichen Bevölkerungswachstum und einer durchschnittlichen Belegung von 2,1 Personen pro Haushalt ergibt.
Erstellt man diese Rechnung sehr kleinräumig für alle Regionen der Schweiz, so zeigt sich ein regional sehr differenziertes Bild zur Entwicklung der Leerwohnungen im Jahr 2019. Es lässt sich festhalten, dass
die Leerstände in den kritischen Regionen Solothurn, Olten, Biel, Oberaargau sowie in der Walliser Region Siders im Rahmen des schweizerischen Durchschnittes steigen werden. Ein überproportionaler Anstieg ist bei den grösseren Mietmärkten in Basel und Lausanne zu erwarten. Das Niveau der Leerziffern wird aber weiter auf tiefem Niveau bleiben. Einen spürbaren Rückgang der Leerwohnungen erwarten wir neben Zug in den Regionen Berner
Oberland und in weiten Teilen des Kantons Graubünden. Im Kanton Zürich werden die Leerstände in den Regionen
Zürcher Oberland und Unterland sowie Glattal-Furttal und Knonauer Amt im Rahmen der schweizerischen Entwicklung anziehen. In den Städten Zürich und Winterthur sowie in den Regionen Limmattal und Zimmerberg sind etwas weniger leere Mietwohnungenwahrscheinlich. Die Überproduktion von Mietwohnungen wird in gewissen Regionen ein Thema bleiben. Vermietungsprobleme haben nicht zwingend die heutigen Investoren – Neubauwohnungen sind beliebt. Die Vermietung älterer Objekte wird schwieriger.