Ein Jahrhundert an Erfahrung in der Kunst der Marktsteuerung hilft den Diamantenkonzernen etwas zu bewerkstelligen, was die übrige Bergbaubranche während des Einbruchs der Rohstoffpreise nicht schaffte: das Angebot einzuschränken.

Als die Diamantenpreise im vergangenen Jahr um 18 Prozent abrutschten, verschwand ein Viertel des weltweiten Angebots. Die grössten Edelsteinförderer De Beers und Alrosa PJSC drosselten angesichts des stärksten Preisrückgangs seit 2008 Produktion und Verkäufe. Anders war das bei Bergbaufirmen, die alle möglichen Rohstoffe, von Eisenerz bis Kupfer aus der Erde holen. Konzerne wie Rio Tinto Group und BHP Billiton Ltd. hatten im Laufe des vorigen Jahrzehnts Milliardensummen in die Expansion gesteckt und reagierten selbst während anhaltender Schwächephasen an den Märkten nur zögerlich auf Überhänge.

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Diamantenkonzerne haben Preiseinbruch verhindert

De Beers aus Südafrika ist seit den frühen 1900er Jahren eine dominierende Kraft in der Diamantenbranche und hatte lange Zeit praktisch eine Monopolstellung inne. Nun teilt sich der Diamantenproduzent und -händler die Kontrolle mit Alrosa aus Russland, dem zweitgrössten Lieferanten der Welt. Gemeinsam lieferten sie 2014 fast zwei Drittel der weltweiten Diamanten. Ihre Schritte zur Verringerung des Angebots im vergangenen Jahr haben nach Einschätzung von RBC Capital Markets einen stärkeren Preiseinbruch verhindert. Und während sich der Absturz der Industriemetallpreise fortsetzt, haben die Preise für Diamanten nun wahrscheinlich ihren Boden gefunden, sagte Petra Diamonds Ltd. in dieser Woche voraus.

«Es gibt zwei Produzenten, die für mehr als die Hälfte der Weltproduktion verantwortlich sind», erklärt Analyst Kieron Hodgson von Panmure Gordon & Co. in London. «Da ist es sehr leicht, eine gemeinsame Linie zu finden. Sie erkannten, dass die Branche in starke Bedrängnis geraten ist und dass Anstrengungen unternommen werden müssen.»

Schneller reagiert als das in anderen Bereichen

Im Laufe der vergangenen zwölf Monate hat die globale Konjunkturabkühlung, insbesondere in China, alle Rohstoffe in Mitleidenschaft gezogen. Die Volksrepublik ist der weltgrösste Verbraucher vieler Rohstoffe und stellt den zweitgrössten Juwelenmarkt. Die Preise für Rohdiamanten befinden sich auf dem niedrigsten Stand seit sechs Jahren, wie Daten von WWW International Diamond Consultants aus Grossbritannien zeigen. Aluminium verlor vergangenes Jahr 19 Prozent an Wert, Kupfer und Zinn verbilligten sich um 25 Prozent, Zink rutschte 26 Prozent ab und der Eisenerzpreis brach um 39 Prozent ein.

Während die Preise sanken, wurde nach Einschätzung von Panmure das Diamantenangebot um 25 Prozent zurückgeschraubt - durch eine verringerte Produktion und indem Förderer Steine vom Markt zurückhielten. Der Eisenerzausstoss fiel gleichzeitig nur um zehn Prozent, die Produktion von Nickel, Kupfer, Zink und Aluminium um noch weniger, schätzt Morgan Stanley.

«Unsere Branche hat beim Angebot viel schneller reagiert als das in anderen Bereichen geschehen ist», sagte Johan Dippenaar, Chef von Petra mit Sitz in Johannesburg, im Gespräch mit Bloomberg. Die Preise dürften seiner Aussage nach in den nächsten sechs bis zwölf Monaten fester sein.

«Hauptziel war, Preisstabilität zu schaffen.»

De Beers, nun 85-prozentige Tochter von Anglo American Plc, kontrollierte im vergangenen Jahrhundert lange Zeit Angebot und Preise unter Führung der Familie Oppenheimer. Die Gesellschaft begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Diamantenförderung in der südafrikanischen Kimberley-Mine. Sie kaufte zudem bei sinkender Nachfrage Steine anderer Förderer auf und hielt sie vom Markt zurück, bis die Preise wieder anzogen. Die Monopolstellung geriet mit der Entdeckung neuer Vorkommen ausserhalb Afrikas in Bedrängnis und endete schliesslich 2014, als sich das Unternehmen nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit den USA der Preisabsprache für schuldig bekannte.

«Der Markt für den Handel mit Diamanten ist verglichen mit anderen Rohstoffmärkten relativ klein und eigenständig», erklärt Anish Aggarwal, Partner bei dem Branchenberater Gemdax in Antwerpen. «Die Freigabe zu vieler Steine in Zeiten schwacher Nachfrage hätte den Markt destabilisieren und Diamanten für mehrere Quartale entwerten können. Das Hauptziel der Produzenten war, Preisstabilität zu schaffen.»

Auch Juweliere bekommen die Nachfrageflaute zu spüren. Tiffany & Co. verringerte vergangene Woche die Gewinnprognose für das Gesamtjahr, nachdem das Weihnachtsgeschäft schwach ausgefallen war. Chow Tai Fook Jewellery Group Ltd., der grösste Schmuckhändler, verlangsamte angesichts des schwierigen Einzelhandelsmarkts derweil seine Expansionspläne.

Förderung an die Nachfrage angepasst

De Beers passt nach eigenen Angaben die Förderung an die Nachfrage an. 2015 hat der Konzern dreimal sein Produktionsziel heruntergeschraubt und die Förderung von 32,6 Millionen Karat 2014 auf 29 Millionen Karat gesenkt. Das Ziel für 2016 liegt bei 26 Millionen und das niedrigste Volumen seit 2009. Alrosa, beheimatet im sibirischen Jakutien, hat im dritten Quartal nur die Hälfte der geförderten Rohdiamanten verkauft. Am Donnerstag teilte Alrosa mit, dass 2015 30 Millionen Karat der 38,3 Millionen Karat an geförderten Steinen verkauft wurden.

Es gibt bereits Anzeichen, dass die Produktionskürzungen Wirkung zeigen. De Beers verkaufte in der vergangenen Woche Diamanten im Wert von 540 Millionen Dollar und übertraf damit die Markterwartungen. Der Konzern verwies auf höhere Preise für geschliffene Steine und eine gute Nachfrage aus den USA zu den Feiertagen. Zudem seien die Käufer von Preisnachlässen bis zu sieben Prozent angelockt worden.

Preise stabilisierten sich langsam

Die Preise geschliffener Diamanten stabilisierten sich langsam, konstatierte De-Beers-Chef Philippe Mellier vergangene Woche vor Kunden in Botswana. Alrosa-Chef Andrey Zharkov erklärte einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax zufolge, es gebe keinen Grund für Preisrückgänge im Januar und Februar. Rohdiamanten dürften sich zwar um weitere fünf Prozent verbilligen, ihr Preis könnte sich aber aufgrund aufkommender Engpässe bei bestimmten Steinen im zweiten Quartal stabilisieren, sagte Hodgson von Panmure vor der jüngsten Verkaufsaktion von De Beers.

«Diese beiden haben vernünftig gehandelt, weil sie am meisten zu verlieren haben, wenn die Diamantenpreise fallen», sagt Analyst Des Kilalea von RBC in London. «Hätte De Beers die Produktion nicht zurückgehalten, wären die Diamantenpreise noch viel weiter gefallen.»

Nach Schätzungen von RBC halten De Beers und Alrosa Diamanten im Wert von über 3 Milliarden Dollar zurück, die letztendlich verkauft werden müssen.

(bloomberg/ccr)