Während deutsche Behörden im Kampf gegen Steuerhinterziehung alle Register ziehen, kennen deutsche Banken keinerlei Berührungsängste, wenn es darum geht, unversteuertes Geld von Schweizer Kunden entgegenzunehmen. Das haben Recherchen der «Handelszeitung» in Bayern und Baden- Württemberg gezeigt. Egal ob Commerzbank, Hypovereinsbank, Sparkasse oder Volksbank, in allen besuchten Filialen war Schwarzgeld einer Testperson hochwillkommen.
Wirtschaftsprofessor Franz Jäger zeigt sich auf «20min.ch» nun erschüttert über das Testergebnis der «Handelszeitung»: «Diese Doppelmoral ist unerhört. Ich habe schon früher von solchen Praktiken von Banken in Bayern und Baden- Württemberg gehört, es aber nicht geglaubt», sagt Jäger. Es sei inakzeptabel, dass die Schweiz für Deutschland Abgeltungssteuern in Milliardenhöhe einziehen und gleichzeitig die deutschen Banken Schwarzgeld aus der Schweiz annehmen würden.
Jäger fordert eine Reaktion, um sich nicht «vor der Welt lächerlich» zu machen: «Die Schweizer Verhandlungsseite muss von den Deutschen Gleichbehandlung verlangen», fordert der Wirtschaftsprofessor. «Vom Bundesrat erwarte ich, dass er von der Regierung in Berlin eine klare Position verlangt.»
Selbst eine Tochter der staatlichen Landesbank äussert keine Vorbehalte
Um die deutschen Banken zu testen, hatte die «Handelszeitung» einen Redaktor auf die Reise nach Bayern und Baden-Württemberg geschickt. Die Versuchsanlage: Als 50-jähriger Schweizer Unternehmer wollte er aufgrund von Einkünften in Deutschland ein Konto bei einer lokalen Bank eröffnen und dazu rund 100'000 anlegen, die derzeit noch in einem Fonds in der Karibik liegen. Das pikante Detail: Das Geld aus Übersee ist in der Schweiz nicht deklariert.
Selbst die BW Bank, eine Tochter der staatlichen Landesbank Baden-Württemberg, äusserte keinerlei Vorbehalte. Weder das deutsche Finanzamt noch die Schweizer Behörden würden sich für dieses Geld interessieren, erklärten die BW-Mitarbeiter. Ausserdem sei es nicht Sache der Bank, nach der Steuersituation der Kunden zu fragen.
Offiziell bestreiten dagegen alle angefragten Finanzinstitute, mit undeklarierten Vermögen etwas am Hut zu haben.
(tno/muv)