Weisser Blazer, schwarzer Rock, die Haare zusammengebunden – Mirjam Staub-Bisang strahlt natürliche Eleganz aus. 180 Zuhörer sind an diesem Mittwochvormittag in die Zürcher Börse gekommen, um ihrem Vortrag zu lauschen. Die Veranstaltungsreihe «Aktientrends» von Financialmedia hatte die grossen Zeitungsinserate zur Ankündigung des Anlasses mit ihrem Gesicht geschmückt – die 42-jährige Vermögensverwalterin war früher als Model tätig.

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Ihr Thema heisst «Nachhaltige Anlagen für institutionelle Investoren». Sie zeigt Grundzüge auf und nennt Beispiele von Unternehmen wie Geberit oder Barry Callebaut – als Anschauungsbeispiele: «Ich will keine Aktien empfehlen», umschifft die studierte Juristin diese Klippe. Ihr 2011 erschienenes Buch über nachhaltiges Investieren wird im April beim renommierten Verlag John Wiley & Sons auch auf Englisch erscheinen. Das wissenschaftlich verfasste Sachbuch, ergänzt durch externe Fachbeiträge, ist allerdings keine leichte Kost und dürfte daher kaum zum Auflagenrenner taugen.

Derselbe Ort, zwei Tage zuvor: Ehegatte Martin Bisang hatte zur Pressekonferenz geladen. Die Bellevue-Gruppe, die der 52-Jährige mitgegründet hatte, musste einen Jahresverlust von 65 Millionen Franken verkünden. Bisang gab seinen Rücktritt als CEO der Bank bekannt.

Während die Kunden der Bank von Gatte Martin den Rücken kehren – die verwalteten Vermögen sind um eine Milliarde auf 3,6 Milliarden Franken geschrumpft –, lockt Mirjam Staub-Bisangs Investmentboutique Independent Capital Management neue Anleger. Etwa als Advisor und Vertriebspartner des Immobilienfonds «Good Buildings», der auf nachhaltige Wohn- und Geschäftshäuser setzt, die sich durch hohe Energieeffizienz auszeichnen. Bereits 100 Millionen Franken haben Geldgeber in den Fonds investiert. Ab einer Grösse von 250 Millionen soll der Fonds an der Börse kotiert werden. Als Depotbank fungiert Sarasin.

Hervorragend vernetzt. Mirjam Staub-Bisang hat ihre Firma zusammen mit ihrem Bruder Roman Staub gegründet. Zusammen mit einem Team von sechs Spezialisten beraten sie Investoren in Sachen Asset Management.

Wie gut die Firma läuft, ist nicht bekannt – als privates Unternehmen veröffentlicht sie keine Zahlen. Staub-Bisang wollte auf Anfrage der BILANZ keine Auskünfte geben – auch nicht über die Kundenstruktur. Vom Aufbau her ist das Unternehmen ein Vermögensverwalter, wie es sie dutzendweise gibt. Das Aktienkapital beträgt 1,5 Millionen Franken, Staub-Bisang wirkt als VR-Präsidentin. Laut Website berät die Firma institutionelle und private Investoren. Laut Branchenkennern soll sich die Durchdringung bei den grossen institutionellen Kunden allerdings im Rahmen halten, auch wenn sie sich hier stärker positionieren will. Als Basis ihres Geschäfts gilt das Segment Privatkunden. Dies manifestiert sich auch beim Good-Buildings-Fonds, wo viele der institutionellen Investoren offenbar über den in diesem Bereich stark verankerten Bankpartner Sarasin hereingekommen sind. Klar ist, dass sich die Kundenbasis dieses Nischenunternehmens nicht mit der Bank Martin Bisangs vergleichen lässt, die in der Boomperiode der neunziger Jahre Hunderte von Millionen an Gewinn gemacht hat.

Die Power-Frau aus Küsnacht an der Zürcher Goldküste ist hervorragend vernetzt. Dabei mag sie auch auf Kontakte aus dem Umfeld ihres Bankergatten setzen, doch viele Connections entstammen ihrem eigenen Umfeld.

Exklusive Zirkel. Ein Freund seit Studienzeiten etwa ist Urs Rohner, Präsident der Grossbank Credit Suisse. Er hat, als ihr Buch erschien, hundert Exemplare für die CS vorbestellt. Nestlé-Präsident Peter Brabeck hat ein Kapitel für ihr Buch beigesteuert. Das Vorwort stammt von WEF-Gründer Klaus Schwab, der Mirjam Staub-Bisang in die Gruppe der Young Global Leaders berufen hat – auf Empfehlung des Deans der Kaderschmiede Insead, wo Staub-Bisang einen MBA gemacht hat und bis heute im Board sitzt.

In solch exklusiven Zirkeln zieht sie ihre Fäden. So gelang es ihr 2007 etwa, sowohl Rohner als auch Brabeck für eine Investorengruppe zu gewinnen, die mehrere hundert Millionen Franken in ein Immobilienprojekt in Libyen investierte. Nachhaltig war die Sache nicht: Am Ende scheiterte das Projekt an den sich dramatisch verschlechternden Beziehungen der Schweiz zu Libyen – wobei die Investoren ihr Geld 2009 offenbar ohne Verluste aus dem Reich von Muammar Gaddafi abziehen konnten.

Ihr Gatte wirkt eher introvertiert, sie sehr offen. Bekannte beschreiben sie als ehrgeizig und zielstrebig, allerdings auch etwas übereifrig. Ihr beruflicher Track Record ist eindrücklich: Karrierestufen waren die Wirtschaftskanzlei Schellenberg Wittmer oder die US-Investmentbank Merrill Lynch. Der bislang einzige Rückschlag ergab sich ausgerechnet durch ihren Mann: Die Bank am Bellevue hatte im Januar 2001 Stillhalteroptionen auf die Aktien der Kunststofffirma Quadrant begeben, wo sie seit 2000 als Hausjuristin wirkte. Ein Grossteil der Optionsscheine soll beim Konkurrenten Gurit-Heberlein gelandet sein, dessen Präsident Robert Heberlein auch bei der Bank am Bellevue Präsident war. Es roch nach einem abgekarteten Spiel, und Mirjam Staub-Bisang räumte ihren Sessel, nachdem ihre Connections für das Unternehmen zur Belastung geworden waren. 2005 beschloss sie, sich selbständig zu machen, und gründete ihre Firma.

Ab Mitte dreissig gab sie dann auch beim Nachwuchs richtig Gas – drei Kinder brachte sie in kurzer Abfolge zur Welt. Um sich umgehend wieder dem Beruf zu widmen – mit Nanny und Fremdbetreuung hat sie sich gut organisiert.

Als Martin Bisang 2010 in der Presse verkündete, er plane, nach Hongkong umzuziehen, um dort für die Bank nach neuen Investmentchancen zu suchen, soll es laut Bekannten Mirjam gewesen sein, die sich gegen seine Pläne sträubte – sie war nicht bereit, ihre eigenen berufliche Verpflichtungen für die Pläne ihres Gatten aufzugeben. So beschränkte sich der gemeinsame Aufenthalt in China auf wenige Wochen.

In ihrem Wohnort Küsnacht sind die Bisangs auch wegen umstrittener Bauvorhaben bekannt. Ihnen gehört die 4600 Quadratmeter grosse Pfisterwiese oberhalb des alten Dorfkerns. Der Plan, eine der letzten grossen Freiflächen im Dorf zu bebauen, hatte 2008 für politischen Widerstand gesorgt.

Jüngst haben sie das an ihr Wohnhaus angrenzende Grundstück gekauft. Laut Baugesuch vom Januar ist dort derzeit «Umgebungsgestaltung mit Pool, Poolhaus und Technikraum» angesagt. Darben muss das Powercouple auch in der wenig erfolgreichen Phase von Banker Martin offenbar nicht.

Erik Nolmans
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