Das Startup Glice aus Luzern hatte kürzlich einen grossen Auftritt an der World Winter Sports Expo in Peking. Es hat dort einen innovativen Kunststoff vorgestellt, mit dem sich Eisbahnen ganz ohne Eis betreiben lassen. Die Schlittschuhe schlitzen mit ihren Kufen die Moleküle einfach so auf, dass ein Gleitstoff freigesetzt wird. Auf dem Kunststoff lässt sich dann bei minimaler Reibung wie auf echtem Eis gleiten. Der Betrieb dieser Kunststoffeisbahn benötigt keinen Strom, egal wie heiss oder kalt es in der Umgebung ist.

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Glice möchte die Technologie auch bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking zum Einsatz bringen. Schon heute sind annähernd 400 Kunststoffeisbahnen von Glice in über achtzig Ländern in Betrieb. Dabei ist die Firma gerade mal knapp fünf Jahre alt.

Wenig Bürokratie

Dass seinerzeit Luzern zum Firmenstandort gewählt wurde, ist Mitgründer Viktor Meier zu verdanken. Er war vorher zwar beruflich schon auf der halben Welt tätig, unter anderem auch bei einem amerikanischen Technologie-Startup.

«Wir hätten auch von London, Berlin, Hongkong oder von irgendwoher operieren können», räumt er ein. Aber den Urstadtluzerner zog es, als er selber geschäftliche Wurzeln schlagen wollte, zurück in seine alte Heimat. «Es war der richtige Entscheid, denn wir konnten unser Unternehmen ohne bürokratische Hürden zügig starten», betont er. Zudem sei Luzern eine attraktive Stadt, um Kunden aus der ganzen Welt zu empfangen. Bereits ein Jahr nach dem Start schaffte die Firma den Break-even. Mittlerweile arbeitet sie hochprofitabel.

Fundamental – ohne Fundament

Knapp ein Jahr alt ist die Firma Stopdigging Schweiz, doch auch das Jungunternehmen aus Kriens ist operativ schon voll im Geschäft. Es hat bereits mehrere hundert Projekte ausgeführt: Carports, Gartenhäuschen, Terrassen, Pergolas, Beschilderungsstangen, Fahnenmasten und mehr. Der Clou dabei: Statt mittels Graben und Betonieren zuerst ein klassisches Fundament zu bauen, wird alles mittels Spezialschrauben direkt in den Untergrund verschraubt. Die Nachfrage nach der innovativen Befestigungstechnologie ist so gross, dass die Firma mit ihren bislang sechs Beschäftigten laufend neue Mitarbeiter einstellen muss.

Genauso wie Glice hat Stopdigging keine spezifische Startup-Location gesucht, sondern ist in einem gewöhnlichen Gewerbegebiet angesiedelt. Gründer und Firmenchef Giuseppe Raffa ist vom gewählten Standort begeistert und sagt: «Luzern liegt perfekt im Zentrum der Schweiz, was für unser Geschäft wichtig ist – und die Firmensteuern sind tief.»

Die rasche Etablierung auf dem Markt erklärt sich in diesem Fall damit, dass Stopdigging auf ein fertig entwickeltes Produkt aus Schweden zurückgreifen konnte. Die innovative Geschäftsidee, auf die Raffa eher zufällig gekommen ist, basiert nun darauf, den mit den Fundamentschrauben bisher unbeackerten Schweizer Markt abzudecken.

Babynahrung ohne Zusatzstoffe

Ebenfalls bereits bei den Kunden ist das vor zwei Jahren gegründete Startup Yamo. In diesem Sommer lancierte es seinen Bio-Babybrei. Dieser ist vorerst in sieben, später dann in zehn Sorten erhältlich. Es ist weltweit die erste Babynahrung ganz ohne Zusatzstoffe, die trotzdem über mehrere Wochen im Kühlschrank haltbar bleibt. Dafür sorgt die schonende Hochdruckpasteurisierung, die zwar Bakterien und Keime zerstört, aber nicht die Vitamine und den Geschmack.

Kürzlich hat Yamo eine erste Finanzierungsrunde gestartet und namhafte Investoren wie den Doodle-Gründer Myke Näf mit an Bord geholt. Mit dem Geld soll nun der europäische Markt erschlossen werden. «Bisher gibt es auf dem ganzen Kontinent kein vergleichbares Produkt», sagt Yamo-Verkaufschef Luca Michas.

Der Bio-Babybrei ist ein fruchtbares Ergebnis des Smart-up-Hubs der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Im Rahmen dieses Experimentierfeldes finden Studenten günstige Bedingungen, um noch während der Ausbildung ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Der aktuelle Standort von Yamo am Bahnhof Zug ist ein Kompromiss der drei Firmengründer, die in Luzern und in Zürich zu Hause sind. «Mit der lebendigen Zürcher Startup-Szene tauschen wir uns denn auch regelmässig aus», so Michas.

Alarm beim Pollenalarm

Die Neuerfindung der E-Gitarre war der Auslöser für die Gründung des Startups Relish Brothers. Die eigentliche Innovation liegt nun im mehrschichtigen Korpus, der dem Instrument einen noch schöneren Klang verleiht. Nach einer ersten Luxusversion haben die Jungunternehmer im letzten Jahr ein günstigeres zweites Modell lanciert. Damit sollen nun breitere Käuferkreise anvisiert und die weltweite Expansion vorangetrieben werden. Im Gewerbegebiet von Sempach Station hat die Firma ihren eigenen Startup-Biotop gefunden.

Als Spin-off der Hochschule Luzern – Technik & Architektur wurde im letzten Jahr die Firma Swisens aus der Taufe gehoben. Deren Businessplan gewann am diesjährigen Startup-Tag Zentralschweiz den ersten Preis. Swisens entwickelt Geräte, mit denen Pollen und allergene Partikel in der Luft gemessen und empfindliche Personen endlich in Echtzeit und nicht wie mit heutigen Pollenmessdaten viel zu spät gewarnt werden können. Momentan baut das Jungunternehmen aus Horw feldtaugliche Prototypen. «Die Geräte werden wir in der Pollensaison 2018 mit Meteo Schweiz unter realen Bedingungen testen», erklärt CEO Erny Niederberger.

Für gesündere Tiere

Geradezu Blockbuster-Potenzial verspricht der vom Startup Twenty Green entwickelte Futterzusatz für Tiernahrung. Das Probiotikum stärkt nicht nur das Immunsystem der Tiere, sondern hilft ihnen, die Nahrung besser zu verwerten, sodass sie insgesamt weniger Futter benötigen und gesünder bleiben. Twenty Green erhielt im Frühling dieses Jahres den Pionierpreis der Zürcher Kantonalbank (ZKB).

Das Jungunternehmen hat seinen Sitz im Technopark Luzern in Root. Es ist aber gut eingebunden ins nationale Startup-Netzwerk mit Verbindungen zu den Hochschulen, auch im Rahmen eines KTI-Projektes. Der Immunologe und Mitgründer Duncan Sutherland ist Australier und hat seine Forschungsbasis weiterhin an der EPFL.

Zalando für Bagger

Apropos Technopark Luzern, der zum eigentlichen Gravitationszentrum der Zentralschweizer Startup-Szene geworden ist, zum Beispiel auch für Avantyard. Die Firma wartet mit einer Weltneuheit auf: Dem multifunktionalen Komposteimer Freezy Boy, der den Küchenabfall auf minus fünf Grad Celsius kühlt und ihm so den unangenehmen Geruch nimmt. Der coole Behälter geht demnächst in die industrielle Produktion und steht kurz vor der Markteinführung: Ab Januar 2018 wird er online und in über hundert Küchenstudios der Schweiz erhältlich sein.

Auffallend viele Startups aus dem IT-, Fintech- und Online-Handelsbereich konzentrieren sich auf den Standort Zug, so auch Equippo. Das Jungunternehmen machte in den Medien Schlagzeilen als «Zalando für Bagger». Tatsächlich finden auf dem Equippo-Marktplatz interessierte Käufer hochwertige gebrauchte Baumaschinen.

Das Startup wickelt dabei die gesamte Verkaufslogistik ab, inklusive Transport. Ganz nach dem Vorbild des deutschen Modehändlers bietet es auch eine Geld-zurück-Garantie. Das 18-köpfige internationale Team zählt auf Kunden auf der ganzen Welt. Die beiden Gründer Michael Rohmeder und Philipp Knobel sind keine unerfahrenen Jungunternehmer. Sie können schon längere berufliche Karrieren in die Waagschale werfen – eine Eigenschaft übrigens vieler Zentralschweizer Jungunternehmer. Mit dem Vorteil, dass sie öfters Geschäftsmodelle kreieren, die weniger auf langwierigen Hightech-Entwicklungen beruhen, dafür umso praktikabler und schneller marktfähig sind.