Auf der Basler Messe 2001 stellte das Luzerner Uhren- und Schmuckunternehmen Bucherer seine Uhren-Neuheiten erstmals unter der Marke Carl F. Bucherer vor. Mit der personifizierten Marke knüpfte das Luzerner Familienunternehmen an die Pionierleistungen seines Gründers Carl F. Bucherer (1865-1933) an. Dieser lancierte seine erste Uhrenkollektion C. Bucherer 1919 und traf mit dekorativen Zeitmessern den damaligen Zeitgeist.

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Nach seinem Tode verschwand das C. aus dem Markennamen und das Sortiment wurde vom unteren bis ins gehobene Preissegment breit ausgebaut entsprechend der Kundschaft in den Bucherer-Filialgeschäften. Die Fertigung der Bucherer-Uhren erfolgte anfänglich im Bernbiet, bevor dafür 1969 in Nidau bei Biel die Firma Credos übernommen werden konnte.

Touristen multiplizieren den Bekanntheitsgrad

Obschon die zweite Generation der Familie Bucherer das Schwergewicht auf den Ausbau der Filialgeschäfte in der Schweiz und im deutschsprachigen Europa legte, entstanden in Nidau immer wieder aussergewöhnliche Uhren. So etwa der «Urvater» des neuen Patravi-Chronographen mit Grossdatum (mech. Kaliber Venus 210) im Jahre 1948. Touristen trugen Bucherer in alle Welt hinaus, über die Jahrzehnte erlangte der Namen einen bemerkenswerten Bekanntheitsgrad.

Dieser Vorteil wurde unter Jörg G. Bucherer, der dem Unternehmen in dritter Generation als VR-Präsident vorsteht, erkannt und mit der richtigen Idee umgesetzt. Ende der 90er Jahre wurde eine Projektgruppe unter der Leitung von Marcel Hossli eingesetzt, welche direkt auf die Luxusklasse hinsteuerte. Dass ein gutes Produkt und ein hoher Bekanntheitsgrad schon die halbe Marke machen, zeigte der rasche Abverkauf der ersten Kollektionen von Damen- und Herrenuhren in den Preisklassen 2000 bis 10000 Fr. für Edelstahl sowie 4000 bis 100000 Fr. für Gold- und Schmuckuhren.

Auf eigenen Beinen etwas mehr Bewegungsfreiheit

Der rasche Erfolg hatte weit gehende Umstrukturierungen zur Folge. Im Sommer 2002 konnten für das zu klein gewordene Nidauer Atelier grössere Räumlichkeiten in Lengnau bezogen und nach eigenen Bedürfnissen ausgebaut werden. Zu Jahresanfang 2003 wurde die Herstellung und Vermarktung der Carl F. Bucherer-Zeitmesser aus der Bucherer-Gruppe, die operativ von CEO Adelbert Bütler geleitet wird, in eine selbstständige Tochtergesellschaft ausgelagert.

Die CEO-Funktion der neu gegründeten Bucherer Montres SA mit Sitz in Luzern ist dem im März 2001 zur Bucherer-Gruppe gestossenen Thomas Morf übertragen worden.

In Lengnau werden die Uhren der Marke Carl F. Bucherer nicht mehr von A bis Z selbst hergestellt. Von der akribischen Bearbeitung sämtlicher Komponenten bis zur Endkontrolle der fertigen Uhren gehen die Uhrmacher jedoch mit grösster Sorgfalt vor. Der Betrieb verfolgt dafür inklusive Beschaffung der Einzelteile, Verpackung und Logistik ein striktes Qualitätsmanagement. Eine gute Zusammenarbeit mit den Zulieferern ist laut Morf genauso eine Voraussetzung wie die interne Schulung der Mitarbeitenden. Letztere werde besonders vom Personal der ausländischen Tochtergesellschaften sehr geschätzt.

Weil die zweite Hälfte erfolgreicher Markenführung im Vertrieb und in der Kommunikation liegt, überzeugte Morf Alleininhaber Jörg G. Bucherer, eigene Vertriebsgesellschaften zu gründen und aufzubauen. In den prioritären Märkten des deutschsprachigen Raums und des Fernen Ostens wurde damit 2001 gestartet.

Morfs Dualstrategie: Mechanik und Quarz

Mit der Marke Carl F. Bucherer wird nach Morfs Worten eine Dualstrategie verfolgt: Moderne Klassik mit mechanischen Werken und Schmuckuhren mit Quarzwerken. Die Basiswerke kommen von ETA; darauf bauen die Uhrmacher in Lengnau die je nach Modell erforderlichen Komplikationen auf. Solche Zusatzmechanismen zeigen sich beispielsweise bei den Modellen Patravi Chronograph mit Grossdatum oder Patravi GMT, dem Chronographen mit der Anzeige für zwei Zeitzonen, oder beim soeben lancierten Patravi- Tonneaugraphen mit der erstmaligen Kombination von Chronograph, Grossdatum und Gangreserve-Anzeige in einem Tonneaugehäuse.

Die Produktstrategie geht Hand in Hand mit der Uhrmacher-, Juwelier- und Design-Kompetenz des traditionsreichen Uhren- und Schmuckhauses. Umgesetzt wird sie von Kurt Allemann mit seinem Team. Als ausgebildeter Uhrmacher-Rhabilleur hat der seit 1977 bei Bucherer tätige Allemann ein gutes Gespür für das Machbare. Dank seiner weit reichenden fachlichen Kompetenz in der Uhrentechnik, Uhrmacherei, Uhrengestaltung und Gemmologie hat Allemann seit 1984 die operative Leitung der Qualitätssicherung im Hause Bucherer inne. Seit der Neupositionierung unter der Marke Carl F. Bucherer nimmt einen Grossteil seiner täglichen Arbeit die Entwicklung neuer Produkte in Anspruch. Als Geschäftsleitungsmitglied der neuen Tochtergesellschaft evaluiert er zusammen mit seinen übrigen GL-Kollegen die Marktbedürfnisse und -situation.

Vorläufig konzentriert man sich in Luzern und Lengnau auf drei sehr eigenständige Modelllinien:

- Pathos und

- Alacria (Schmuckuhren).

Die Richtigkeit dieser Strategie wird durch die Tatsache erhärtet, dass sich der mengenmässige Verkauf von Damen- und Herrenuhren je zur Hälfte in etwa gleich verhält. Wertmässig übertreffen die Damenschmuckuhren sogar die teure Mechanik der Herrenuhren.

Kein Heimvorteil in den eigenen Geschäften

Vorläufig konzentriert sich die Uhrensparte von Bucherer auf vier Hauptmärkte mit Übergriffen auf umliegende Gebiete. Vom Hauptsitz Luzern und dem eigenen Vertriebsunternehmen in München aus wird der ganze deutschsprachige Raum bearbeitet. «Dabei», so Morf, «haben es unsere Aussendienstmitarbeiter in der Schweiz beim Hineinverkauf in die gruppeneigenen Bucherer- und Kurz-Filialen überhaupt nicht leichter, sondern müssen genauso für den Platz in Regal und Schaufenster kämpfen wie jeder andere Markenvertreter auch.»

Von Carl F. Bucherer Hongkong Ltd. aus werden Geschäfte in China, Thailand, Taiwan und anderen Ländern getätigt sowie von Dayton/Ohio, wo Bucherer Montres im Mai die Tochtergesellschaft Carl F. Bucherer North America Inc. eröffnete, die Märkte Nordamerika, Kanada und die Karibik bearbeitet. Der Nahe und Mittlere Osten sowie Russland werden mit renommierten Partnern abgedeckt.

«Mit unserem hohen Anspruch an die Markenführung in allen Belangen bewegen wir uns klar in Nischenmärkten», stellt Morf fest. Es sei wichtig, die Vertriebswege in Schlüsselmärkten selbst zu kontrollieren, um die Markenintegrität zu wahren.

Im Sinne der Bucherer-Gruppe als Familienunternehmen schweigt sich auch die Tochtergesellschaft Carl F. Bucherer über Umsatz und Gewinn aus. Immerhin verkaufte sie im dritten Jahr bereits 8000 Luxusuhren, womit im Durchschnitt der genannten Verkaufspreise ein Umsatz von schätzungsweise 50 Mio Fr. erzielt werden dürfte. Thomas Morf rechnet denn auch, den Breakeven innert sechs Jahren, also 2007, zu erreichen. «Wir sind Optimisten, denken und handeln stets nach dem -Szenario.»



Carl F. Bucherers Botschaft: Ausgerichtet auf Menschen, die das Besondere lieben

Zu einer profilierten Uhrenmarke gehört ein eigenständiger Kommunikationsauftritt. Carl F. Bucherers Werbeleitsatz lautet deshalb: «Für Leute, die nicht mit der Zeit gehen.» Neben klassischen Werbemassnahmen, die mit der Schweizer «Agentur des Jahres 2003», Spillmann Felser Leo Burnett, entwickelt und umgesetzt werden, engagiert sich Carl F. Bucherer im Kultursponsoring ein Gebiet, das neben Banken und Versicherungen bereits andere Uhrenfirmen für sich entdeckt haben. Doch der Unterstützungsbedarf an kulturellen Anlässen ist gross genug. Und die Kundenbindung sowie die Motivation der Mitarbeitenden scheinen damit zu funktionieren. So gesehen im vergangenen Sommer im Berner Oberland, wo Carl F. Bucherer als neuer Sponsor des Menuhin-Festivals in Gstaad aufgetreten ist. Ideale Kunden sind für Morf «Menschen, die das Besondere lieben. Sie können sich eine Carl-F.-Bucherer-Uhr leisten, protzen jedoch nicht damit. Also keine Blender, sondern solche mit Understatement und einem Gefühl für besondere Ästhetik. Kurz: Menschen, die nicht aktuellen Trends nacheifern, sondern ihren eigenen Vorstellungen folgen.» (sr)