Der Wettbewerb hat Jahr für Jahr ungefähr den Spannungswert der Fussball-Super-League: Der Sieger steht schon im Voraus fest. Und er heisst in diesem Fall nicht FC Basel, sondern: die Schweiz. Bereits zum siebten Mal in Folge wurde die Eidgenossenschaft zum innovativsten Land der Welt gekürt, dieses Mal vor Schweden und den Niederlanden. Der globale Innovationsindex wird alljährlich von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), der amerikanischen Cornell University und der französischen Wirtschaftsuniversität Insead zusammengestellt. Besonders stark ist die Schweiz demnach im Innovations-Output sowie in der Generierung und Verbreitung von Wissen.

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Dass die Schweiz Serienmeister ist, verwundert nicht: Kein anderes Land investiert mehr von seiner Wirtschaftsleistung in Forschungsausgaben, kein Land produziert mehr Nobelpreisträger pro Kopf der Bevölkerung, in keinem Land arbeiten Universitäten und Industrie bei der Entwicklung besser zusammen.

Welches aber sind die innovativsten Firmen der Schweiz? Dieses Ranking wird nur alle paar Jahre von einem interdisziplinären Forschungsteam rund um die HTP St. Gallen erhoben*. Dafür sind die 
Ergebnisse deutlich abwechslungsreicher.

Roche ist am innovativsten

Als am innovativsten wahrgenommen wird momentan Roche, die bei der letzten Umfrage 2012 noch auf Platz 5 lag (siehe Bildergalerie oben). Das Pharma- und Biotechunternehmen ist in einer Branche tätig, für die Innovationen absolut überlebenswichtig sind. Fast zehn Milliarden Franken investierte Roche zuletzt dafür. In den vergangenen zwei Jahren hat denn auch keine andere Schweizer Firma mehr Patente angemeldet.

Auch die Konkurrenz ennet dem Rhein ist abgehängt: Novartis, beim letzten Ranking noch auf Platz 3, landet nur auf Rang 6. Mit Ypsomed und Actelion sind zwei weitere Pharmafirmen neu im Ranking. Letztere wird wegen der Übernahme durch Johnson & Johnson aus zukünftigen Rankings verschwinden – es wird spannend zu sehen sein, wie sich der Spin-off Idorsia schlägt. In diesem börsenkotierten Start-up führt Actelion-Gründer Jean-Paul Clozel jene Forschungsaktivitäten weiter, die er für besonders erfolgversprechend hält.

Logitech und Swisscom auf dem Podest

Auf den Rängen 2 und 3 liegen mit Logitech und Swisscom die Aufsteiger des Rankings (zuvor Plätze 7 und 8). «Die Digitalisierung hat einen prägenden Einfluss auf Innovationsrankings, weltweit ebenso wie in der Schweiz», sagt Studienleiter Stephan Feige von HTP St. Gallen.

Logitech, lange krisengeschüttelt, hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Turnaround geschafft und mit Produkten auf dem «Last Inch», den letzten Zentimetern zwischen Computer und Benutzer, Marktanteile und Sympathien gewonnen. Und die Swisscom als grösster Telekom-Anbieter des Landes und Treiber der Digitalisierung der Schweiz wird nicht nur wegen ihrer Produkte als innovativ wahrgenommen, sondern auch wegen der Dienstleistungen und Kundenerlebnisse.

Swatch übt Zurückhaltung

Die Sieger des letzten Rankings, Swatch Group und Nestlé, liegen dieses Mal nur noch auf den Plätzen 4 und 5. Bei Swatch dürfte sich rächen, dass der Konzern beim Thema Smartwatch, der einzig echten Neuerung in der Uhrenindustrie der letzten Jahrzehnte, im Vergleich zur Konkurrenz eine gewisse Zurückhaltung übt. Bei Nestlé ist der grosse Nespresso-Boom vorbei. «Der Konzern profitiert aber noch immer nachhaltig vom Effekt der Kaffeekapseln», sagt Feige.

Weiterhin zu den Top 15 gehören die beiden grössten Detailhändler, Migros und Coop, und zwar auf den Plätzen 7 und 14. Allerdings haben beide Plätze verloren. Migros kann sich immerhin zugutehalten, dass keine andere Schweizer Firma gleich in so vielen verschiedenen Bereichen als innovativ wahrgenommen wird: bei den Produkten, den Dienstleistungen und dem Kundenerlebnis. Und Migros wie Coop punkten dank Generation M und Naturaplan-Sortiment auch mit Nachhaltigkeit – das tun sonst nur noch die SBB.

Die Neueinsteiger

Die Schweizerischen Bundesbahnen stehen als Neueinsteiger zusammen mit Stadler Rail und der Post für einen zweiten Megatrend, der dieses Ranking prägt: Mobilität. In der Wahrnehmung als Innovator profitieren die SBB von ihrer App, aber auch von der Eröffnung des längsten Eisenbahntunnels der Welt durch den Gotthard. So liegen die SBB im letzten Ranking der innovativsten Firmen der Welt des US-Wirtschaftsmagazins «Fast Company» in der Kategorie Transport noch vor Tesla.

Als innovativ wahrgenommen wird auch die Schweizerische Post (Platz 11). «Das ist im internationalen Vergleich eher ungewöhnlich», sagt Stephan Feige, gelten doch in vielen Ländern die gelben Riesen als verschnarchte Beamtenbatterien.

Doch hierzulande betätigt sich Post-Chefin Susanne Ruoff als unermüdliche Evangelistin der schweizweiten Digitalisierung. Und marketingtechnisch geschickt hat die Post Aufmerksamkeit erregt mit Themen wie dem selbstfahrenden Postbus in Sion oder dem Lieferservice für Laborproben mittels Drohnen in Lugano. «Die Wahrnehmung wird eben stark durch Talking Points bestimmt, weniger durch die tatsächlichen Innovationen, die vermutlich woanders liegen», so Feige.

Finanzdienstleister sind nicht besonders innovativ

Was auffällt und beunruhigt: Finanzdienstleister sind noch immer die wichtigste Branche der Schweiz – doch kein einziger Vertreter dieser Industrie wird als besonders innovativ wahrgenommen, weder die etablierten Banken noch die jungen Fintech-Wilden.

Generell dominieren Grossunternehmen die Top 15, dies im Gegensatz zum letzten Ranking, als noch einige KMUs vertreten waren. Und allen aufgeführten Firmen ist eines gemeinsam: «Es werden diejenigen Unternehmen als am innovativsten bewertet, die Innovation als dauerhaften Prozess begreifen und das ganze Unternehmen danach ausgerichtet haben», sagt Feige.

Ständig neue Ideen, Produkte und Geschäftsmodelle lancieren kann man eben nicht zufällig. Aber ständig Fussballmeister werden ja auch nicht.

*Die Wahrnehmungsstudie basiert auf einer Online-Umfrage vom Februar 2017. Bei 526 Führungskräften wurde durch offene Fragen ermittelt, welches aus 
ihrer Sicht die innovativsten Schweizer Unternehmen in sechs Kategorien von Produkten bis Nachhaltigkeit sind. Insgesamt wurden 2200 Firmen genannt.