Das Museum Rietberg hat das Thema Masken schon in etlichen Ausstellungen thematisiert. Es besitzt selber eine sehr schöne Maskensammlung, zu der es seit der Gründung vor rund 50 Jahren zum Teil durch Schenkungen, zum Teil durch Ankauf gelangte. Der grösste Teil der 150 Exponate, von denen viele aber schon lange nicht mehr ausgestellt waren, stammt denn auch aus der eigenen Sammlung.

Masken sind ein weltweites Phänomen. Seit Urzeiten verhüllen Menschen ihr Gesicht, nehmen mit Hilfe einer Maske eine andere Identität an, verwandeln sich. Masken setzen Kräfte und Emotionen frei sei es im Theater, bei religiösen Riten, bei Festen, Bestattungen oder bei Demonstrationen politischer Macht.

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Betrachtet man die Kulturen der Welt, fällt einem nicht nur der grosse Reichtum an unterschiedlich geformten Masken auf, sondern auch eine erstaunliche Vielfalt an Maskentraditionen: Während in unserem Kulturkreis Masken hauptsächlich in der Fasnachtszeit verwendet werden, offenbaren Masken in anderen Weltgegenden das Wesen von Ahnen, Geistern oder Gottheiten. Ebendiese bemerkenswerte Vielfalt möchte die Ausstellung deutlich machen. Gezeigt werden sechzehn verschiedene Maskentraditionen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Bei der Präsentation und inhaltlichen Vermittlung der Objekte beschloss man im Hinblick auf die geplante Erweiterung mit den neuen Ausstellungsräumen , neue Wege einzuschlagen: Jede der sechzehn Abteilungen wird auf individuelle Art vorgestellt, sei es mit einer theaterhaften Mise en Scène, mit dem Einsatz von Videos und Filmprojektionen oder mit einem Computerprogramm. Auf diese Weise ist es gelungen, die Expo-nate attraktiv und spannend zu präsentieren.

Berühmt-berüchtigtes Treiben

Wilder und exotischer als sämtliche afrikanischen Masken wirken einige aus der Schweiz. Sie stammen beispielsweise aus dem Sarganserland, wo die Flumser Fasnacht seit jeher berühmt-berüchtigt war und das fasnächtliche Treiben oft in wüste Schlägereien ausartete. Nicht selten übte man hinter der schützenden Maske Rache für erlittenes Unrecht. In der March, im Kanton Schwyz, wo sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Textilindustrie entwickelte, nimmt die Märchler Röllimaske dagegen das faltenlose Gesicht und den rosigen Teint der Industriellen aufs Korn. Ausgesprochen urtümlich und furchterregend wirken die Fasnachtsmasken aus dem Lötschental, obwohl die ältesten erhaltenen Masken erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Versteckt hinter den teilweise selbst geschnitzten Masken, setzten junge Männer in zottigen Pelzen, ausgerüstet mit Russ, Blut und Jauche, den verschreckten Dorfbewohnern nach.

Um einiges gesitteter ging es da bei den im Südwesten Alaskas lebenden Yup'ik zu, die Maskentänze aufführten, um die Seelen der Jagdtiere zu besänftigen. Da sie der Überzeugung waren, dass alles was existiert, eine unsterbliche Seele besitzt, mussten auch Tiere mit Respekt getötet werden. Nur dann, so glaubten sie, würde sich der Körper des erbeuteten Tieres dem Menschen als Nahrung zur Verfügung stellen. Bei den in Südost-Alaska heimischen Tlingit-Indianern unterhielten Schamanen vielfältige Beziehungen zu hilfreichen Tiergeistern, die sie als Masken abbildeten.

In Papua-Neuguinea, entlang dem Sepik-Fluss, wiederum organisierten sich einzelne Bevölkerungsgruppen in Klanen, die sich jeweils auf einen mythischen Vorfahren berufen. Maskierte Mitglieder dieser Geheimbünde traten als Geistwesen auf, um mit den Ahnen Verbindung aufzunehmen.

Die seltenen Schildpatt-Masken von den Inseln der Torres-Strasse zwischen Australien und Papua-Neuguina wurden fast ausschliesslich zu Initiations- und Erntefeiern im abgeschlossenen Bereich des Männerhauses benutzt, während die schauerlichen Maskenwesen Tibets hochrangige Schutzgottheiten des Buddhismus darstellen. In Afrika spielen Masken noch heute eine wichtige Rolle. So besitzen die Maskengesellschaften in der südwestlichen Graslandregion von Kamerun das Recht, einen korrupten oder unfähigen König abzusetzen. Die als gute Sänger und Tänzer berühmten Guro der Elfenbeinküste glauben, dass Jäger in mythischer Vorzeit heilige Masken und Kulttrommeln von den Tieren der Wildnis erbeutet hätten, während bei den Pende in Zentralafrika Masken vor allem während der Initiation der Knaben eine wichtige Rolle spielten.

Unterhaltung und Moralpredigt

Gegensätzlicher dazu könnten die typisierten Maskengesichter, aber auch die bis zum Äussersten getriebene gestische Sparsamkeit der Tänzer des japanischen Nô-Theaters nicht sein, wo das Erleben und schliesslich das Überwinden von seelischen Abgründen ein immer wiederkehrendes Thema ist. Eine Art musikalisch untermalte Pantomime ist das Maskentheater in Java, in dem meist der mythologische Prinz Panji eine zentrale Rolle spielt. Unterhaltung und Moralpredigt, politische Satire und Gesellschaftskritik verbindet schliesslich das Kolam-Theater auf Sri Lanka. Die von männlichen Tänzern getragenen Masken verkörpern gute und böse Dämonen, Herrscher, Trunkenbolde oder einfältige Bauern.

Es ist dies die letzte Wechselausstellung in der Villa Wesendonck vor dem im Frühsommer beginnenden Aus- und Umbau des Museums, der rund 40 Mio Fr. kosten wird. Die Neueröffnung ist für den Winter 2006/2007 geplant. In der Zwischenzeit werden in der zum Museum Rietberg gehörenden Park-Villa Rieter und im Haus zum Kiel weiterhin Ausstellungen durchgeführt.

Museum Rietberg Zürich, Gablerstrasse 15, bis 28. März 2004. Interaktive Führungen «Masken im Dialog» finden jeweils am Samstag, den 7.2., 6.3. und 27.3.2004 von 10 bis 11.45 Uhr statt.