Mit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnel, die für Dezember 2016 geplant ist, steht der Warenverkehr in der Schweiz vor einem Umbruch: Auf Güterzügen sollen dann über 40 Millionen Tonnen an Fracht jedes Jahr durch den tiefsten Eisenbahntunnel der Welt rollen. Damit würde sich die Kapazität der Nord-Süd-Achse im Warenverkehr auf einen Schlag verdoppeln - und die 57 Kilometer lange Strecke unter dem Gotthard zur zentralen Verkehrsader im europäischen Transportgeschäft werden.

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Das war längst nicht immer so: Lange Zeit galt das Gotthardmassiv als unüberwindbares Hindernis. Die Schöllenenschlucht zwischen Göschenen und Andermatt war das natürliche Ende einer Route über den Gotthardpass. Ändern sollte sich das vor fast acht Jahrhunderten: Eine Holzbrücke über die Schlucht machte den Weg im Jahr 1230 erstmals problemlos begehbar. Teufelsbrücke wurde sie genannt - weil der Legende nach ein Pakt mit dem Teufel nötig war, um das Bauwerk zu errichten. Mit dem erfolgreichen Bau begann der rasante Aufstieg des Gotthardpasses als Handelsroute. Für die Entwicklung der Schweizer Logistikbranche war sie von entscheidender Bedeutung.

Säumer hiessen die Vorläufer heutiger Logistikdienstleister. Mehrere Jahrhunderte lang beförderten sie Güter wie Wein oder Salz über die alpinen Pässe. Am Gotthard hatten die Säumer ein Monopol auf alle Warentransporte, die sie entweder auf eigene Rechnung oder im Auftrag ihrer Kunden übernahmen. Schon damals waren die Dienstleister für deutlich mehr als nur den Transport von Waren zuständig: So waren die Säumer auch dafür verantwortlich Wege auszubauen und instand zu halten. Ihr Geschäft lief gut: Im 15. Jahrhundert schickten sie jährlich über 9.000 Saumtiere über den Pass. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts transportierten sie Schätzungen zufolge mithilfe der Lasttiere rund 170 Tonnen an Waren über den Gotthard.

Ein Meilenstein für das Transportwesen über den 2106 Meter hohen Pass war der Start des ersten regulären Postdienstes auf der Strecke: Ab 1615 brachte ein Bote einmal in der Woche die Waren von Kaufleuten aus Zürich bis in die italienische Stadt Bergamo. Bis erste Postkutschen auf über den St. Gotthard fuhren, vergingen jedoch weitere 200 Jahre.

Der erste Gotthard-Tunnel, der zwischen 1872 und 1882 errichtet wurde, sollte für den Handelsweg den Durchbruch bringen: 2500 Arbeiter waren für den Bau beschäftigt, die Baustellte galt damals als die grösste der Welt. Durch den Eisenbahntunnel fuhren die ersten Postzüge im Jahr 1882. Damit war es zum ersten Mal möglich, Post und Waren nahezu unabhängig von der Witterung ins Tessin zu transportieren.

Für die Anforderungen von heute reichen die Kapazitäten des alten Eisenbahntunnels aber bei weitem nicht mehr aus.  Derzeit sind lediglich 110 bis 150 Güterzüge auf der Gotthard-Achse unterwegs. Nach der Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels sollen es bis zu 220 sein. Auch ihr maximales Gewicht soll mit 4.000 Tonnen doppelt so hoch liegen wie bisher. Damit soll die Schiene den Strassenverkehr auf der Nord-Süd-Route deutlich entlasten - und Waren auch spürbar schneller an ihr Ziel bringen.