BILANZ: Seit Frühling 2003 firmiert das Generika-Geschäft der Novartis weltweit unter dem Label Sandoz und seit 2004 auch in der Schweiz. Ihre Zwischenbilanz?
Christian Seiwald: Das erste Jahr unter der Marke Sandoz hat unsere Erwartungen klar übertroffen. Wir haben den Umsatz um sechzig Prozent gesteigert; in allen wichtigen Märkten der Welt, in über hundert Ländern, treten wir einheitlich unter der Marke Sandoz auf. Die noch fehlenden Nationen werden bis Mitte 2005 auf die neue Marke umgestellt sein. Mittelfristig wollen wir zur Nummer eins in der Generika-Industrie aufsteigen.
Was heisst mittelfristig?
Wir haben kein Datum definiert. Das hängt davon ab, wie schnell sich die Industrie konsolidiert und wie unsere Konkurrenz reagiert.
Wieso haben Sie mit dieser Offensive so lange gewartet? Die Fusion Ciba–Sandoz liegt ja schon Jahre zurück.
Das hat damit zu tun, dass wir in den letzten Jahren viele Akquisitionen getätigt haben, die es zu verdauen galt. Dann, im Jahr 2002, haben wir festgestellt, dass wir im Generika-Geschäft weltweit mit vierzehn unterschiedlichen Marken am Markt sind. Das haben wir mit der Einheitsmarke Sandoz nun korrigiert.
Was hat es gekostet, die Marke Sandoz wieder zu revitalisieren?
Das lässt sich nicht genau beziffern. Wir haben ein Marketing- und Vertriebsbudget, das wir nicht offen aufschlüsseln. Sie können davon ausgehen, dass wir entsprechende Mittel haben, um die Marke Sandoz zu revitalisieren und zu bewerben.
Inwieweit konkurrenziert das Generika-Label Sandoz die «Luxusmarke» Novartis?
Aus meiner Sicht überhaupt nicht. Zahlreiche Medikamente, die nun unter Sandoz verkauft werden, gehörten ja schon vorher zur Generika-Sparte der Novartis. Das nun unter einer Einheitsmarke zu tun, ist ein wichtiger Bestandteil der gesamten Novartis-Strategie. Novartis bietet ja sowohl innovative Arzneimittel an als auch hochqualitative Generika. Dieses Angebot ist aus unserer Sicht auch ein gutes Argument in Verhandlungen mit Ärzten und Gesundheitsbehörden.
Übers Ganze gesehen, rechnen Sie eher mit einer Marktausweitung als mit einer Kannibalisierung?
Die Generika können ja erst dann eingeführt werden, wenn die Patente des Originalproduktes abgelaufen sind. Wer immer der Originalhersteller des Produktes ist, verliert Marktanteile und Umsatz. Im Gegenzug dazu gewinnen die Generika-Hersteller Umsatz, wobei das nicht im gleichen Ausmass erfolgt auf Grund der niedrigeren Preise für Generika-Produkte. Positiv für uns ist: In der nächsten Zeit laufen bei Novartis nur wenige Patente ab.
Sie rechnen damit, im Generika-Markt eher durch Patentabläufe der Konkurrenz zu profitieren?
Richtig.
In den USA sind die Preise für Originalmedikamente um die Hälfte höher als in Europa. Der Druck auf die Preise ist da. Sehen Sie die Marke Sandoz als Fallschirm gegen derartige Marktrisiken?
Die USA sind der grösste Markt für Originalprodukte. Die höheren Preise resultieren auch daraus, dass ein wesentlich intensiverer Forschungsaufwand betrieben wird. Die USA sind auch für Generika der mit Abstand grösste Markt mit einer Generika-Durchdringung von über 50 Prozent.
Was heisst das?
Sie können Generika nur dort verkaufen, wo Originalpatente abgelaufen sind. In den USA existiert in mehr als der Hälfte dieser Fälle ein Angebot eines Generikums. Das ergibt einen Markt von rund zehn Milliarden Dollar. Das macht den Markt attraktiv. Für jedes Patent, das abläuft, kann ein Generika-Produkt auf den Markt geworfen werden.