Apple will seiner Apple Watch endgültig zum Durchbruch verhelfen. Die nächste Version der Computeruhr wird offenbar ohne das iPhone auskommen, heisst es. Doch der Tech-Riese ist nicht der einzige mit einem solchen Vorhaben: Auch Uhren-Zampano Jean-Claude Biver plant den nächsten Smartwatch-Coup. Er wird eine Telefon-Uhr lancieren, wie er im Interview sagte. Genau wie Apples vorgebliche Pläne soll sie alle Funktionen bieten, ohne an ein Telefon gekoppelt zu sein.

Bisher müssen Apple-Watch- und auch Connected-Träger immer das Telefon dabei haben, um alle Funktionen nutzen zu können. Damit soll nun offenbar Schluss sein. Wie seine Pläne aussehen und was die unabhängige Apple-Watch für die Schweizer Uhrenindustrie bedeutet, sagt Biver im Gespräch:

Apple will seine nächste Apple Watch offenbar mit Chips von Intel bestücken. Sie arbeiten für Ihre Smartwatch TAG Heuer Connected auch mit Intel zusammen. Wird Intel nun auf Druck von Apple die Zusammenarbeit mit Ihnen beenden?
Nein, davor habe ich keine Angst. Apple und Intel sind schon lange Partner, für uns ändert sich nichts. Intel macht 60 Milliarden Dollar Umsatz. Wenn wir 100'000 Mikroprozessoren kaufen, können wir Intel natürlich nicht diktieren, mit wem sie Geschäfte machen.
 
Die nächste Apple Watch soll unabhängig vom iPhone funktionieren. Verschafft das der Apple-Uhr den Durchbruch?
Wenn Apple oder wir von TAG Heuer in den nächsten Monaten eine Uhr mit LTE-Funktion herausbringen, dann wird die Uhr erfolgreicher, als sie es jetzt ist. Allerdings hängt der Erfolg von verschiedenen Faktoren ab: Wie lange hält die Batterie? Wie dick und wie gross ist die Uhr? Und wie gut funktioniert die Kommunikation? Für alle diese Fragen braucht es gute Antworten, damit die Uhr ein Erfolg wird. Doch mittelfristig ist die Unabhängigkeit vom Smartphone die Lösung.
 
Sie haben vor, eine TAG Heuer Connected zu lancieren, die ohne Smartphone auskommt?
Wenn Intel und Apple diesen Schritt machen, dann bleiben wir nicht zurück. Wir wollen mitziehen.
 
Führen Sie bereits entsprechende Gespräche mit Intel?
Die Gespräche laufen seit über einem Jahr. Wir haben ja ein Büro in Palo Alto mit zwölf Ingenieuren und sind ständig am Ball. Wir werden auch eines Tages eine Uhr haben, die unabhängig vom Telefon ist.
 
Wann kommt diese Uhr auf den Markt?

Wir werden sie bestimmt nicht lange nach Apple herausbringen. Vielleicht kommt sie sogar gleichzeitig, oder ein paar Wochen vorher heraus. Den genauen Zeitpunkt kann ich nicht sagen – das wissen wir selber noch nicht.
 
Manche Experten erwarten, dass die neue Apple Watch bereits im September präsentiert wird – dann müssen Sie bei TAG Heuer pressieren.
Das ist ja bereits in zwei Monaten – das würde mich überraschen. Es ist aber immer möglich, dass ein Prototyp oder eine Sonderanfertigung herauskommt. Leider arbeite ich nicht bei Apple und habe nicht Zugriff auf die geheimen Informationen.
 
Wie stark gefährdet die Apple Watch die Schweizer Uhrenindustrie?

Die Schweizer Uhrenindustrie macht den grössten Teil ihres Umsatz in der höheren Preiskategorie. Um diese Hersteller, die traditionelle Uhrmacherkunst betreiben, habe ich keine Angst. Die Gefahr besteht vor allem für die tiefen Preiskategorien – bei den Uhren, die mit Batterien angetrieben werden. Das betrifft auch einen Teil des Umatzes von TAG Heuer. Deswegen entwickeln wir auch Smartwatches, um unsere eigenen Produkte zu schützen und diesen Umsatz nicht zu verlieren.
 
Müssen alle Schweizer Hersteller, die bedroht werden, ein Konkurrenzprodukt zur Apple Watch haben?
Das ist es, was ich gemacht habe. Ich bin aber kein Visionär für die Industrie. Bei TAG Heuer haben wir nun ein Produkt, das wir den Kunden als exklusive Schweizer Alternative zur Apple Watch anbieten können. Aber bei Hublot und Zenith habe ich keine Smartwatch entwickelt, weil ich um diese Marken keine Angst habe. Sie sind kompatibel mit der Apple Watch – man kann sowohl ein Smart-Auto und ein Ferrari besitzen.
 
Sind Sie trotz Smartwatches zuversichtlich für die Zukunft der Schweizer Industrie?

Wir werden vor der Smartwatch nicht kapitulieren. Viele der Marken müssen gar keine Antwort darauf finden. Es wäre ein Katastrophe, wenn die ganze Industrie auf Smartwatches setzen würde. Die Hersteller müssen lediglich auf ihrem Gebiet weiter gut arbeiten, hohe Qualität liefern und kreativ bleiben. Sie müssen weiterhin Emotionen und Statussymbole verkaufen. Wenn sie eine Schweizer Uhr kaufen, besitzen sie ein Stück Ewigkeit. Wenn sie eine Apple Watch tragen, haben sie Technologie am Handgelenk. Es wird immer Leute geben, die sagen, «ich will keine Technologie am Handgelenk».
 
Wie geht es weiter mit der TAG Heuer Connected?
Im November kommt eine kleinere Version der TAG Heuer Connected Modular 45 heraus. Sie wird einen kleineren Durchmesser haben. Die nächste Version der Connected wird wahrscheinlich über die Telefonfunktion verfügen.
 
Von der ersten Connected haben Sie rund 60'000 Stück verkauft. Werden Sie vom zweiten Modell mehr Exemplare absetzen?
Wir müssen jetzt abwarten, sie ist ja erst seit Ende März auf dem Markt. In diesen vier Monaten ist sie zur bestverkauften Uhr von TAG Heuer geworden. Aber genaue Zahlen gebe ich nicht bekannt – ich mache es wie Apple.
 
Können Sie uns wenigstens eine Grössenordnung nennen, wie viele Sie ungefähr produzieren?

Es sind wenige Zehntausend Stück. Wir wollen gar nicht Millionen von Smartwatches verkaufen. Wir bleiben exklusiv und auch relativ teuer. Unsere Smartwatches verkaufen wir im Schnitt für 1600 Franken. Das ist schon ein stolzer Preis für eine intelligente Uhr, doch sie bekommen für diesen Preis Exklusivität, Qualität und das Gütesiegel Swiss Made.

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