Wer Tesla fährt, der verdient viel Geld und möchte etwas für die Umwelt tun – so das gängige Stereotyp über die Käufer dieser Elektrofahrzeuge, die mit Extras leicht über 150 000 Franken Kaufpreis liegen. Der St. Galler Wirtschaftsprofessor Andreas Herrmann, Autoexperte und Leiter der Forschungsstelle für Customer Insight, wollte es genauer wissen und startete eine Feldstudie, deren Ergebnisse der BILANZ exklusiv vorliegen.

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Unterstützt wurde er von Theo Lieven, einst Gründer des deutschen Computerhändlers Vobis, den er später verkaufte, um danach eine wissenschaftliche Laufbahn bis zum Titularprofessor für Marketing in St. Gallen einzuschlagen. Er arbeitet an Herrmanns Institut mit, figuriert auf der Liste der 500 reichsten Deutschen – und fährt selbst Tesla.

Erste Erkenntnis: Tesla-Fahrer sind tendenziell männlich. Von 927 Mitgliedern des Swiss Tesla Owners Club (STOC) sind 832 Männer, 45 Firmen und 50 Frauen. Um die Umwelt, sagt Lieven, «geht es den Tesla-Enthusiasten, denke ich, nicht vorrangig», schliesslich wisse man um den Ressourcenverbrauch bei der Batteriefertigung. Womöglich spiele Lärmschutz eine gewisse Rolle. Er kenne aber Tesla-Fahrer, «die so oft wie möglich in ihr Privatflugzeug steigen».

Neugierig und risikobereit

Lieven sieht sich selbst als typischen Vertreter der Tesla-Kunden. Ihn habe das Auto begeistert, schon als er 2007 ein erstes Foto erblickte, «und ich sah mich als First Mover», als Vorreiter einer kommenden Technologie also. Herrmann ordnet Tesla-Fahrer als neugierig, risikobereit, als Anhänger «disruptiver» Entwicklungen, der «konstruktiven Zerstörung» ein, die Pioniergeister schätzen, wie Tesla-Vormann Elon Musk einer sei.

Viele, sagt Herrmann, «würden auch einen Tesla fahren, wenn er doppelt so teuer wäre», zumal viele dank des Autos das Gefühl hätten, «auf der richtigen Seite zu stehen», zu wissen, wohin die Welt sich bewegt. Viele seien unternehmerische Typen und gehörten tatsächlich zur finanziellen Oberklasse. Lieven tauschte einen Porsche gegen seinen Tesla ein – den Roadster, wohlgemerkt, das erste Tesla-Modell, gebaut bei Lotus in England. Es wurde 2009 mit der frühen Seriennummer 49 angeliefert, und Lieven schätzte es, «dass ich von St. Gallen nach Lugano fahren konnte und immer noch 80 Kilometer Reichweite übrig hatte».

Sinkende Verkaufszahlen in der Schweiz

Wie wichtig Reichweite, also Unabhängigkeit, ist, habe Elon Musk lange vor allen anderen erkannt. Doch die Person Musk, sagt Lieven, habe bei seinem Kaufentscheid keine Rolle gespielt. Er glaube auch nicht, dass die irrlichternden öffentlichen Äusserungen Musks ein Problem für die Vermarktung der Autos sind.
Dass zumindest in der Schweiz die Verkaufszahlen sinken, erklären sich Herrmann und Lieven mit der Kannibalisierung des etablierten Model S durch das kommende Model 3: Dieses kostet einen Bruchteil, aber es «fährt genauso schön», sagt Lieven.

Und Herrmann hält auch das Potenzial von «First-Mover-Typen» für ausgeschöpft: «Die Zahl der Theos dieser Welt ist endlich.» Herrmann geht davon aus, dass für Tesla eine schwierige Zeit bevorsteht, weil nun die etablierten Hersteller mit E-Autos an den Markt kommen: «Bald schauen Kunden wieder auf die üblichen Kriterien am Automarkt wie Interieur, Verarbeitung, Servicequalität und Wiederverkaufswert.»
Selbst Tesla-Anhänger Lieven gibt zu: «Wenn BMW ein elektrisches 6-er-Cabrio brächte, würde ich sofort umsteigen.»