Über 400 neue Arbeitsplätze, 1 Milliarde Franken Investitionen und das alles im ländlichen 3400-Selen-Dorf Luterbach im Kanton Solothurn. Agiert die Firma Biogen völlig entgegen dem Trend der von Masseinwanderungsinitiative und Euro-Mindestkurs gebeutelten Schweizer Wirtschaft? Es scheint so. Näher betrachtet zeigt sich jedoch, dass Biogens Engagement nicht quer in der Landschaft steht – ganz im Gegenteil.

Der Biotechnologie-Sektor boomt weltweit wie schon lange nicht mehr. In den USA wagten im letzten Jahr 63 Firmen der Branche den Börsengang, 41 neue Produkte wurden von der amerikanischen Regulierungsbehörde FDA zugelassen und 82 in der EU durch die EMA, zeigt eine Analyse der Unternehmensberater von Ernst & Young.

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Die Branche boomt

In der Schweiz ging letztes Jahr Molecular Partners an die Börse. Der Top-Performer am SMI war die Schweizer Biotechfirma Actelion. Santhera wiederum belegte mit einem Plus von 2186 Prozent den Spitzenplatz beim Swiss Performance Index (SPI).

Der Branchenverband Swiss Biotech Association zählt 207 Biotechfirmen, die in der Schweiz auch Forschung betreiben. 137 waren es noch vor zehn Jahren. 719 Millionen Franken Kapital wurden 2014 im hiesigen Biotechnologiesektor eingesammelt, 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Arbeiteten 2012 gesamthaft noch 13'713 Personen in der Branche, waren es zwei Jahre später bereits 14'492.

Ganze Reihe neuer Projekte

Das Milliarden-Projekt von Biogen ist nur die letzte Meldung einer ganzen Reihe Investitionen, welche die Biotechnologiebranche in der Schweiz tätigte oder noch tätigen wird: 2014 öffnete eine Fabrik der belgischen UCB in Bulle die Tore – 140 neue Arbeitsplätze entstanden, 300 Millionen Franken waren gebucht.

CSL Behring wird im Seeland im Kanton Bern (Lengnau) eine Fabrik mit 300 Jobs eröffnen, investiert werden 50 Millionen Franken. Im luzernischen Entlebuch arbeiten seit einigen Monaten 250 Personen für eine Merck-Tochter. Roche wird in Kaiseraugst 500 Millionen Franken investieren und Celgene hat im Val de Travers im Neuenburger Jura eine neue Produktionsstätte angekündigt.

Lange Verbundenheit zur Schweiz

Im Falle Biogens könnten für das Engagement in der Schweiz aber auch noch eine lange Vertrautheit mit dem Land den Ausschlag gegeben haben. Gegründet wurde die Firma 1978 ursprünglich in Genf, wenige Jahre später zog man in die USA. 2006 zogen die Amerikaner zudem in der Schweiz einen dicken Fisch an Land. Damals kauften sie die kleine Aktiengesellschaft Fumapharm.

Deren Inhaber entwickelten ein erfolgreiches Mittel gegen die Schuppenflechte und bemerkten dann, dass die Basis ihres Mittels auch gegen Multiple Sklerose (MS) helfen könnte. Sie verkauften ihr Unternehmen für 220 Millionen Franken an Biogen. Der Konzern entwickelte dann aus der Fumapharm-Forschung das Mittel Tecfidera, das gegen MS eingesetzt wird.