Aufbruchstimmung will einfach nicht um sich greifen: Baukonzern Implenia hatte eigentlich zum Abschluss des Geschäftsjahres reinen Tisch gemacht. Wertberichtigungen auf Bauprojekten um 90 Millionen Franken verkündet, die Organisation umgebaut, eine Internationalisierungsstrategie ausgerufen, Spitzenpersonal ausgetauscht. Die beiden Bauleiter, Verwaltungsratspräsident und Ex-Spitzenbanker Hans-Ulrich Meister und sein CEO, der von Novartis gekommene André Wyss, hatten vorsorglich verkündet, 2019 werde «ein Übergangsjahr». Doch in Wahrheit hätte der Grossputz längst auf den Aktienkurs durchschlagen müssen – doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander.

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Während der SMI kürzlich erstmals die magische Grenze von 10 000 Punkten überwinden konnte und seit Jahresbeginn um fast 17 Prozent zulegte und der breiter aufgestellte SPI, der auch die etwas kleineren Firmen listet, sogar um 21 Prozent stieg, dümpelt Implenia mitten in dieser Boomphase vor sich hin, büsste seit dem Jahreswechsel rund vier Prozent ein.

Big Corporate Bullshit

CEO André Wyss will Implenia zum «international führenden Baudienstleister» formen. In Bauarbeiter-Sprache könnte man sagen: Big Corporate Bullshit. Den Kommentar dazu lesen Sie hier.

Strategie ohne Wirkung

Den beiden Herren an der Implenia-Spitze kann das aus zwei Gründen nicht gefallen: Erstens haben sie selber grosse Aktienpakete erworben, um ihr Commitment zur Firma zu demonstrieren, zweitens richtet sich das Misstrauen der Anleger offensichtlich gegen die Strategie der Führung – die bisher keine sichtbaren Effekte auslöst. Zuletzt hat Implenia lediglich einige Auftragseingänge verkündet und einen Neuzugang in der Konzernleitung.

Andre Wyss HANS ULRICH MEISTER

André Wyss (l.): Der CEO kam 2018 von Novartis. Die neue Strategie des Konzerns trägt seine Handschrift.
Hans-Ulrich Meister: Der VRP holte den Branchenneuling Wyss. Also muss dieser liefern, sonst hat Meister ein Problem.

Quelle: jwe

Daher soll es jetzt wohl die Weisheit der Berater von McKinsey richten: Insider berichten, «Meckies» sammelten Informationen bei Mitarbeitern ein und bereiteten Handlungsempfehlungen vor – auf die Implenia-Leute längst selbst gekommen, auf dem Berichtsweg nach oben aber abgeblockt worden seien.

Eines dürfte klar sein: Die beiden langjährigen Grossaktionäre Max Rössler und Rudolf Maag haben sich bisher nicht dazu hinreissen lassen, weiteres Geld in Implenia zu stecken. Rössler hat das lange Siechtum der Aktie bis unter die 30-Franken-Grenze bereits mit rund 150 Millionen Franken Verlust auf seinem 16-Prozent-Paket bezahlt, Maag auf seinen gut fünf Prozent immerhin mit 50 Millionen, beide haben nun noch einmal in siebenstelliger Höhe Buchverluste eingefahren. Dass auch diese beiden, bisher nibelungentreuen Investoren zum aktuellen Tiefkurs nicht kräftig zugekauft haben, ist ein bedenkliches Zeichen.

Dirk Ruschmann
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