Als wäre die Aufgabe nicht schon anspruchsvoll genug, hat Digitec Galaxus die Latte nochmals um ein paar Zentimeter erhöht. Beim Startschuss in Deutschland, wo der Online-Händler nur unter dem Namen Galaxus auftritt, verkündete er am Donnerstag ein neues Ziel: die Top 5 der Branche.

Zuvor zeigte man sich noch bescheiden. Im Gespräch mit BILANZ sagte Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen zum Deutschland-Abenteuer: «Wir wissen noch nicht, ob unsere Vorstellungen aufgehen. Aus diesem Grund starten wir klein.» Erst wenn sich eine positive Entwicklung abzeichnen würde, wolle man das Geschäft skalieren. 

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Und jetzt will Galaxus plötzlich bei den ganz Grossen mitmischen?

Zum Vergleich: Die heutige Nummer fünf in Deutschland, Media Markt, setzte letztes Jahr online umgerechnet 840 Millionen Franken um. Das ist knapp so viel wie Digitec Galaxus in der Schweiz eingenommen hat. Doch der Weg dorthin war lang und anstrengend. Er dauerte 17 Jahre – die letzten sechs waren geprägt von der teuren Marketingmaschine Migros, die 2012 einstieg. Derweil will man in Deutschland aber nur auf Sparflamme Werbung schalten.

Media Markt schwächelt – Chance für Galaxus?

Einzelne Medien dort begrüssten den Markteintritt von Galaxus. Dass Media Markt einen Umsatzeinbruch erlitt und der CEO gehen musste, deutet man als Chance für die Schweizer. Aber online wächst Media Markt stark, zuletzt sogar um 38 Prozent. Von der Stärke und vom Einfluss in der Beschaffung können die zehn Galaxus-Angestellten im Büro Hamburg nur träumen.

«Mittelfristig wollen wir zu den fünf grössten Onlinehändlern Deutschlands zählen.»

Florian Teuteberg, CEO Digitec Galaxus

«Mittelfristig wollen wir zu den fünf grössten Onlinehändlern Deutschlands zählen», sagt CEO Florian Teuteberg. Mittelfristig, das heisst: in den nächsten fünf Jahren. Selbst die optimistischsten E-Commerce-Experten in Deutschland sehen Galaxus bis dahin nicht annähernd so weit vorne. Denn auf dem Weg müssten die Schweizer routinierte (und stark wachsende) Player wie Bonprix, Conrad und H&M überholen.

Florian Teuteberg, CEO and co-founder of Digitec Galaxus, portrayed at the Digitec Galaxus headquarters in Zurich, Switzerland, on December 1, 2017. (KEYSTONE/Gaetan Bally)Florian Teuteberg, CEO und Mitgruender von Digitec Galaxus, portraitiert am 1. Dezember 2017 am Hauptsitz in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Florian Teuteberg ist Mitgründer und CEO von Digitec Galaxus.

Quelle: © KEYSTONE / GAETAN BALLY

Starke Community in der Schweiz

Dabei helfen soll die starke Community. Für Galaxus-Deutschland-Chef Frank Hasselmann ist sie das Verkaufsargument. Innerhalb von drei Stunden erhalte man Antworten zu Produktfragen – von anderen Kunden. Ob das auch in Deutschland funktioniert, kann heute keiner sagen. Ausserdem klappt das selbst in der Schweiz nur bei Unterhaltungselektronik auf Digitec. Bei Turnschuhen, Bohrmaschinen und Küchenmaschine sucht man vergebens nach einer Community.

Frank Hasselmann Galaxus

Ex-Linde-Manager Frank Hasselmann bestreitet das Deutschland-Geschäft von Digitec Galaxus vorerst mit nur neun Angestellten.

Quelle: Thomas Kunz

Preislich wolle man «gleichauf sein mit den führenden Anbietern im Markt», sagte CEO Teuteberg im Gespräch mit SRF. Ein Vergleich zeigt, dass dies schon bei Bestsellern nicht durchgezogen wird: Der intelligente Lautsprecher Echo von Amazon kostet auf galaxus.de 105 Euro. Bei otto.de (Nr. 2 in Deutschland) und amazon.de (Nr. 1) kostet das Gerät 99.99 Euro, also fünf Prozent weniger. Selbst wenn dann ein User eine Frage stellt und sie drei Stunden später beantwortet bekommt: Kaufen wird er es nicht bei Galaxus.

«Es macht keinen Sinn, dass wir diese Investitionen nur für unseren überschaubaren Heimmarkt tätigen, wo doch in Europa grosses Wachstumspotenzial besteht.»

Florian Teuteberg, CEO Digitec Galaxus

Die Logik hinter der Expansion: Was in der Schweiz funktioniert, klappt auch international. Doch die Ambitionen kommen nicht ohne Not. Der Digitec-Galaxus-Apparat von 1200 Leuten verlangt nach Skalierung. «Es macht keinen Sinn, dass wir diese Investitionen nur für unseren überschaubaren Heimmarkt tätigen, wo doch in Europa grosses Wachstumspotenzial besteht», sagt denn auch Teuteberg.

Amazon beherrscht Europa

Der Haken: Europa hat Amazon. Der Online-Gigant, der die Schweiz bislang freundlich ignorierte, baut permanent neue Verteilzentren und dominiert den Internet-Shopping-Markt mehrerer Länder. In Deutschland nimmt er mehr ein als die zehn grössten Konkurrenten zusammen. Selbst in Österreich – offenbar das nächste Galaxus-Ziel – ist Amazon noch grösser als die sieben folgenden Konkurrenten. Und das ohne ein einziges Verteilzentrum im Land.

Es gibt ein Branchengerücht: Migros wolle mit Galaxus nur einen deutschen Einkaufskanal aufbauen, um Markenprodukte günstiger für die Schweiz einzukaufen. Man wünscht der Migros, dass das klappt. So hätten immerhin die Schweizer Konsumenten etwas von der Expansion.