Trotz eines geopolitisch turbulenten Jahrs hat Hotelplan Umsatz und Gewinn steigern können. Waren Sie überrascht?
Thomas Stirnimann*: Überrascht nicht. Das Reisegeschäft ist sehr volatil, es spielen immer zahlreiche Faktoren mit. Wir wussten aber schon vorher, dass wir gute Produkte in der Pipeline hatten. Zudem sind unsere Mitarbeiter in den einzelnen Ländern auf unerwartete Situationen vorbereitet. Dazu kam im letzten Jahr auch ein glücklicher Faktor. Wir hatten in der Schweiz einen verregneten Sommer. Das hat unser Geschäft im Spätsommer und im Herbst beflügelt. So entstanden zusätzliche Einnahmen, die man so nicht hatte einplanen können. Und die nehmen wir natürlich gerne. Wir müssen ja oft genug mit unerwarteten Abflüssen wegen geopolitischen Ereignissen leben.

Von aussen erschien das letzte Jahr wie ein Katastrophenjahr im Tourismus. So gab es beispielsweise Reisewarnungen für Thailand und Ägypten. Warum hat sich das bei Hotelplan nicht stärker ausgewirkt?
Heute ist es im Tourismus einfach wichtig, dass man sich sehr schnell auf die neuen Realitäten einstellen und reagieren kann. Unsere Teams haben einen routinierten Umgang mit solchen Ereignissen. Wir haben gelernt mit unerwarteten Ereignissen umzugehen. Für ein weltweit tätiges Unternehmen gibt es in jedem Jahr Situationen, die man im Voraus nicht unbedingt voraussehen konnte.

Das neue Geschäftsjahr begann gut. Der Ölpreiszerfall und das Ende des Mindestkurses beeinflussen das Geschäft positiv. Fliegen wird billiger und die Schweizer sind im Ausland reicher. Sehen Sie dies auch so?
Es stimmt, das ist gut für unsere Kunden und für unseren Absatz. Doch für Hotelplan hat die Frankenstärke zwei Seiten. Reisen ist zwar attraktiver geworden und wir sehen schon jetzt eine robuste Nachfrage für die Sommerferien. Das hat auch damit zu tun, dass wir die Preise im Nachgang zum Nationalbankentscheid um bis zu 20 Prozent gesenkt haben. Die Kehrseite ist aber, dass wir unsere Euro-Positionen für das ganze Jahr abgesichert haben. Die Nationalbank hat also auch uns auf dem falschen Fuss erwischt, denn die Preisnachlässe gehen nun zu unseren Lasten. Entsprechend gibt das auf der Devisenposition einen Verlust.

Dazu wurde die Schweiz ja auch teurer für Ausländer. Bei Ihnen macht das Geschäft in Grossbritannien knapp einen Viertel des Umsatzes aus. Wie kann man erreichen, dass die Briten weiter in die Schweiz kommen wollen?
Das ist wirklich sehr schwierig. Es ist schade, doch für unsere Mitarbeiter in Grossbritannien ist die Schweiz bestenfalls das fünftwichtigste Land. Die meisten Passagiere haben wir nach Österreich, danach kommen Italien, Frankreich, Deutschland und erst dann die Schweiz. Das hat eindeutig mit den Kosten zu tun. Die Schweiz ist historisch bedingt schon immer die teuerste Destination gewesen. Und diese Situation hat sich jetzt noch zugespitzt. Für die Gäste aus Grossbritannien ist es nun wirklich sehr teuer geworden.

Bekanntlich will Kuoni einen grossen Teil des Reisegeschäfts verkaufen. Auch Hotelplan hat öffentlich Interesse angemeldet. Wie weit ist man da?
Der Prozess ist noch am Anfang. Das Interesse ist da, vor allem am Schweiz-Geschäft von Kuoni. Die Schweiz ist unser Heimmarkt und eine Fusion von Hotelplan und Kuoni wäre für beide Seiten eine sehr gute Sache. Aber der Ball liegt beim Verkäufer, und nicht bei uns. Und wahrscheinlich sind wir leider auch nicht der einzige Interessent.

Ist der Ausstieg von Kuoni – zumindest in Europa – nicht auch ein Zeichen, dass es immer schwieriger wird, im Reisegeschäft Geld zu verdienen?
Für uns ist das Geschäftsmodell gut, das sieht man ja am Jahresabschluss. Wir hatten ein Rekordergebnis und sind gesund. Und wir glauben fest, dass dies auch nachhaltig ist. Ich will auch nicht darüber spekulieren, warum Kuoni zu einem anderen Schluss gelangt ist. Natürlich ist das Geschäft kein einfaches. Doch wir sind überzeugt, dass unser Unternehmen für die Zukunft gerüstet ist – und dass wir mit dem Schweizgeschäft von Kuoni noch besser aufgestellt wären.

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* Thomas Stirnimann absolvierte 1978 eine kaufmännische Lehre bei Kuoni, wo er 25 Jahre arbeitete. Er stieg in den neunziger Jahren sukzessive die Leiter hoch, bis er 1999 zum Generaldirektor von Kuoni Schweiz und Konzernleitungsmitglied ernannt wurde. Dann stieg Stirnimann als Mitbesitzer und Chef der Spezialistengruppe Travelhouse ein. Kurze Zeit später ging Travelhouse an die Migros – und die Ex-Besitzer machten Kasse. 2008 avancierte Stirnimann im Zug der Integration von Travelhouse zum CEO Hotelplan Suisse. Diese Funktion gab er im Sommer 2014 nach knapp sieben Jahren ab, nachem er seit 2012 in einer Doppelfunktion auch als CEO Hotelplan Group tätig ist.